Kolumne: Online-Pranger für Patrioten erinnert an perfide Stasi-Methoden

Wenn Stasi-Methoden in Deutschland erneut Schule machen, dann ist es für Demokratie und Rechtstaatlichkeit im Land zwischen Rhein und Oder möglicherweise schlecht bestellt. Zwei Episoden aus der jüngeren Vergangenheit lassen die Alarmglocken bei jedem schrillen, dem Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit ein wichtiges Anliegen sind. 
Julian Schernthaner
Kommentar von
4.12.2018
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4 Minuten Lesezeit
Kolumne: Online-Pranger für Patrioten erinnert an perfide Stasi-Methoden

Schweigemarsch in Chemnitz. Bild: privat

Wenn Stasi-Methoden in Deutschland erneut Schule machen, dann ist es für Demokratie und Rechtstaatlichkeit im Land zwischen Rhein und Oder möglicherweise schlecht bestellt. Zwei Episoden aus der jüngeren Vergangenheit lassen die Alarmglocken bei jedem schrillen, dem Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit ein wichtiges Anliegen sind. 

Kommentar von Julian Schernthaner

Ausnahmsweise feiert nur die halbe Kaste des linken Journalismus den neuesten „Geniestreich“ des Zentrums für politische Schönheit (ZPS) ab, aber immer noch zu viele. Das unter dem Deckmantel der Kunst agierende linksradikale Kollektiv erlangte bereits in der Vergangenheit zweifelhaften Ruhm, als es den Hausmüll eines patriotischen Politikers durchwühlte und diesem den Nachbau eines Holocaust-Mahnmals vor die Tür stellte. Nun übertraf man sich selbst und ließ alle Hüllen fallen.

Hetzjagd auf patriotische Demoteilnehmer

Denn unter dem Namen „Soko Chemnitz“ ruft es zur nicht zu leugnenden Hetzjagd auf Andersdenkende. Gegen monetäre Belohnung kann man nun nämlich endlich nachhaltig Patrioten bei deren Arbeitgeber anschwärzen. Mit Steckbriefen will man Personalien „dieser Idioten“ sammeln, diese damit an den Online-Pranger stellen. Denunzierung als Programm: daraus macht man gar keinen Hehl. Die Missetat dieser Bösmenschen war übrigens, im Spätsommer in der sächsischen Stadt von ihrem verfassungsmäßigen Recht der Versammlungsfreiheit Gebrauch zu machen.

Zuvor war es zum gefühlt hundertsten ‚Einzelfall‘ gekommen, als mutmaßlich zwei abgelehnte Asylbewerber einen deutsch-kubanischen Familienvater mit zahlreichen Messerstichen ins Jenseits beförderten. Weil die radikale Linke allerdings generell bereits Zustimmung zu milde einwanderungskritischen Aussagen als „Einstiegsdroge in den Rechtsextremismus“ verbrieft, ist ihnen die Berechtigung des Unmuts egal. Man projiziert die Entgleisungen einiger dutzend Ewiggestriger mittels pars pro toto einfach auf mehrere tausend zurecht entrüstete, völlig friedliche Bürger.

Schizophrene Reaktion deutscher Journalisten

Da passt die höchst unterschiedliche Bewertung durch Autoren innerhalb derselben Redaktionsstube wie die Faust aufs Auge. Als die Bild einst mittels Fotos nach G20-Randalierern suchte, war dies „Journalismus wie im wilden Westen“. Ein Spiegel-Kolumnist unterstellte dem Boulevardblatt, den „Rechtstaat nicht verstanden“ zu haben. Bei der ZPS-Aktion sieht sein Kollege eine „kreative Intervention“. Eine frühere Version hatte offenbar sogar die Bewertung „richtig so“ im Anriss.

Angenommen, Teilnehmer der Chemnitz-Demos verlören wirklich ihre Arbeitsstelle – was hätten die Sänger dieser Jubelchöre eigentlich davon? Nicht einer der laut ZPS sogenannten „Gesinnungskranken“ würde seine Meinung ändern. Die „Entfernung“ der angeblichen „Problemdeutschen“ aus der Wirtschaft würde den vielbeschworenen Fachkräftemangel nur verstärken. Es hätte nur einen ‚positiven Effekt‘: Menschen könnten sich aus Sorge, ihre Familie nicht mehr ernähren zu können, nicht mehr trauen, Kritik an den herrschenden Zuständen zu üben.

Unheilige Symbiose und Hegemonie

Und genau hier entsteht die unheilige Symbiose aus sogenannten Kulturschaffenden und Herrschenden als gemeinsame Träger einer repressiven Hegemonie. Viele subventionierte Künstler sind allzu oft auf die öffentliche Hand angewiesen und arrangieren sich auch mit autoritärem Zeitgeist. Heinz Rühmann ließ sich einst sogar von seiner jüdischen Frau scheiden, um im dritten Reich weiter Filme machen zu dürfen.

