Wochenblick-Aus: Ein Pionier der alternativen Medienszene tritt ab
Etwas mehr als sechseinhalb Jahre lang existierte der Wochenblick – im großen Zusammenhang eine kurze, aber erfolgreiche Zeitspanne. Als erstes Alternativmedium in Österreich schaffte es das Blatt, so etwas wie ein „kritisches Leitmedium“ zu werden. Sogar seine Gegner mussten einräumen, dass der auf Augenhöhe mit dem Mainstream operierte und billigten ihm Kampagnenfähigkeit zu. Er schließt, was seine Reichweite – und auch seine metapolitische Bedeutung – betrifft, am Höhepunkt und hinterlässt eine schmerzhafte Lücke.
Von Lesern geliebt, von Gegnern verteufelt
Mit dem Wochenblick tritt ein einzigartiges Medium ab, das immer wusste, eine Bresche zu schlagen. Man vermochte wie kaum ein anderes Blatt, tiefschürfende Analysen, Recherchen und Aufdeckungen in einem dennoch zumal boulevardesken Stil ans Volk zu bringen. Dies gelang auf eine Art und Weise, die ein breites Publikum bediente. Vom Hackler auf der Bausteller bis zu systemkritisch gesinnten Bürgern mit Studienabschluss wurden die Menschen abgeholt – als Wochenzeitung und als Online-Portal.
In jeder Krise zeigte sich erneut, dass der Wochenblick vielen Zeitgenossen voraus war. Man begann mit unverblümter Berichterstattung über Migrantenkriminalität, machte sich später als erstes Medium mit nennenswerter Reichweite als coronakritische Stimme einen Namen – und ahnte auch bei Krieg, Inflation und Energiekrise viele Trends voraus. Für die von ihm als „Systempresse“ bezeichneten Mainstream-Medien war er eine Ausgeburt des Teufels – für viele Dissidenten ein Schweif der Hoffnung am Horizont, als die Mächtigen die Freiheit in diesem Land in die ewige Finsternis verbannen wollten.
Eisbrecher mit Kampagnenfähigkeit
Fremdelten auch Personen im patriotischen Lager noch vor Jahren mit der Idee des Aufbaus einer kritischen Gegenöffentlichkeit, war der Wochenblick in vielerlei Hinsicht auch ein Eisbrecher. Als er eine skandalöse Facebook-Chatgruppe um Ex-Ärztekammer-Chef Szekeres enthüllte, wurden die Erkenntnisse daraus sogar im Parlament thematisiert. Die Menschen erzählten dem Wochenblick ihre Schicksale, kritische Experten diverser Lebenswege standen ihm in Interviews Rede und Antwort.
Somit bereitete Wochenblick durchaus das Feld, damit alternative Medien ernstgenommen wurden. Freilich gab es auch dann noch Leute im „dritten Lager“, denen sein Stil zu offensiv war. Oder die sich daran stießen, dass er sich auch in Themengebiete vorwagte, die in der öffentlichen Erzählung als „Verschwörungstheorien“ abgekanzelt wurden. Allzu häufig stellte sich aber im Nachhinein heraus, dass das Medium mit seinen oft provokanten Artikeln öfter recht behalten sollte, als ihm lieb war.
Alles gegeben – an Begleitumständen gefallen
Als ich im jüngsten Freilich-Heft die Pionierleistung des Wochenblick in der alternativen Medienszene würdigte, wusste noch niemand, dass es zu Ende gehen wird. Auch nicht das Team um Chefredakteurin Bernadette Conrads, das aufopferungsvoll bis zum letzten Tag alles gab. Doch es zeigte sich leider: Mutige, kompromisslose Berichterstattung reichte nicht – denn manchmal kommen Begleitumstände hinzu, die dazu führen, dass auch journalistisch erfolgreiche Medien ihre Segel streichen müssen.
