Künstliche Intelligenz sticht „Mutter“ des Jahres 2122 aus
In seinem Kommentar wirft Joachim Paul (AfD) die Frage auf, welche Rolle Künstliche Intelligenz für die deutsche Rechte spielt und betont, dass es höchste Zeit für eine Debatte darüber ist.
Um mit „Mutter“, der raumschiffseigenen Künstlichen Intelligenz zu kommunizieren, muss Offizier Ripley noch die Tastatur benutzen, es gibt noch nicht einmal einen Touchscreen, „Mutter“ ist auch nicht ansprechbar – so wie „Siri“ oder „Alexa“, die heute, im Jahr 2023, als lediglich schwache KI klassifiziert werden. Die Projektion, die der Film „Alien“ (USA, 1979) für das Jahr 2122 anbietet, zeigt, wie stark sich diese Technik tatsächlich entwickelt hat und perspektivisch entwickeln wird. Das Sprachmodell beziehungsweise Interface ChatGPT des US-Konzerns „Open AI“, das auf den Programmen GPT3 und das in diesen Tagen vorgestellten GPT4 beruht, hat einen Orkan an Publikationen ausgelöst, manche betrachteten das Jahr 2023 bereits unter epochalen Gesichtspunkten als Jahr, in dem wir, die Menschheit, Kontakt aufnahmen. Mit einer vielleicht bald gestaltenden Kraft, spätestens aber, wenn die kumulierte Rechenleistung der weltweit verfügbaren KI die aller menschlichen Hirne übersteigt? Das könnte 2050 der Fall sein, so Experten.
Die KI bleibt ein „stochastischer Papagei“
Sie grenzen mittlerweile schwache von starker KI ab. Starke KI, repräsentiert insbesondere von den OpenAI-Produkten ChatGPT und Dalle-E, ist generativ, das heißt, sie verfasst Texte aller Art und kreiert Bilder, zudem zieht sie Schlussfolgerungen und entwickelt Argumente – inwieweit die in diesem Fall umfassendere Anwendung der grundlegenden Technik, die auch hinter der Beantwortung einfacher Fragen steht, eine Aufwertung in Richtung menschenähnlicher Intelligenz darstellt, darüber wird gestritten. Denn die KI ist und bleibt ein „stochastischer Papagei“, auch dann, wenn ihre Antworten bereits ein menschlich anmutendes Bewusstsein oder Gefühle täuschend echt imitieren kann.
Doch ausnahmslos jede KI beruht auf der systematischen Auswertung gigantischer Datenmengen nach einem Prinzip, das die wahrscheinlichste Abfolge eines Wortes auf andere Wörter mathematisch berechnet, allerdings in einer Zeit und auf Grundlage einer Datenmenge, die schon jetzt jede menschliche Vorstellungskraft sprengt, wir sprechen von Milliarden und Abermilliarden Informationseinheiten, die man „Token“ und „Parameter“ nennt. So stützte sich ChatGPT im Juni 2020 bereits auf 175 Milliarden dieser Einheiten, wenige Wochen später waren es sogar 499 Milliarden. Auf einen Nenner gebracht: die Technik ist Jahre alt, sie wurde bereits vor Jahrzehnten in Experimenten angewendet, neu hingen ist die Leistungsfähigkeit der Hardware, also von Halbleitern und Prozessoren. Auch hier hat die Unterhaltungsindustrie Anteil an der Entwicklung, denn der Erfolg immer aufwändigerer Spiele in einem wachsenden Videospielmarkt trieb die Investition in immer leistungsfähigere Chips (GPU) und Prozessoren maßgeblich an.
Diese Beschleunigung machte den US-Konzern Nvidia zum de facto Monopolisten, man geht von bis zu 90 Prozent Marktanteil bei KI-Prozessoren aus.
Der deutsche Konkurrent, das Heidelberger Unternehmen Aleph Alpha, kündigte jüngst für sein Sprechmodell Luminous supreme 300 Milliarden Trainingsdaten an, die noch in diesem Jahr zur Verfügung stehen sollen und das, so der angebliche Vorteil, nicht nur aus englischsprachigen Quellen, was bei OpenAI zu über 90 Prozent der Fall ist. ChatGPT3 greift zu 60 Prozent auf kaum gefilterte Allerweltsdaten des Internets zurück, die als „Public crawl“ firmieren, Bücher machen nur 16 Prozent aus und Wikipedia fließt zu lediglich drei Prozent ein.
