Anschlag in Straßburg: Täter als islamistischer Gefährder bekannt
Der mutmaßliche Straßburg-Attentäter wird von den Behörden als islamistischer Gefährder geführt und befindet sich immer noch auf der Flucht.
Straßburg. Gestern Abend ist es in der französischen Grenzstadt Straßburg zu einem Anschlag in der Nähe eines Weihnachtsmarkts gekommen. Dabei wurden drei Menschen getötet und 13 verletzt, acht von ihnen schwer, hieß es von offizieller Seite Mittwochfrüh. Als Verdächtiger wurde der 29-Jährige Straßburger Chérif C. identifiziert, der von der Polizei bislang noch nicht gefasst werden konnte. Die Polizei fahndet bereits seit Stunden mit über 350 Einsatzkräften nach dem Tatverdächtigen. Die französische Regierung hat unterdessen in der Nacht auf Mittwoch die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen.
Drei Tote, Dutzende Verletzte
Der gesuchte Tatverdächtige schoss am Dienstagabend gegen 19.50 Uhr in der Altstadt von Straßburg auf Besucher des traditionellen Weihnachtsmarkts. Durch Schüsse verletzt wurden mehr als ein Dutzend Menschen, drei sind bislang verstorben. Zwischen 20.20 Uhr und 21 Uhr lieferten sich Spezialkräfte in der Innenstadt zweimal Schusswechsel mit dem Flüchtigen. Dieser wurde verwundet, konnte aber nicht gefasst werden. Seither ist er auf der Flucht. Der französische Innenstaatssekretär Laurent Nunez erklärte Mittwochfrüh, dass derzeit unklar is, ob sich der Gesuchte überhaupt noch in Frankreich aufhält. Offen sei auch nach wie vor, ob der Anschlag terroristische Motive hatte. Die Behörden gingen indes bisher von einem Terroranschlag aus. Die Pariser Anti-Terror-Staatsanwaltschaft leitete daher am Dienstagabend Ermittlungen wegen des Verdachts auf „Mord und Mordversuch in Zusammenhang mit einer terroristischen Unternehmung“ und wegen „Bildung einer kriminellen terroristischen Vereinigung“ ein.
Täter als islamistischer Gefährder geführt
Bereits um drei Uhr morgens gab Innenminister Christophe Castaner eine erste Pressekonferenz. Es wurde bestätigt, dass es sich beim Tatverdächtigen um den 29-jährigen Straßburger Chérif C. handelt, der mit einem sogenannten „Fiche S“ (etwa: Akt Staatssicherheit) bei den Sicherheitsbehörden als islamistischer Gefährder geführt wird. In solchen Akten verzeichnen Sicherheitsbehörden potenzielle Verdächtige wie gewaltbereite Islamisten, von denen eine Gefahr für den Staat ausgehen könnte.
Mehreren Medienberichten zufolge soll Chérif C. bereits in der Vergangenheit Straftaten in Deutschland und Frankreich begangen haben. Nach Informationen des SPIEGEL und der Nachrichtenagentur dpa war der mutmaßliche Täter bis 2017 in Deutschland in Haft. Im Gefängnis könnte er radikalisiert worden seien. Nach Verbüßung der Strafe wurde der Mann nach Frankreich abgeschoben.
Der französische Sender France Info und die Zeitung Le Parisien berichteten am Abend, dass bei der Durchsuchung der Wohnung des mutmaßlichen Straßburg-Attentäters Granaten gefunden worden sein. Der Mann hätte am Dienstagmorgen wegen Mordverdachts verhaftet werden sollen, wurde aber nicht in seiner Wohnung aufgefunden, wie es unter Berufung auf Polizeiquellen hieß.
Mehrere Sicherheitsvorkehrungen in Straßburg getroffen
Seit gestern Abend wurden verschiedene Sicherheitsvorkehrungen getroffen, um die Bewohner der Stadt zu schützen. Kurz vor 1.00 Uhr gab das Innenministerium die Evakuierung der Innenstadt bekannt. Die Bewölkerung wurde angewiesen, einen Teil des Stadtzentrums unbedingt zu meiden. Menschen wurden dazu aufgerufen, die Innenstadt Richtung Norden zu verlassen. An der deutsch-französischen Grenze zum benachbarten Kehl in Baden-Württemberg werden alle Autos bei der Ausreise aus Frankreich kontrolliert. Schulen in Straßburg bleiben indes geöffnet. Eltern, die sich Sorgen machen, können ihre Kinder allerdings zu Hause lassen, sagte Innenminister Christophe Castaner am frühen Morgen. Auch der Weihnachtsmarkt in Straßburg bleibt am Mittwoch geschlossen. Kulturelle Veranstaltungen wurden abgesagt.
Im Zusammenhang mit dem Anschlag in #Strasbourg ist der Täter weiterhin flüchtig. Die Grenzkontrollen an der deutsch-französischen Grenze dauern an. Hierdurch kann es nach wie vor zu Wartezeiten an den Grenzübergängen kommen! *mp
— Bundespolizei Baden-Württemberg (@bpol_bw) December 12, 2018
Bereits im Jahr 2000 sollte der Straßburger Weihnachtsmarkt Ziel eines Anschlags werden. Ein geplanter Sprengstoffanschlag einer algerischen Gruppe konnte aber rechtzeitig verhindert werden. Generell waren Weihnachtsmärkte in den letzten Jahren immer wieder von Terroranschlägen betroffen. Erst vor zwei Jahren steuerte der Islamist Anis Amri einen Lkw in den Markt auf dem Berliner Breitscheidplatz.
Islamistische Gefährder in Deutschland und Österreich
Das Terror-Risiko in Europa ist durch den Kollaps des „Islamischen Staates“ nicht kleiner geworden. Wie der FOCUS berichtet, zeigen Recherchen, dass die momentane Ruhe eine trügerische ist. Alleine in Deutschland geht man von 760 islamistischen Gefährdern aus. Zu den Gefährdern kommen rund 470 Terror-Unterstützer. Es gäbe zwar keine konkreten Hinweise auf mögliche Angriffe, die Gefährdung wird aber weiterhin als „abstrakt hoch“ eingestuft. In Österreich ist die Zahl der sogenannten Gefährder etwas niedriger und liegt bei ungefähr 300. Davon waren allerdings 100 für die Terror-Miliz IS in Syrien oder im Irak im Kriegseinsatz und sind nach Österreich zurückgekehrt.
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