Leere Bücher: Deutsche Wirtschaft beklagt stärksten Auftragsrückgang seit der Finanzkrise
Die deutsche Wirtschaft leidet unter einem massiven Auftragseinbruch, der so stark ist wie seit 2009 nicht mehr, meldet das Ifo-Institut. Besonders betroffen sind die Industrie und der Dienstleistungssektor.
München. – Der deutschen Wirtschaft fehlen derzeit so viele Aufträge wie seit der Finanzkrise 2009 nicht mehr, berichtet das Münchner Ifo-Institut. In einer Umfrage des Instituts gaben im Oktober 41,5 Prozent der Unternehmen an, unter fehlenden Aufträgen zu leiden - ein Anstieg gegenüber 39,4 Prozent im Juli. „Der Mangel an Aufträgen hemmt weiterhin die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland“, sagte Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. „Kaum eine Branche bleibt verschont.“
Industrie besonders betroffen
Besonders betroffen ist die Industrie: Fast jedes zweite Unternehmen (47,7 Prozent) verzeichnet ein Defizit beim Neugeschäft, darunter wichtige Kernbranchen wie der Maschinenbau sowie die Metall- und Elektroindustrie. Zwar gebe es mit den gestiegenen Auftragsbeständen im September Hoffnungszeichen, aber „bis die Bücher wieder voll sind“, sei es „noch ein weiter Weg“, so Wohlrabe.
Auch im Dienstleistungssektor macht sich der Auftragsmangel bemerkbar, wenn auch in geringerem Maße. Der Anteil der klagenden Unternehmen stieg leicht auf 32,1 Prozent. Vor allem das Transportgewerbe leidet unter der schwachen Industriekonjunktur, die zu einem Auftragseinbruch geführt hat. Im Bereich der Personalvermittlung berichtet etwa jeder zweite Personaldienstleister von fehlenden Neugeschäften, rund zwei Drittel der Unternehmen verzeichnen Auftragsrückgänge. „Leiharbeiter sind in der aktuellen Lage weniger gefragt“, erklärt Wohlrabe.
Kultur- und Veranstaltungsbranche leidet unter Konkurrenz
Ein deutlicher Rückgang ist auch in der Veranstaltungsbranche zu verzeichnen. Hier stieg der Anteil der Unternehmen mit fehlenden Aufträgen auf 48,5 Prozent, nach 38,5 Prozent im Juli. Großveranstaltungen mit internationalen Popstars wie Taylor Swift und Adele sorgten im Sommer für ausverkaufte Arenen und zogen laut Wohlrabe „sicherlich etwas Kaufkraft für kleinere Konzerte und Veranstaltungen ab“. Auch die Gastronomie kämpft: Mehr als ein Drittel der Betriebe meldet derzeit zu wenig Gäste.
Eine Ausnahme in der angespannten Wirtschaftslage bilden die Rechts- und Steuerberater sowie die Wirtschaftsprüfer. Aufgrund des hohen bürokratischen und regulatorischen Aufwands besteht bei diesen Berufsgruppen eine konstante Nachfrage nach Beratungsleistungen, wie das ifo-Institut herausgefunden hat.