Kinderpsychiater schlägt Alarm: „Kinder verlernen das freie Spielen“

Kinder verlernen das freie Spiel, warnt der Kinderpsychiater Oliver Dierssen. Er macht elektronische Medien für den Verlust von Fantasie und Geduld verantwortlich – und appelliert an Eltern, gegenzusteuern.

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Kinderpsychiater schlägt Alarm: „Kinder verlernen das freie Spielen“

Ein Experte warnt vor der zunehmenden Nutzung elektronischer Medien.

© IMAGO / Pond5 Images

Der deutsche Kinder- und Jugendpsychiater Oliver Dierssen beobachtet seit Jahren eine besorgniserregende Entwicklung bei Kindern, wie er auf X schildert. In seinem Therapieraum steht seit mehr als acht Jahren eine Playmobil-Ritterburg, einst zentraler Schauplatz für kreative Rollenspiele. „Bis 2020 hat fast JEDES Kind bis 12 Jahre mit der Burg gespielt“, sagt Dierssen. Figuren wie Ritter, Jäger oder Drachen bevölkerten die Szenerie, während er mit Kindern und Eltern ins Gespräch kam. Inzwischen sei die Burg aber oft unberührt geblieben. „Viele Kinder trauen sich nicht mehr an die Burg“, berichtet der Arzt – selbst nach Ermutigungen nicht.

Elektronische Medien als Hauptursache

Den Hauptgrund für diese Entwicklung sieht Dierssen in der zunehmenden Nutzung elektronischer Medien. Handyspiele würden Kinder mit einer Flut von Reizen und Belohnungen überfordern und ihre Fantasie einschränken. „Das Belohnungssystem wird durch ausgeklügelte Spielmechaniken völlig überrannt“, warnt der Kinderpsychiater. Spiele wie „Brawl Stars“ würden Kinder auf kurze Aufmerksamkeitsspannen trimmen und alternative Aktivitäten wie Sport oder das Erlernen eines Instruments unattraktiv machen.

Für Dierssen ist der Wandel spürbar: Früher sei die Burg täglich umgebaut worden, heute bleibe sie tagelang unberührt. Auch andere Spielangebote wie Autos, Dinosaurier und eine Murmelbahn würden kaum noch angenommen. „Die Ratlosigkeit der Kinder ist mit Händen zu greifen“, erklärt er. Täglich kämen fünf bis zehn Kinder in seinen Raum, aber die Begeisterung früherer Jahre sei verschwunden.

Appell an Eltern

Dierssen appelliert an Eltern, den Einfluss elektronischer Medien kritisch zu hinterfragen. Als Experiment empfiehlt er, selbst eine Stunde lang ein Handyspiel wie „Brawl Stars“ zu spielen und über die Auswirkungen auf Körper und Geist nachzudenken. „Versucht euch auszumalen, was eine solche Beschäftigung über Tage, Wochen, Monate, Jahre mit dem schnell lernenden Gehirn eines Kindes tut“, appelliert er eindringlich.

Sein Fazit ist eindeutig: Kinder verlieren durch die ständige Nutzung digitaler Medien nicht nur ihre Fantasie, sondern auch grundlegende Fähigkeiten wie Geduld und Ausdauer. Eltern sollten dafür sorgen, dass das freie Spiel wieder mehr Raum im Alltag der Kinder erhält.

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