Regierungs-Influencer: Manipulieren diese Özdemir-Influencer ihre Fans?

Cem Özdemirs Landwirtschaftsministerium finanziert Influencer, um grüne Ideologie zu verbreiten. Offenbar verschweigen manche Regierungsinfluencer diese bezahlte Zusammenarbeit, wie Jonas Greindberg in seiner Recherche für FREILICH feststellt.

Analyse von
12.6.2024
/
8 Minuten Lesezeit
Regierungs-Influencer: Manipulieren diese Özdemir-Influencer ihre Fans?

Mehrere Influencer haben in der Vergangenheit für das Landwirtschaftsministerium geworben, ohne die bezahlte Werbung entsprechend zu kennzeichnen.

© IMAGO / Pond5 Images

Auf Druck der AfD musste die Ampel am 8. Mai eine 100-Seiten-Antwort veröffentlichen. Daraus geht hervor, dass die Bundesregierung im vergangenen Jahr rund 85 Millionen Euro Steuergelder für das Schalten von Werbeanzeigen und für Influencer ausgegeben hat (FREILICH berichtete).

Cem Özdemirs Landwirtschaftsministerium beauftragte sechs Influencer für rund 27.000 Euro, um die Kampagne „Torffrei gärtnern!“ zu bewerben. Im vergangenen Jahr erhielt die woke Agentur „Mediaplus“ vom Özdemir-Ministerium 335.000 Euro, um Online-Werbung für die Anti-Torf-Kampagne zu schalten. Das Werbebudget für dieses Jahr verschweigt die Bundesregierung in ihrer Antwort. Denn die Anzeigenkosten seien „noch nicht endabgerechnet“. Produktionskosten und Honorare für Mediaplus werden in der Antwort ebenfalls verschwiegen.

Eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums teilte FREILICH mit, dass es sich bei der Kampagne nicht um „klassische Werbung“ handele. Das Ministerium biete den Bürgern lediglich „Fachinformationen“ zum torffreien Gärtnern. Angesichts der „ambitionierten Kommunikationsziele“ seien die Ausgaben für die Anti-Torf-Kampagne angemessen.

Kritiker argumentieren, dass diese Finanzierung die öffentliche Meinungsbildung verzerrt und staatstreue Influencer kultiviert. Das leichtgläubige und junge Publikum sei oft nicht in der Lage, die Inhalte ihrer Internetvorbilder kritisch zu hinterfragen. Recherchen von FREILICH legen nahe, dass manche Özdemir-Influencer ihre Fans nicht ausreichend darüber aufgeklärt haben könnten, dass ihre Inhalte vom Landwirtschaftsministerium bezahlt worden sind. TikTok und Instagram, wo alle der sechs Regierungsinfluencer aktiv sind, verlangen zudem die Kennzeichnung bezahlter Inhalte durch Labels. Bei Verstößen drohen empfindliche Strafen: Diese reichen von der Demonetarisierung bis zum Verlust des Accounts.

So streng sind TikTok und Instagram

Instagram schreibt in seinen Branded Content-Richtlinien: „Zahlungen von einer Marke oder einem Business-Partner, die du als Gegenleistung für das Posten von Inhalten erhältst, stellen einen Wertaustausch dar. Deshalb musst du solche Inhalte mit einem Label kennzeichnen.“ Die Regierungsinfluencerin „conny.fromtheblock“ wurde im vergangenen Jahr vom Justizministerium mit einer Kampagne zum „Bürokratieabbau“ beauftragt. Das Honorar verschweigt die Bundesregierung jedoch in seiner 100-Seiten-Antwort aus Gründen des „Geschäftsgeheimnisses“. Der Instagram-Beitrag von „conny.fromtheblock“ zum „Bürokratieabbau“ (archiviert) vom Januar legt die Werbepartnerschaft mit der Regierung gemäß den Branded Content-Richtlinien offen.

TikTok verlangt die Kennzeichnung von Werbung mit dem Label „Bezahlte Partnerschaft“. Ziel der Offenlegung laut TikTok: „Das Vertrauen zwischen TikTok-Nutzer*innen und Werbeträger*innen wird gestärkt und bewahrt.“ Die Influencerin „bwlchristina“ hat dies vorbildlich umgesetzt. Im Textfeld unter einem beworbenen Video erscheint das Label „Bezahlte Partnerschaft“ und ein Hinweis auf ihren Partner Studyflash.

Landhaus Garten: Video deaktiviert!

„Landhaus Garten“ ist wohl der größte Problembär unter den sechs Influencer, die im vergangenen Jahr vom Özdemir-Ministerium beauftragt wurden, die Kampagne „Torffrei gärtnern!“ zu bewerben. Landhaus Garten wird von einer Hobbygärtnerin betrieben, der 294.000 Nutzer auf Instagram und 24.000 Nutzer auf TikTok folgen. Am 16. April veröffentlichte Landhaus Garten ein inzwischen deaktiviertes TikTok-Video, in dem die Verwendung torffreier Erde angepriesen wird (archiviert).

