Nach tödlichem Vorfall mit Migranten: Polen legalisiert Waffeneinsatz an der Grenze
Das polnische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, das Soldaten und Grenzschützern den Einsatz scharfer Munition gegen Migranten aus Weißrussland erlaubt.
Warschau. – Mit 401 zu 17 Stimmen stimmten die Abgeordneten im Sejm für das neue Gesetz, das Beamte von strafrechtlicher Verantwortung befreit, wenn sie in Notwehr oder präventiv handeln. Die Regelung gilt, wenn bei einem „rechtswidrigen Angriff auf die Unverletzlichkeit der Staatsgrenze“ das Leben oder die Gesundheit von Ordnungskräften bedroht ist. Die Entscheidung fiel vor dem Hintergrund wachsender Spannungen an der Grenze, insbesondere nach dem tödlichen Zwischenfall, bei dem ein polnischer Grenzbeamter durch einen von einem Migranten geworfenen Speer getötet wurde.
Soldat bei Angriff am Grenzzaun getötet
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte das neue Gesetz als gefährlichen Präzedenzfall. Sie betonte, dass die Anwendung von Gewalt strengen internationalen Standards folgen müsse und der Einsatz von Schusswaffen nur bei unmittelbarer Lebensgefahr zulässig sei.
Doch auch am vergangenen Samstag kam es wieder zu Zusammenstößen zwischen polnischen Soldaten und Gruppen illegaler Migranten. Videos zeigen, wie die Sicherheitskräfte hinter Schutzschilden eine Verteidigungslinie bilden, während einige Migranten aus etwa 20 Metern Entfernung mit Wurfgeschossen zurückschlagen. Die polnischen Soldaten antworteten mit Blendgranaten und verbalen Attacken.
Mehrheit der Polen für Schusswaffengebrauch
Inzwischen zeigen Umfragen, dass sich die Einstellung der polnischen Bevölkerung zu einer härteren Gangart an der Grenze zu Weißrussland ändert. Während im Herbst 2022 insgesamt 52 Prozent der Befragten Pushbacks für akzeptabel hielten, sind es heute bereits 67 Prozent. Den Schusswaffengebrauch durch Soldaten im Falle eines gewaltsamen Grenzübertritts von Migranten halten sogar 86 Prozent der Polen für gerechtfertigt, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IBRIS im Auftrag der Zeitung Rzeczpospolita von Anfang Juni 2024 gezeigt hat. Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass die Zahl der Migranten, die aus Weißrussland nach Polen kamen, im Jahr 2023 deutlich angestiegen ist. Während im Jahr 2022 rund 16.000 Migranten über die Grenze nach Polen kamen, waren es im vergangenen Jahr bereits 26.000. Die Mehrheit dieser Migranten stammt aus Ländern wie dem Irak, Afghanistan und verschiedenen afrikanischen Staaten.