Zwar finanziert sich das ZPS augenscheinlich hauptsächlich durch Crowdfunding. Aber es muss seine Gönner im selben linken Kulturmilieu lukrieren. Nur in diesem kann es seine obrigkeitshörige Kunst noch als „Widerstand“ verkaufen. Tatsächlich lädt es neuerdings zur Bekämpfung des eigentlichen Widerstands gegen den Zeitgeist ein. Das Problem sind also nicht zwingend die provokanten Aktionsformen der Gruppe, an Kreativität mangelt es nicht. Es ist der Inhalt.

Stasi-Auftrag in Reinkultur

Und dieser weckt die Erinnerung an schlimmste Zeiten, denn er orientiert sich schauerlich eng am Inlandsauftrag des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit. Denn ‚denunziert‘ sollen hier nicht nur symbolische, rechtsextreme Pappmenschen werden. Sondern man verlässt sich auf die Zusammenarbeit von Erfüllungsgehilfen, um normale Patrioten ebenso zu vernadern wie oppositionelle Intellektuelle. Zwar gibt es keine Stasi-Gefängnisse mehr. Aber im Zeitalter, wo potenzielle zukünftige Arbeitgeber diese Informationen ergoogeln können, führt es ebenso zur nachhaltigen gesellschaftlichen Ächtung einfacher Bürger.

In einer tatsächlich freiheitlichen Demokratie wäre es kein Problem, stets sein Gesicht zu zeigen. Und dankenswerterweise besitzen immer mehr Patrioten den Mut, sich offen zu bekennen. Aber noch stecken zu viele in Knebelverträgen, welche eine auch nur vermeintliche Nähe zu „rechtsextremem“ Gedankengut als Entlassungsgrund nennen. Große Gewerkschaften und sogar Fußballclubs wünschen sogar den Ausschluss von Unterstützern der größten Oppositionspartei. Jeder Lebensbereich ist durchdrungen von der völligen Gleichschaltung.

Erinnerung an umstrittene Kita-Broschüre

Nun könnte man dies als radikale Aktion einer verschrobenen Splittergruppe wähnen. Gerade wenige Tage zuvor erschütterte aber bereits ein Bespitzelungsaufruf die Bundesrepublik. Eine Broschüre der linksradikalen Amadeu-Antonio-Stiftung (AAS) erklärte Kita-Betreuern angebliche Erkennungszeichen von Kindern ‚völkischer‘ und vermeintlich rechtsextremer Eltern. Blonde Zöpfe, Kleider und allgemeine Artigkeit gelten demnach bereits als Alarmzeichen für ein Elternhaus mit der ‚falschen‘ Gesinnung.

Und der Einfluss dieser Stiftung ist nach zwanzig Jahren ihrer Betätigung weitaus weitreichender, seine Verbandelung mit der Politik weitaus intensiver. Im rot-rot-grünen Thüringen agiert ein AAS-Stiftungsrat sogar als Präsident des dortigen Verfassungsschutzes. Und die SPD-Familienministerin Franziska Giffey verteidigte die unsägliche Broschüre, welche Kinder gegen ihre eigenen Eltern aufwiegelt, zuletzt umfassend.  Steter Tropfen höhlt den Stein: ein Marsch durch die Institutionen par excellence.

Plädoyer für die Freiheit

Der deutsche Michel liebt Ordnung, Regeln und Effizienz. Möglicherweise ist auch dieser Eigenheit zu schulden, wie Teile Deutschlands im vergangenen Jahrhundert von einer Diktatur in die nächste schlittern konnten. Gleichzeitig lieben die Deutschen den Wind der Freiheit, der einst tausende Patrioten aufs Hambacher Schloss trieb. Nur während die französischen Nachbarn traditionell zu Aufständen und Revolutionen neigen, kauft der Deutsche sich gerne eine Fahrkarte, wenn er einen Bahnhof besetzen will.

Deshalb muss ein Wind in Deutschland erst zum Orkan werden, bis er untragbare Zustände tatsächlich hinweg fegt. Allerdings ist es allerhöchste Eisenbahn, denn die Zeichen des Autoritarismus sind bereits gesät. Wenn wir verhindern wollen, dass deutsche Ämter bald erneut die Kinder politischer ‚Abweichler‘ abholen, müssen wir solchen Umtrieben Einhalt gebieten. Wir dürfen nicht tatenlos zusehen. Andernfalls könnte bald die Teilnahme bei Trauermärschen ausreichen, dass das Jugendamt vor der Tür steht – insbesondere wenn das Kind eine Flechtfrisur trägt und nicht flucht.


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Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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