Der Textteil enthält Argumente, die auch in Özdemirs Anti-Torf-Kampagne vorkommen: Torfabbau sei ein „umweltschädlicher Prozess“. Wer hingegen torffreie Erde verwende, leiste einen Beitrag „gegen den Klimawandel“. Am Ende des Textteils befindet sich ein Link zur Netzseite torffrei.info, die vom Landwirtschaftsministerium betrieben wird. Der Textteil ist offensichtlich nicht als „Paid Partnership“ gekennzeichnet und enthält auch sonst keinen expliziten Hinweis darauf, dass es sich um Werbung handeln könnte.

FREILICH konfrontierte die Influencerin am 4. Juni per E-Mail mit der 100-Seiten-Antwort der Bundesregierung, in der ihr Account als Influencerin des Landwirtschaftsministeriums für die Kampagne „Torffrei gärtnern!“ erwähnt wird. Die Fragen, ob ihr Video einen Verstoß gegen die TikTok-Richtlinien darstellt und ob dies als Manipulation der Öffentlichkeit zugunsten der Bundesregierung gewertet werden kann, blieben bislang unbeantwortet. Stattdessen war das betreffende TikTok-Video am nächsten Tag nicht mehr aufrufbar.

Eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums teilte FREILICH mit, dass der Instagram-Account von Landhaus Garten am 17. Juli und am 19. September 2023 Kurzvideos für das Ministerium veröffentlicht habe. Die Frage, ob Landhaus Garten auch auf anderen Sozialen Medien Kampagnen-Inhalte veröffentlicht habe, ließ das Ministerium unbeantwortet.

Wie bei dem inzwischen deaktivierten TikTok-Video fehlt auch bei den Instagram-Videos vom Juli und September offensichtlich das Label „Bezahlte Werbepartnerschaft“. Dies verlangt Instagram jedoch ausdrücklich in seinen Branded Content-Richtlinien.

FREILICH hakte beim Landwirtschaftsministerium nach, wie sichergestellt wird, dass staatlich finanzierte Influencer ihr Publikum darauf hinweisen, dass es sich bei ihren Inhalten um Werbung für die Regierung handelt. In Bezug auf die Instagram-Videos von Landhaus Garten antwortete eine Sprecherin: „Im Text sowie in den Reels selbst wird klar auf die Kampagnenseite verwiesen: www.torffrei.info, dort erscheint das BMEL als Absender.“

Marienova: Verstoß gegen TikTok-Regeln?

Der TikTokerin Marienova folgen aktuell 85.000 Nutzer. In einem TikTok-Video vom 13. Februar zeigt (archiviert) die Özdemir-Influencerin, wie sie die Pflanze ihres Freundes namens „Drachi“ in einen Topf mit torffreier Erde setzt.

Im Textfeld fordert sie ihre Fans auf: „achtet fürs Klima immer darauf, dass eure Erde torffrei ist“. Es folgt eine Werbeanzeige für das Unternehmen Plantura. Diese Anzeige scheint nicht im Zusammenhang mit der Finanzierung durch das Landwirtschaftsministerium zu stehen und wurde offensichtlich nicht gemäß den TikTok-Werberichtlinien mit dem Label „Bezahlte Partnerschaft“ gekennzeichnet. Ein Hinweis auf eine Partnerschaft mit dem Landwirtschaftsministerium konnte im Textfeld nicht gefunden werden.

Eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums teilte FREILICH mit, dass Marienova Kampagnen-Inhalte auf Instagram geteilt habe. Andere Soziale Medien wie TikTok erwähnte das Ministerium in diesem Zusammenhang nicht.

Anetas Leben: Verstoß gegen Instagram-Regeln?

Die Influencerin „Anetas Leben“ steht ebenfalls auf der Gehaltsliste des Landwirtschaftsministeriums. Mit 666.000 Followern auf Instagram betreibt sie den mit Abstand größten Account dieser Recherche. In einem Post vom 9. August 2023 topft sie mehrere Gartenpflanzen mit torffreier Erde ein. „Denn torffreie Erde schützt unsere Moore und somit unser Klima“, erklärt die Özdemir-Influencerin.

Im Textfeld wird torffreie Erde als „gleichwertiger Ersatz“ für torfhaltige Erde angepriesen: „Es gibt im Grunde keine Nachteile, sondern nur Vorteile – vor allem für das Klima.“ Im Textfeld wird zwar auf eine Kooperation mit dem Landwirtschaftsministerium hingewiesen. Ob dies den strengen Branded Content-Richtlinien von Instagram entspricht, bleibt allerdings unklar. Denn wie im Textfeld ist kein Label über eine „Bezahlte Werbepartnerschaft“ zu finden. Nur die Zukunft kann zeigen, ob Instagram den Account mit 666.000 Folgern wegen dieses mutmaßlichen Verstoßes löschen wird.

Wir sind Garten: Verstoß gegen Instagram-Regeln?

