GETTR-Chef Miller: „Elon Musks Entscheidung kam nicht überraschend“

Die Twitter-Übernahme von Elon Musk scheint zu platzen. Warum das nicht überraschend kam, erklärt GETTR-Chef Jason Miller im TAGESSTIMME-Interview. Für den ehemaligen Trump-Berater ist Twitter nicht „reparierbar“. Auf der Social-Media-Plattform GETTR bietet Miller seit einem Jahr eine Alternative ohne politische Zensur.
Interview von
19.7.2022
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3 Minuten Lesezeit
GETTR-Chef Miller: „Elon Musks Entscheidung kam nicht überraschend“

Bild: Jason Miller

Die Twitter-Übernahme von Elon Musk scheint zu platzen. Warum das nicht überraschend kam, erklärt GETTR-Chef Jason Miller im TAGESSTIMME-Interview. Für den ehemaligen Trump-Berater ist Twitter nicht „reparierbar“. Auf der Social-Media-Plattform GETTR bietet Miller seit einem Jahr eine Alternative ohne politische Zensur.

TAGESSTIMME: Elon Musk wird Twitter offenbar doch nicht übernehmen. Sie waren nicht überrascht, dass der Deal geplatzt ist. Warum eigentlich?

Jason Miller: Ganz und gar nicht. Elon Musks Entscheidung kam für all jene, die die Implosion seit Monaten vorausgesagt hatten, nicht überraschend. Erstens haben die Zahlen des Deals einfach nicht gepasst. Musk bot an, Twitter zu einem Preis von 54 Dollar pro Aktie zu kaufen, und jetzt liegt der Kurs bei unter 40 Dollar. Das ist ein massiver Sturz. Zweitens hat sich Musks eigenes Vermögen, das stark mit den Tesla-Aktien zusammenhängt, enorm verringert. Er ist also nicht mehr in der Lage, diesen Deal abzuwickeln. Musks hochgestecktes Ziel, die Zahl der aktiven Twitter-Nutzer in den nächsten sechs Jahren mehr als zu vervierfachen, war ebenfalls nicht realisierbar. Und drittens ist Twitter ein grundlegend defektes Produkt mit einer verkommenen Kultur der politischen Diskriminierung. Ich denke, dass Musk den Widerstand der linken Twitter-Mitarbeiter gegen sein Übernahmeangebot gesehen und danach erkannt hat, dass Twitter einfach nicht zu reparieren ist.

Musk hatte mehr Freiheit der Meinungsäußerung auf Twitter versprochen. Für viele war die Nachricht vom geplatzten Deal sicherlich enttäuschend. Wird Ihre eigene Plattform GETTR davon profitieren?

Miller: Die Musk-Saga hat gezeigt, dass Twitters Kultur der Zensur nicht nur von ein paar abtrünnigen Mitarbeitern vorangetrieben wird, die in die Schranken gewiesen werden müssen – sie ist offensichtlich so tief in jeder Faser des Unternehmens verankert, dass dieses seinen potenziellen Retter eher angreifen würde, als sich ihm bei seiner Mission zur Rettung des Unternehmens anzuschließen. Bei GETTR haben wir bereits eine Plattform mit einem festen Bekenntnis zur freien Meinungsäußerung und zum Kampf gegen politisch voreingenommene Zensur aufgebaut, und die Menschen kommen zu uns. Das zeigen auch die Zahlen: In nur einem Jahr hat GETTR fast sechs Millionen Nutzer in 192 Ländern mit über 72 Millionen Beiträgen und über 150 Millionen Livestream-Aufrufen angezogen.

