Bundesarbeitsgericht: Ungeimpfte Pflegekräfte haben keinen Anspruch auf Lohn und Urlaub
Vor zwei Jahren wurde in Deutschland angesichts der Coronapandemie eine Impfpflicht für Beschäftigte in Alten- und Pflegeheimen beschlossen. Wer den Nachweis nicht erbringen konnte, wurde von der Arbeit freigestellt. Ein Anspruch auf Lohnnachzahlung besteht nicht, entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht in Erfurt.
Erfurt. – Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat entschieden, dass Pflegekräfte, die sich trotz gesetzlicher Impfpflicht im Jahr 2022 nicht gegen das Coronavirus impfen ließen und deshalb von der Arbeit freigestellt wurden, keinen Anspruch auf Lohnnachzahlung oder Urlaub haben. Das Gericht bestätigte damit die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf.
Eine Krankenschwester aus Nordrhein-Westfalen hatte geklagt, weil sie wegen fehlenden Impfschutzes monatelang freigestellt worden war. Der Fünfte Senat des BAG entschied, dass sie weder Anspruch auf eine Gehaltsnachzahlung von rund 6.000 Euro noch auf knapp 13 gestrichene Urlaubstage hat. Das Tätigkeitsverbot im Gesundheits- und Sozialwesen vom 16. März bis Ende 2022 sei im Infektionsschutzgesetz hinreichend klar verankert, um den Schutz kranker und pflegebedürftiger Menschen zu gewährleisten. Bereits im April 2022 hatte das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht zurückgewiesen. Der Schutz vulnerabler Gruppen wurde verfassungsrechtlich höher bewertet als der Eingriff in die Grundrechte der Mitarbeitenden im Pflege- und Gesundheitsbereich.
Abmahnung in anderem Fall unberechtigt
In einem zweiten Fall entschied das BAG, dass die Abmahnung einer Altenpflegerin aus Baden-Württemberg wegen eines fehlenden Impfschutzes nicht gerechtfertigt war. Die unterlassene Impfung sei „keine abmahnfähige Pflichtverletzung“ gewesen. Denn Arbeitnehmer konnten sich hier auf ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit berufen. Dies „hatten Arbeitgeber als höchstpersönliche Entscheidung der Arbeitnehmer zu respektieren“. Die Abmahnung muss somit wieder aus der Personalakte gestrichen werden.
Entscheidung für Impffreiheit respektiert
Richter Rüdiger Linck betonte in der Verhandlung, dass die Entscheidung von Menschen, sich nicht gegen Corona impfen zu lassen, respektiert werden müsse, eine Beschäftigung ungeimpfter Personen aber aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei. Arbeitgeber hätten nach dem Infektionsschutzgesetz einen Ermessensspielraum, da die Gesundheitsämter während der Pandemie häufig überlastet gewesen seien.
Der Arbeitgeber der Klägerin hatte sie ab April 2022 ohne Lohnfortzahlung freigestellt und ihren Urlaubsanspruch entsprechend gekürzt. Das Gesundheitsamt erließ schließlich im September ein Beschäftigungsverbot bis Ende 2022. Während der Pandemie hatten nur drei von rund 600 Beschäftigten des betroffenen Altenheims keinen Impfnachweis erbracht und wurden entsprechend freigestellt.