Italienisches Gericht urteilt: Übergabe von Migranten an Libyen ist eine Straftat
Das Oberste Gericht Italiens hat die Übergabe von Migranten an die libysche Küstenwache als Verbrechen eingestuft, da Libyen „kein sicherer Hafen“ sei. Das Urteil könnte weitreichende Folgen für die Abkommen zwischen Italien und Libyen haben und steht letztlich auch im Widerspruch zur Politik der Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni.
Rom. – Das Oberste Gericht Italiens hat die Übergabe von Migranten an die libysche Küstenwache als Straftat eingestuft. Wenn Bootsmigranten, die im zentralen Mittelmeer von Handelsschiffen, Fischtrawlern oder anderen Schiffen aufgenommen werden, anschließend an die libyschen Behörden zur Rückführung in das nordafrikanische Land übergeben werden, werde der Straftatbestand der „Aussetzung minderjähriger oder handlungsunfähiger Personen in einer Gefahrensituation sowie der willkürlichen Ausschiffung und Aussetzung von Personen“ erfüllt. Das haben die Richter des Kassationsgerichts in Rom am Freitagabend entschieden, wie die FAZ berichtet.
Illegale Grenzübertritte auf Westafrikaroute stark gestiegen
Gleichzeitig erklärte der Oberste Gerichtshof die Verurteilung des Kapitäns des Schleppers „Asso 28“ für rechtskräftig. Dieser hatte im Juli 2018 101 Menschen im Mittelmeer aufgenommen und der Küstenwache von Tripolis übergeben. Medienberichten zufolge muss der Schiffskapitän für ein Jahr ins Gefängnis. Die Richter entschieden, dass es sich bei seinem Vorgehen um eine kollektive Zurückweisung in ein unsicheres Land gehandelt habe, was nach der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verboten ist. Die Migranten seien daran gehindert worden, internationalen Schutz in Anspruch zu nehmen, und in ein Land zurückgeschickt worden, in dem ihnen bekanntermaßen Gewalt und Folter drohten, urteilte das Gericht. Wie orf.at berichtet, ebnet das Urteil den Weg für eine Reihe von Berufungen, die auch die Gültigkeit der Abkommen zwischen Italien und Libyen in Frage stellen könnten.
Unterdessen ist die Zahl der irregulären Grenzübertritte in die Europäische Union im Januar, der in Bezug auf Migrationsbewegungen normalerweise als ruhiger Monat gilt, über die westafrikanische Migrationsroute auf über 6.600 Ankünfte gestiegen, fast 50 Prozent mehr als im Dezember und zehnmal so viele wie im Januar des Vorjahres. Fast die Hälfte aller im Januar festgestellten illegalen Grenzübertritte entfiel auf diese Region. Insgesamt gingen die illegalen Grenzübertritte aber auf 14.000 zurück. Das ist rund ein Drittel weniger als im Dezember und entspricht in etwa der Gesamtzahl des Vorjahresmonats, wie aus aktuellen Zahlen der Grenzschutzagentur Frontex hervorgeht.