GETTR gibt es nun ein Jahr lang. Wie ist die Entwicklung und haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

Miller: Wir haben gerade unser einjähriges Bestehen gefeiert, und ich bin sehr stolz auf all das, was wir in den letzten zwölf Monaten erreicht haben. GETTR hat sich inzwischen zur führenden alternativen Plattform für freie Meinungsäußerung entwickelt, die es mit Unternehmen wie Facebook und Twitter und schließlich auch mit TikTok und Instagram Reels aufnehmen kann. Seit der Einführung der Livestreaming-Funktion im Oktober hat GETTR 160 Millionen Livestream-Aufrufe erreicht, während Vision – unsere Kurzvideoplattform – seit ihrer Einführung im letzten Monat mehr als drei Millionen Aufrufe verzeichnen konnte. Außerdem haben wir gerade die Funktion der Direktnachrichten veröffentlicht und sind die einzige alternative Plattform im Apple Store und dem Google Play Store. Ich bin sehr gespannt, was das nächste Jahr bringen wird.

Aber schafft GETTR nicht einfach nur eine weitere Blase für Konservative und Rechte? Ist es möglich, das zu verhindern?

Miller: Ganz und gar nicht. Während sich viele unserer Nutzer der Online-Zensur bewusst sind und bereits auf alternative Plattformen umgestiegen sind, werden Menschen auf allen Seiten des ideologischen Spektrums durch die unangemessenen Verbote, die aus dem Silicon Valley kommen, geweckt und begeben sich auf die Suche nach Alternativen. Dies ist auch ein globales Problem, und wir sind ein globales Unternehmen. Wir sind ein Zuhause für alle, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen wollen, ohne Angst haben zu müssen, verbannt und aus der Diskussion ausgeschlossen zu werden, und wir sind für diesen Kampf besser gerüstet als alle unsere Herausforderer.

GETTR ist also strikt gegen Cancel Culture. Andererseits muss sich die Plattform auch an nationale Gesetze halten – wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Deutschland, das sich gegen sogenannte „Hassreden“ richtet. Wie lösen Sie dieses Problem?

Miller: Bei GETTR war unsere Hauptüberlegung immer: „Ist ein Beitrag in einem bestimmten Land illegal und bringt er jemanden in Gefahr?“ Unser Schwerpunkt liegt auf dem Schutz politischer Äußerungen, und wir halten uns stets an die lokalen Gesetze und Vorschriften. Wir müssen sicherstellen, dass GETTR ein Ort ist, an dem sich die Menschen wohlfühlen und eine lebhafte Debatte führen können, ohne dass sie bedroht oder verleumdet werden.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist ein zentrales Thema. Aber wo endet sie auf Ihrer Plattform? Gibt es rote Linien?

Miller: Die Nutzungsbedingungen und Community-Richtlinien von GETTR sind auf unserer Website öffentlich zugänglich und machen deutlich, dass Mobbing, Belästigung, Pornografie oder homophobe, rassistische und sexuelle Beleidigungen auf GETTR nicht erlaubt sind. In Bezug auf „Fehlinformationen“ schützen wir das Recht unserer Nutzer auf politische Meinungsfreiheit, wenn der Inhalt legal ist. Wenn diese Inhalte bedrohlich sind, Schaden anrichten oder jemanden in unmittelbare Gefahr bringen, dann werden sie gemäß unserer Richtlinien entfernt.

Vor einigen Monaten haben Sie ein auf Kryptowährungen basierendes Zahlungssystem namens „GETTR Pay“ angekündigt. Was ist mit diesen und anderen Entwicklungen?

Miller: Mehr dazu in den kommenden Monaten. Aber: Dass es kontinuierlich Neuerungen gibt, bedeutet auch, dass wir unsere Rolle als führende Plattform für freie Meinungsäußerung, die es mit Big Tech aufnehmen kann, durchaus gefestigt haben. Sobald unsere Online-Trinkgeld-Funktion veröffentlicht worden ist, können „Content Creator“ für ihre Arbeit belohnt werden, ohne dass YouTube eingreift und ihre Konten sperrt, nur weil sie nicht die Ansichten irgendwelcher Nutzer teilen. Man darf gespannt sein auf das, was noch kommt!


Zur Person:

Jason Miller, Jahrgang 1975, war Wahlkampfleiter und Pressesprecher unter US-Präsident Donald Trump. 2021 gründete Miller die alternative Social-Media-Plattform Gettr.

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