Georg, der Kampf geht weiter!

Am Wochenende bekam ich einen Anruf, dessen traurige Kunde ich nicht glauben wollte: Georg Immanuel Nagel ist tot. Mit ihm geht eine der schillerndsten Figuren in unserem Lager.

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Georg, der Kampf geht weiter!

Georg Immanuel Nagel

Ich saß fassungslos da und hoffte inständig auf die Ohrfeige, die mir symbolisiert, dass es nur ein grotesker Alptraum war. Doch sie kam nicht, stattdessen bestätigte sich die schlimme Nachricht. Mit nur 37 Jahren verließ uns eine der einzigartigsten Gestalten, die ich jemals kennenlernen durfte. Man sagt über Menschen oft, sie wären ein Unikat: Georg war es wahrhaftig. Und so gilt es seinen Namen, sein Andenken – ja seine Vision der Freiheit, der Heimat, der Sehnsucht nach einer besseren Zukunft für unser Abendland – zu bewahren.

Kein Mensch für halbe Sachen

Es gibt nicht viele Menschen auf dieser Welt, die so viele Gegensätze in sich vereinen – und genauso schwer ist es, ihn zu beschreiben. Er liebte die Provokation, hatte Humor und Charisma und konnte ohne Rücksicht auf Verluste mit einer Schlagfertigkeit diskutieren, die ihresgleichen sucht. Er testete die Grenzen des Sagbaren aus und brach mit Konventionen. Dinge, an die er glaubte, verfocht er mit Herzblut. Georg war kein Mensch für halbe Sachen und das machte ihn für mich sympathisch.

Manchmal machte er den Eindruck, er wolle Europa eigenhändig im Alleingang retten. Bei einem anderen Medium musste ich ihn einst „zwei- oder dreimal“ bitten, eine Stelle zu streichen, für deren Geistreichtum ich ihm heimlich applaudierte, aber sie aufgrund überbordender Schneidigkeit für „zu kantig“ empfand. Und dennoch war er nur im besten Sinne des Wortes „radikal“ – indem er Probleme an der Wurzel packen wollte und dies in allem Überschwang.

Das Fettnäpfchen nahm er freigeistig in Kauf: Manchmal brachte es ihm Anerkennung ein – etwa, wenn er die Irrungen des Systems und seiner – allzu oft linksliberalen und ihm weder in Eloquenz, noch in der Frechheit gewachsenen – Handlanger entlarvte. Im ersten Video, das ich von ihm sah, lachte ich Tränen, als er in bestem „Wiener Schmäh“ darüber ablästerte, dass der Verfassungsschutz ihn und seinen „Verein Okzident“ wegen Pickerln mit „Pepe dem Frosch“ ins Visier nahm.

Originell, aufgeweckt und herzlich

Es trugen ihn die Winde im patriotischen Lager in etliche Gruppen, Initiativen und Publikationen – und überall hinterließ er einen bleibenden Eindruck. Auch dank seiner originellen Ader war er „bekannt wie ein bunter Hund“. Nicht immer waren seine Aktionen aus objektiver Sichtweise taktisch klug – doch zwischen dem Eindruck der „Getriebenheit“, die nicht immer berechenbar war, war dort auch ein wohlüberlegter, einfühlsamer, intelligenter, sanftmütiger und nachdenklicher Mensch.

So sehr, wie er für Ideen brannte, war auch sein Enthusiasmus für Menschen, die ihm nahestanden. Ein loyaler, herzlicher Charakter, mit dem man Pferde stehlen konnte – im Zweifelsfall nahm er es auf seine Kappe. Ein verlässlicher Mensch auch in Situationen, in denen er – nicht nur begeisterungsfähig, sondern auch verletzlich – sich emotional unwohl fühlte. Er hatte Idealismus, Arbeitsmoral und die unstillbare Bereitschaft, sich in wichtige Dinge zu verbeißen, wenn es um die gute Sache ging.

Georg liebte das Leben, die Heimat, die Gerechtigkeit. Er wollte nie Allen gefallen – er war ja kein Knecht. Genauso wenig wollte er Keinem gefallen – er war ja kein Schlechter. Aber er wollte den Besten gefallen, weil er es für das Rechte hielt. Doch zu oft blieb seine aufopferungsvolle Arbeit unbedankt oder verkannt, er kämpfte bis zuletzt um Anerkennung. So frei er seine Meinung aus dem Bauch heraus sagte, so gutmütig war er auch. Das wurde leider auch immer wieder ausgenützt.

Bis zum Nachmittag in hehren Hallen

Wenn ich an Georg denke, so erinnere ich mich vor allem an einen sommerlichen Nachmittag, an dem ich selbst ein bisschen zu viel „getankt“ hatte. Damals lernte ich ihn nicht nur als Denker, Autor und Aktivist mit teils gewagten Vorstößen kennen, sondern auch als Mensch. Wir fachsimpelten, schwafelten und lachten stundenlang. Vielleicht agitierten wir auch ein wenig, schmiedeten manch albernen Plan, dem nüchtern betrachtet mehr das Herz der Stunde als Weisheit innewohnt.

Irgendwann machte sich das Bier bemerkbar und wir mussten beide den Wald aufsuchen, um „das Siegel zu brechen“. Als er an mir vorbeischritt, um sich in sozial akzeptablem Abstand aufzustellen, ließ er einen bescheuerten und sozial höchst inakzeptablen Spruch los. Nun stand ich da, mit sprichwörtlich heruntergelassener Hose und hatte keine Retourkutsche. Ich musste herzhaft lachen und eine Minute später philosophierten wir weiter, diesmal über unsere geteilte Leidenschaft für die alteuropäische Spiritualität.

Die Wiederholung dieser kameradschaftlichen Stunden, lieber Georg, das sei dir gesagt: Sie ist nur aufgeschoben. Wenn ich dir in ferner Zukunft in die ewigen Hallen folge, wird das nachgeholt. In der Zwischenzeit halte uns allen einen Platz frei: Wir müssen in der Zwischenzeit noch vollenden, was dir in deiner viel zu kurzen irdischen Zeit nicht mehr vergönnt war, zu erledigen.

Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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