Nach Warnschilder-Aktion: Islam-Landkarte vom Netz genommen

Nach nur wenigen Tagen ist die Islam-Landkarte, die für reichen Diskussionsstoff sorgte, wieder aus dem Netz verschwunden. An deren Stelle steht nun eine Pressemitteilung des Religionspädagogen Ednan Aslan, die den Schritt erklären soll.
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Nach Warnschilder-Aktion: Islam-Landkarte vom Netz genommen

Screenshot: Islam-Landkarte.at / Aktion: (C) Patrioten in Bewegung / Komposition: Tagesstimme

Nach nur wenigen Tagen ist die Islam-Landkarte, die für reichen Diskussionsstoff sorgte, wieder aus dem Netz verschwunden. An deren Stelle steht nun eine Pressemitteilung des Religionspädagogen Ednan Aslan, die den Schritt erklären soll.

Aktualisiert (03.06.2021 14:15 Uhr): Als die Tagesstimme als österreichweit erstes Medium über die Offlinenahme berichtete, waren einige öffentliche Reaktionen noch nicht greifbar. Wir haben diese – so wie einige weitere Entwicklungen – nun nachträglich eingearbeitet.

Wien. – Neben der „politischen Instrumentalisierung“ nennt Aslan in der Erklärung auch die Aktion patriotischer Aktivisten mit Warnschildern in der Nähe von fünf mutmaßlich radikalen Einrichtungen in Wien (TAGESSTIMME berichtete) als vermeintlichen offiziellen Auslöser für den Rückzieher. Skurril: Obwohl Aslan die Karte noch am Mittwoch medial verteidigte, ist die Aussendung auf der Seite mit dem Dienstag datiert, also ein Datum, als die Schilder noch gar nicht hingen.

Patriotische Schilder-Aktion als Sündenbock

Keine Erwähnung findet in der Erklärung übrigens der Umstand, dass Aslan und Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) schwere Drohungen mutmaßlich aus einschlägigen Kreisen im Umfeld des politischen Islam erhaben haben sollen. Aslan stand deshalb zuletzt sogar unter Polizeischutz. Stattdessen gibt er in der Öffentlichkeit nun den Warnschildern einer rechten Aktivistengruppe die Schuld für das jähe Scheitern. Die Polizei hatte diese noch im Laufe des Mittwochs entfernt.

Obwohl diese ihre Aktion dezidiert mit der Forderung nach einer Schließung von Islamistentreffs, der nötigen Abschiebung radikaler Prediger und Akteure sowie der Warnung der Anwohner vor radikalen Islamisten argumentierten, behauptet die Aslan-Aussendung, dass hier „Rechtsextremisten den Zweck dieses Projekts völlig konterkarieren“ wollten. Die gelben Warnschilder bezeichnet er als „erschütternd und verstörend“. Er stelle klar, dass er „derartige Aktionen auf das Schärfste“ verurteile.

Screenshot: islam-landkarte.at / 3. Juni 2021 06:00 Uhr

Serverwechsel nach Drohungen

Tatsächlich kristallisierte sich im Laufe des Vormittags allerdings heraus, dass die Aktivisten, die sich dabei ausschließlich auf Einrichtungen beschränkten, denen ein radikales Profil nachgesagt wird, keinerlei Schuld am einstweiligen Ende der offiziellen Islam-Landkarte tragen. Wie unter anderem der Kurier berichtet, musste Aslan nämlich den IT-Anbieter offenbar nach den erwähnten Drohungen wechseln.

Die Direktorin der „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ zeigte sich zuversichtlich, dass das Projekt in absehbarer Zeit wieder abrufbar sein werde. Ob diese dann öffentlich zugänglich bleibt oder nur auf Registrationsbasis ist zur Stunde offen, hier gibt es widersprüchliche Kommunikation aus dem Umfeld der Dokumentationsstelle. Mit den Warnschildern stehe das Offline-Stellen aber, anders als anfänglich suggeriert, in keinem Zusammenhang.

Linke und muslimische Kritik an ÖVP-Prestigeprojekt

Die Islam-Landkarte hatte seit ihrer Vorstellung in der Vorwoche für viel Diskussionsstoff gesorgt. Am Mittwoch intensivierten sich diese neuerlich. Neben zahlreichen muslimischen Akteuren – die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) kündigte bereits Tage zuvor eine Klage an – gesellten sich dabei auch linke Politiker zu jenen, die forderten, die Karte offline zu nehmen. Neben Omar al-Rawi (SPÖ) übte etwa auch die Grünen-Mandatarin Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) herbe Kritik am Projekt.

Nun ist das von der neuen „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ beworbene Projekt offenbar nach nur wenigen Tagen im Rampenlicht nach diesen Zurufen (vorerst) wieder Geschichte. Nach dem medialen Getöse, zu dem die ÖVP sich hinter das Projekt stellte, das in einer anderen Version bereits seit dem Jahr 2011 existiert, ist dies auch ein Rückschlag für die Kanzlerpartei. Diese war ein halbes Jahr nach dem Terroranschlag in Wien im Kampf gegen Islamismus immer mehr unter Zugzwang geraten.

Vollständige Islam-Landkarte wird kommen

Auch in patriotischen und islamkritischen Krisen wird nun an der Umsetzung einer tatsächlichen Islamismus-Karte gearbeitet werde. Unter anderem arbeitet Irfan Peci mit Unterstützung des Freilich Magazins an einer eigenen Islam-Landkarte. Dieses Projekt ist dem bekannten Islamismus-Experten auch deshalb ein Anliegen, weil die Karte der ÖVP-nahen Dokustelle keinen Anspruch auf jedwede Vollständigkeit stellen kann.

Weiterlesen:

Rechte Aktivisten warnen vor „politischen Islam in deiner Nähe“ (02.06.2021)

Drei Fragen an: Irfan Peci zur umstrittenen Islam-Karte (31.05.2021)

Muslimische Jugend will gegen „Islam-Landkarte“ klagen (29.05.2021)

Dokumentiert: Die österreichische Islam-Landkarte (27.05.2021)

Über den Autor
Julian Schernthaner

Julian Schernthaner

Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert.

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