Diesen Eindruck gewinnt man auch, wenn man die offizielle Ankündigung von Geschäftsführer Norbert Geroldinger liest. Demnach versetzte die angespannte wirtschaftliche Lage des Medium letzten Endes den Todesstoß. Immerhin trifft die Teuerung jene Medien, die nicht auf riesige Inseratensummen der Regierung zur Abfederung ihrer Nöte bauen können, besonders hart. Auch der Versuch, sich durch die Einstellung der Druckausgabe zu retten, reichte laut seinen Aussagen nicht aus.
Nach hartem, tapferem Kampf verblutet
Er schreibt: „Wir wollten die Medienlandschaft in Österreich und darüber hinaus im gesamten deutschen Sprachraum aufmischen.“ Und das ist dem Wochenblick zweifelsohne gelungen. Aber es ist schier unfassbar, mit welchen Widrigkeiten das Medium in den letzten Monaten zu kämpfen hatte. Google sperrte die Werbeschaltungen, soziale Medien setzten auf Zensur. Dazu kamen unzählige Anzeigen und Angriffe, die sogar in einer Bombendrohung gegen die Redaktion mündeten.
Viel Feind‘, viel Ehr‘: Das Ende des Wochenblick ist exemplarisch für die schwierige Gemengelage, in der sich die kritische Gegenöffentlichkeit befindet. Immer der ständigen Gefahr der Vernichtung durch ihre Gegner ausgesetzt, muss fehlendes Budget allzu oft mit viel Idealismus seitens eines sich bis zur Selbstaufgabe aufopfernden Teams wettgemacht werden. Wer für alternative Medien schreibt, tut es nicht in der Hoffnung auf eine Hacienda in der Karibik, sondern aus tiefster Überzeugung.
Vom Vorbild zum Teil des Erfolgsteams
Das ist eine Gratwanderung, die den Charakter formt – aber auch trittfeste Bergsteiger kann es eben manchmal in den Abgrund reißen. Und vielleicht lesen Sie heraus, dass diese Zeilen nicht von jemandem stammen, für den der Wochenblick nur „ein Medium unter vielen“ war. Als ich mein recht brotloses Linguistik-Studium abschloss, war es auch der Verdienst des WB, mir den Glauben zu geben, dass es möglich ist, mit Journalismus abseits der Narrative des Mainstreams viel zu erreichen.
Somit war sein kometenhafter Aufstieg auch ein Vorbild, das mir half, den Mut zu fassen, mich selbst auf den steinigen Weg der patriotischen Publizistik zu begeben. Vor knapp drei Jahren bekam ich die Chance, neben meiner Tätigkeit bei Freilich auch Teil des Wochenblick-Teams zu werden. Manchmal beliebte ich zu scherzen, dass Artikel zu Themen, die ich an manchen Tagen für beide Medien beackerte, mehr unterschiedliche Aspekte ansprachen, als der gesamte Mainstream-Blätterwald gemeinsam.
Feld für weitere Medienprojekte ist bereitet
Umso schmerzhafter ist es, nun mit ansehen zu müssen, dass die Früchte dieser erfolgreichen Arbeit nun nicht jenen zufallen, die viele Türen für die kritische Publizistik öffneten. Auf der anderen Seite macht es die geleistete Arbeit nicht weniger wertvoll. Auch Jimi Hendrix wurde nur 27 Jahre alt und gilt dennoch noch ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod als einflussreicher Gitarrist, ohne den die ganze Rockmusik, wie wir sie heute kennen, nach Ansicht vieler Menschen, nie populär geworden wäre.
Ich bin zuversichtlich, dass es mit dem Wochenblick und der alternativen Medienlandschaft ähnlich sein wird. Auch wenn es das Erfolgsteam der letzten Jahre in verschiedene Windrichtungen verstreuen sollte: Das Meinungsmonopol des polit-medialen Komplexes ist durchbrochen, andere Medienprojekte werden im Sog des Wochenblick in der Lage sein, in die Breite zu wirken. Die Medienlandschaft nach dem Wochenblick ist nicht dieselbe, die er vorfand, als er seinen (zu) kurzen, erfolgreichen Weg begann.