Mutter, Ehefrau, Terroristin? – Die Rückkehr der IS-Frauen

Es gibt gerichtliche Entscheidungen, deren Bedeutung weit über den Einzelfall hinausreicht und die eine gesamtgesellschaftliche Wirkung entfalten. Die Rückholung von IS-Frauen und ihren Kindern aus Gefangenenlagern im Nahen Osten ist eine davon, hält Robert Willacker in seinem Kommentar für FREILICH fest.

Robert Willacker
Kommentar von
8.3.2025
/
2 Minuten Lesezeit
Mutter, Ehefrau, Terroristin? – Die Rückkehr der IS-Frauen

Immer wieder gibt es Diskussionen über die Rückholung sogenannter IS-Frauen.

© IMAGO / Agencia EFE

Der jüngste Fall: Maria G. aus Salzburg und Evelyne T. aus Wien, die sich 2014 beziehungsweise 2016 dem sogenannten Islamischen Staat angeschlossen hatten und mit IS-Kämpfern Kinder bekamen, sind mittlerweile wieder in Österreich – auf Anordnung des Bundesverwaltungsgerichts, welches das Kindeswohl als entscheidenden Grund für die Verfügung einer Rückholung ansah. Diese und ähnlich gelagerte Fälle – insgesamt schlossen sich etwa 1.000 Frauen aus Europa dem IS an – haben einerseits eine rechtliche Komponente, andererseits aber auch eine moralisch-ethische.

Die zwei Argumentationsfehler

Natürlich ist die Versuchung groß, sich von Mitleid und Humanismus leiten zu lassen. Man liest in diesem Zusammenhang oft von jungen Frauen, die „verführt“ oder „manipuliert“ worden seien. Von naiven Mädchen, die den falschen Versprechungen extremistischer Männer glaubten. Doch diese Erzählung macht gleich zwei entscheidende Fehler: zum einen entschuldigt sie das Verhalten von Frauen mit einer Art natürlicher weiblicher Unmündigkeit, wodurch der Stellung der Frau in der Gesellschaft ein gewaltiger Bärendienst erwiesen wird.

Zum anderen wird dadurch eine unbequeme Wahrheit verkannt: Viele dieser Frauen waren weit mehr als nur Opfer ihrer Gefühle. Sie haben den Kontakt zum IS aus religiösen Motiven aktiv gesucht und durch ihre Ehe mit IS-Kämpfern sowie die Erziehung ihrer Kinder im Geiste des IS aktiv am Fortbestand einer Terrororganisation mitgearbeitet. Eine Terrororganisation, die Vertreibungen durchführte, Massaker verübte, Sklavinnen verkaufte und die brutalste Form der Scharia durchsetzte. Jetzt, wo der IS militärisch weitgehend zerschlagen ist, sollen diese Frauen wieder in unsere Gemeinschaft integriert werden – ausgerechnet in jene Gesellschaft, die sie als Teil des Westens nicht nur ablehnten, sondern auslöschen wollten. Ein Wunsch, der in vielen Fällen bis heute anhält, wie Berichte aus kurdischen Gefangenenlagern in Nordsyrien zeigen, in denen Frauen dem IS bis heute die Treue halten.

Rückholung als fatales Signal

Und spätestens damit ist klar: Österreich hat auch aus moralischer Sicht keine Verpflichtung, diese Frauen aktiv zurückzuholen. Wer sich ins Unrecht begibt, kann nicht erwarten, dass der Rechtsstaat ihn rettet. Und wer eine Gesellschaft ablehnt und sie schädigen möchte, der hat auch kein Recht darauf, in ihrer Mitte zu leben. Es geht dabei schließlich auch um eine ganz reale Gefahr. Die Deradikalisierung solcher Frauen ist keineswegs garantiert, und der IS ist nicht verschwunden – er existiert im Untergrund weiter. Rückkehrerinnen könnten als Schläferinnen agieren, neue Netzwerke aufbauen oder in Haftanstalten ihre Mitgefangenen radikalisieren. Der islamische Terrorismus ist in Europa nach wie vor höchst aktiv, wie die unzähligen Angriffe und Anschläge der vergangenen Wochen und Monate zweifelsfrei belegen. Hinzu kommt das Signal, das von einer solchen Rückholung ausgeht. Es erweckt den Eindruck, dass es für jeden einen sanften Weg zurück gibt, selbst nach der Beteiligung an einer der grausamsten Terrororganisationen der Neuzeit. Das öffnet Tür und Tor für eine gefährliche Mentalität: Wenn ich mich für den Dschihad entscheide, kann ich später darauf hoffen, vom liberalen Rechtsstaat wieder aufgenommen und „resozialisiert“ zu werden.

Und wer nun darauf hofft, dass Frauen wie Maria G. oder Evelyne T. ja sicherlich langjährige Haft droht und sie damit keine akute Gefahr für die Gesellschaft darstellen, dem sei gesagt: Die Gefängnisstrafen, die bisher in Fällen ausgesprochen wurden, bei denen „nur“ die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung ohne sonstige Straftaten nachgewiesen werden konnte, bewegen sich im Bereich von einem Jahr Haft. Ob und in welchem Zusammenhang sich Maria G. und Evelyne T. tatsächlich schuldig gemacht haben, müssen nun Gerichte bewerten und natürlich gilt auch in diesen Fällen zunächst die Unschuldsvermutung. Die Botschaft, die von alledem ausgeht, ist jedoch fatal – insbesondere für jene jungen Menschen, die sich derzeit vielleicht noch fragen, ob sie wirklich den Weg in den Islamismus gehen sollen.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Robert Willacker

Robert Willacker

Robert Willacker ist ein deutscher Politikberater. Ursprünglich in Brasilien geboren und in Franken aufgewachsen, studierte er nach dem Abitur Politikwissenschaften in Innsbruck.

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