„Grenzgänge“: Strafverfügung gegen Aktivisten für Aufenthalt im Wald
Die sogenannten „Grenzgänge“ dutzender patriotischer Aktivisten sorgten im vergangenen Frühherbst für einiges Aufsehen. Durch ihre Präsenz gelang es, Schlepper an der Grenze im Burgenland effektiv abzuschrecken. Nun folgt eine Strafverfügung. Der Vorwurf: Der Wald sei zu anderen Gründen als zu Erholungszwecken benutzt worden…
Rechnitz. – Die Anzeige, über die die Aktivistenzeitung Heimat-Kurier berichtet, mutet absurd an. Wörtlich lautet die Erklärung so: „Sie haben den Wald ohne die Zustimmung des Waldeigentümers […] über den Erholungszweck hinaus, nämlich zwecks Teilnahme an der Veranstaltung ‚Kommt mit zum Grenzgang […] und deren Zweck die Verhinderung des Grenzübertritts durch Flüchtlinge war, verwendet, indem Sie gemeinsam mit den anderen Teilnehmern im Wald entlang der Staatsgrenze entlang gingen.“
Unorthodoxe Auslegung des Forstgesetzes
Grundlage dieser Verfügung ist das Forstgesetz, hierbei liege ein Verstoß gegen §33 Abs.3 sowie §174 Abs. 3 lit. a, zweiter Fall vor. Erstes Rechtsgut nennt beispielsweise „Lagern bei Dunkelheit, Zelten, Befahren oder Reiten“. Die Provision kommt üblicherweise gegen Wildcamper und Ski-Waldabfahrten zum Einsatz. Letzterer „Abs 3. lit. a“ wird in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. 104/2013 genannt, welches just diese Provision völlig unangetastet ließ. Waldbesitzer ist die „Urbarialgemeinde Rechnitz-Ungermarkt“, die unter anderem einen Jagdlehrpfad in den Gemeindewäldern unterhält.
Unverständnis über Strafverfügung
Dem Heimat-Kurier zufolge wurde ein Faksimile der Strafverfügung durch einen betroffenen Aktivisten zur Verfügung gestellt, der sich gegen den skurril anmutenden Bescheid rechtlich zur Wehr setzen will. Außerdem lasse er sich nicht von weiteren Grenzgängen abbringen, da er sich „von Nehammer nicht abschrecken lasse“.
Die Aktivistenzeitung äußert Unverständnis für die Verfügung, die man als Repression interpretiert: „Während die Anzahl der Asylforderungen im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr um 160% stieg und das Burgenland zu einer Spielwiese für Schlepper geworden ist, werden Staatsbürger abgestraft, die sich in einem Waldgebiet aufhalten.“
Grenzgänge brachten Nehammer in Erklärungsnot
Tatsächlich führten die Aktionen im Burgenland zu heftiger Kritik am Grenzschutz-Management von Karl Nehammer (ÖVP). Der heutige Kanzler amtierte zum damaligen Zeitpunkt noch als Innenminister. In einer Aussendung bezeichnete er die Aktionen als „nicht tolerierbar“. Das hatte nicht die erhoffte Auswirkung. Denn viele Bürger äußerten ihr Verständnis für die Patrouillen der Aktivisten. Sie erinnerten Nehammer daran, dass Grenzschutz eigentlich seine Aufgabe und nicht die des Volkes sei.
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