Der Datenbestand erweitert sich auch durch die Interaktionen der Nutzer mit der KI, die dynamisch auf immer mehr Informationen zurückgreifen kann.
Fünf Thesen zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz
Am Montag, den 13. März, haben sich die Bildungspolitiker der AfD-Fraktionen mit dem Thema ChatGPT befasst und über die Folgen für die Bildungspolitik diskutiert. Die AfD-Fraktion in Rheinland-Pfalz hat sich auf diesem Gebiet als Vorreiter erwiesen, mit einer Kleinen Anfrage (Drucksache 18/5451) und einem Berichtsantrag im Bildungsausschuss (Drucksache 18/3435) brachte sie das Thema zum ersten Mal in den Landtag ein, die SPD-Fraktion konterte darauf mit der Beantragung einer Aktuellen Debatte („Revolution im Klassenzimmer“), die die bildungspolitischen Folgen im Plenum zur Diskussion stellte.
Welche Rolle spielt die KI für die deutsche Rechte? Es ist tatsächlich höchste Zeit, diese Debatte zu beginnen. Die folgende Aufstellung von fünf Thesen, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sollen als erster Aufschlag dienen.
Erstens: Die fortschreitende KI wird eine industrielle Revolution auslösen, die vor allem den Arbeitsmarkt nachhaltig verändert wird, 80 Prozent der Radiologie, und 90 Prozent der Übersetzung werden in den nächsten fünf Jahren durch KI erledigt. Im Prinzip steht fast jede Routinetätigkeit zur Disposition. Für die Rechte bedeutet das: der Zuzug von vor allem Unqualifizierten, die im Niedriglohnsektor eine Perspektive finden sollen, ist mehr denn je verantwortungslos. Es besteht vielmehr die Chance, dass die negativen Effekte der Vergreisung aufgefangen werden können, wenn massiv auf KI gesetzt wird (was eine konservative Familienpolitik nicht konterkarieren darf). Dieses Argument wird unser Arsenal der Einwanderungskritik signifikant ergänzen.
Zweitens: Ein Land, das auf dem Handlungsfeld der KI den Anschluss verliert, riskiert seine technologische Souveränität. Angesichts der Fördersummen, die Konzerne in den USA und China in die Forschung stecken, muss Deutschland massiv aufrüsten, hier ist insbesondere der Staat gefragt. Die deutsche Rechte muss sich infolgedessen gut überlegen, ob sie stärker an Umverteilungs- oder Innovationsdebatten teilnimmt.
Drittens: Der Kulturkampf zwischen konservativen Positionen und dem Establishment geht auch auf diesem Feld weiter, denn die KI ist im Prinzip ein reichenweitenstarkes Medium. Ein Beispiel: das pädagogische Institut der Universität Yale feiert die KI als „Gleichstellungsmedium“, weil Studenten, die hinsichtlich Sprachweite, Stil und Wortschatz unterlegen seien, nun gleichziehen könnten. Die Rechte muss sich intensiv auf diese Auseinandersetzung vorbereiten.
Viertens: Generische KI ermöglicht die massenhafte Verbreitung von Textbotschaften, das wird zukünftig die Willensbildung im Netz, Kampagnen und Wahlkämpfe beeinflussen. Wir müssen uns darauf einstellen.
Fünftes: Eine KI, die schriftliche Prüfungen mit Bestnoten besteht, Gemälde erschafft und Symphonien nach dem Vorbild Wagners komponiert, fordert den unserer Kultur eigenen Gedanken der Urheberschaft, der Originalität und der Authentizität heraus und stößt womöglich tiefgreifende Entfremdungsprozesse an, die gerade die Rechte beschäftigen muss.
Zur Person:
Joachim Paul ist Abgeordneter für die AfD im Landtag Rheinland-Pfalz. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der Digital-, Bildungs- und Wirtschaftspolitik.