Otto Schily hält Impfpflicht für „verfassungswidrige Anmaßung“ des Staates
Der Jurist und frühere Innenminister Otto Schily (SPD) spricht sich klar gegen eine Impfpflicht in Deutschland aus.
„In einer freiheitlich-rechtsstaatlichen Demokratie darf sich der Staat nicht anmaßen, dem einzelnen Menschen eine bestimmte ärztliche Behandlung aufzuzwingen“, schreibt Schily in einem Gastbeitrag für die „Welt“, der vergangene Woche veröffentlicht wurde. Es sei „gewissenslos, die früheren Festlegungen in einer Frage, die den Kern der Grundrechte angeht, einfach über Nacht zu Makulatur zu erklären“. Dabei verweist der ehemalige SPD-Politiker auch darauf, dass es sich bei den Corona-Impfungen um „neu entwickelte Impfmethoden“ handle und „die Langzeitfolgen nach einem relativ kurzen Zeitabschnitt der Anwendung keineswegs abschließend verlässlich beurteilt werden können“.
Kein Impfgegner
Er sei kein Impfgegner – er selbst sei bereits drei mal geimpft – und empfehle „insbesondere den Menschen, die zu den sogenannten vulnerablen Gruppen gehören, sich impfen zu lassen“. Allerdings kenne er auch „eine nicht geringe Zahl von Menschen“, die durch „gesunde Lebensführung und Achtsamkeit allenfalls asymptomatisch an Covid-19 erkrankt sind, obwohl sie nicht geimpft sind und mit vielen potenziellen Virenträgern in Kontakt kommen“. Außerdem sorge er sich, dass gerade bei Kindern und Jugendlichen „erhebliche Impfschädigungen in nicht unerheblicher Größenordnung auftreten“, so Schily.
Durchsetzung „schwierig“
Unabhängig davon hält der Ex-Innenminister aber auch die Durchsetzung einer allgemeinen Impfpflicht für schwierig. Ungeimpfte müssten sich heute schon mit vielen Einschränkungen abfinden und seien „zunehmenden Anfeindungen und Mobbing“ ausgesetzt. „Sollen sie jetzt durch fortgesetzte Zwangsgelder auch noch in die Armut getrieben werden?“, fragt der Sozialdemokrat: Oder wolle man „etwa den wahnsinnig gewordenen Juristen folgen, die allen Ernstes Freiheitsstrafen für Impfunwillige für gerechtfertigt halten?“
Weiters wendet Schily ein, dass man einerseits über eine Impfpflicht diskutiert, es dem Staat zugleich aber nicht gelinge, Impfwilligen die Möglichkeit zu bieten, sich vollständig impfen zu lassen.