„Wir sind Garten“ ist der einzige der sechs Özdemir-Influencer, bei denen offenbar keine Frau im Vordergrund steht. Die Online-Gemeinschaft von Hobbygärtnern betreibt einen Blog, der laut Semrush auf 5.000 Besucher pro Monat kommt. Ein Instagram-Account kann immerhin 36.000 Folger vorweisen.

In einem Post vom 7. Mai wirbt Wir sind Garten für die Özdemir-Kampagne „Torffrei gärtnern!“. Im Gegensatz zu den anderen Accounts räumt Wir sind Garten im Textfeld zumindest ein, dass der vom Özdemir-Ministerium bekämpfte Torf „viele vorteilhafte Eigenschaften“ aufweise. Aus Gründen der „Nachhaltigkeit“ sei es nun aber an der Zeit, darauf zu verzichten. Es wird zwar auf eine Kampagne des Landwirtschaftsministeriums hingewiesen. Allerdings geht aus dem Post nicht eindeutig hervor, dass Wir sind Garten vom Landwirtschaftsministerium bezahlt worden sind. Das Label „Bezahlte Werbepartnerschaft“ fehlt ebenfalls.

Berlin Garten: Blog kennzeichnet Regierungspartnerschaft als „Werbung“

Der Blog „Berlin Garten“ hat laut Semrush rund 12.000 Besucher pro Monat. Ein Instagram-Account kommt auf 15.000 Follower. Der Blog-Beitrag „Blumenerde ohne Torf“ (archiviert) vom 6. Oktober 2023 ist ein Beispiel dafür, wie unauffällig die Medienarbeit der Bundesregierung daherkommen kann. Gleich zu Beginn wird klargestellt, dass die Verwendung von Torf „völlig absurd“ sei. Widerspruch duldet die Autorin nicht: Das Lesen des Beitrags zeige ihr, dass „wir auf einer Wellenlänge sind“.

Der Beitrag erwähnt die beworbene Initiative des Özdemir-Ministeriums und verlinkt auf die Netzseite des Landwirtschaftsministeriums. Ein weiterer Link führt auf die ebenfalls vom Landwirtschaftsministerium betriebene Netzseite torffrei.info. Hier sind laut Blog-Beitrag „über 300 Produkte“ mit Bezug auf torffreier Erde zu finden. Ein expliziter Hinweis auf die Partnerschaft mit dem Landwirtschaftsministerium findet sich in dem Beitrag nicht. Unter dem Titelbild findet sich lediglich der allgemein gehaltene Hinweis: „berlingarten macht Werbung“.

FREILICH verlinkte in einem Kommentar unter dem Beitrag die 100-Seiten-Antwort der Bundesregierung, aus der die Förderung von Berlin Garten durch das Landwirtschaftsministerium hervorgeht. Auf diesen Kommentar antwortete die Blog-Betreiberin: „[D]as ist korrekt, dieser Artikel ist Teil einer Infokampagne des Ministeriums. Daher steht ganz oben über dem Artikel auch ‚berlingarten macht Werbung‘.“

Mrs. Greenhouse: Mini-Blog verschweigt Ministeriums-Partnerschaft

Der Blog „Mrs. Greenhouse“ unterscheidet sich von Berlin Garten vor allem im Blick auf den Traffic: Laut Semrush kommt der Blog nur auf lausige 700 Besucher pro Monat. Bei Berlin Garten ist der Traffic über 16 Mal höher. Eine Gemeinsamkeit: Der Blog-Beitrag „Kräuterbeet Ideen und DIY Gartenstecker“ (archiviert) weist unter dem Titelbild ebenfalls allgemein auf „[Werbung]“ hin.

Der Beitrag beschreibt, wie aus Steinen ein „torffreies Kräuterbeet“ gebaut werden kann. Auf torfhaltige Erde habe man verzichtet, um einen „klimabewussten Garten“ zu schaffen. Genauso wie der Blog-Beitrag von Berlin Garten wird auch hier auf die Regierungsnetzseite torffrei.info verlinkt. Hinweise, dass der Blog-Beitrag vom Özdemir-Ministerium finanziert wurde, konnten auf der Beitragsseite nicht gefunden werden.

FREILICH verfasste am 5. Juni einen Kommentar, in dem nach der Finanzierung des Blog-Eintrags gefragt wird. Der Kommentar ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Recherche noch nicht freigeschaltet worden.

Über den Autor

Jonas Greindberg

Jonas Greindberg studierte Geschichte und Sinologie in Süddeutschland. Seit Oktober 2022 schreibt er für FREILICH über Hamburger Lokalpolitik, Kriminalität und Einwanderungspolitik.

Kann FREILICH auf Ihre Unterstützung zählen?

FREILICH steht für mutigen, konservativ-freiheitlichen Journalismus, der in einer zunehmend gleichgeschalteten Medienlandschaft unverzichtbar ist. Wir berichten mutig über Themen, die oft zu kurz kommen, und geben einer konservativen Öffentlichkeit eine starke Stimme. Schon mit einer Spende ab 4 Euro helfen Sie uns, weiterhin kritisch und unabhängig zu arbeiten.

Helfen auch Sie mit, konservativen Journalismus zu stärken. Jeder Beitrag zählt!