Britische Firma erzielt Rekordgewinne mit deutschen Asylunterkünften
Die britische Firma Serco macht in deutschen Asylbewerberheimen hohe Gewinne. Recherchen zeigen, dass dies auf Kosten der Arbeitsbedingungen und der Behandlung der Migranten geht.
Berlin. – Die Unterbringung von Asylbewerbern in Deutschland erweist sich für einige private Unternehmen als äußerst lukrativ. Vor allem das britische Unternehmen Serco, das über seine Tochterfirma ORS aktiv ist, erzielt beeindruckende Margen – doch der Erfolg geht offenbar zulasten der Beschäftigten und der Migranten.
Recherchen des ZDF-Magazins Royale, des WDR-Politikmagazins Monitor und der Süddeutschen Zeitung haben ergeben, dass Serco beim Betrieb deutscher Asylunterkünfte Bruttomargen von bis zu 50 Prozent erzielt. Dabei sind Abzüge für Personal, Sozialarbeit und Sachkosten bereits berücksichtigt. In Deutschland werden Asylunterkünfte in der Regel von den Behörden ausgeschrieben, wobei sowohl gemeinnützige Organisationen als auch gewinnorientierte Unternehmen den Zuschlag erhalten können. In 13 von 16 Bundesländern sind private Betreiber in diesem Bereich tätig, darunter auch Serco, die in jeder fünften Landesunterkunft vertreten sind.
Kritik am Umgang mit Migranten und Mitarbeitern
Ehemalige Mitarbeiter werfen Serco vor, Menschen nur als Zahlen zu betrachten. „Der Flüchtling wird gar nicht als Mensch wahrgenommen“, sondern „ja eigentlich nur als abrechenbarer Posten wahrgenommen“, zitiert die Recherche einen ehemaligen Mitarbeiter. Hinzu kommt Kritik an niedrigen Löhnen und einer dünnen Personaldecke. Die ORS weist die Vorwürfe zurück und betont, nur qualifiziertes Personal zu beschäftigen und angemessene Löhne zu zahlen. Zu den hohen Margen äußert sich das Unternehmen allerdings nicht.
Die Kritik an Serco bleibt nicht ohne Folgen: Die Berliner Behörden haben kürzlich die Zusammenarbeit mit der ORS-Tochter beendet. Als Gründe wurden „gravierende Mängel“ und „umfangreiche strukturelle Probleme“ genannt. Die ORS weist auch diese Vorwürfe zurück.
Global Player im öffentlichen Sektor
Serco ist weltweit tätig und arbeitet vor allem für öffentliche Auftraggeber. Das 1929 gegründete Unternehmen betreibt unter anderem Gefängnisse, Krankenhäuser und Flughäfen und unterstützt das britische Verteidigungsministerium. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete Serco einen Umsatz von fünf Milliarden Pfund, ein Drittel davon mit militärischen Dienstleistungen.
Doch das Geschäftsmodell, öffentliche Aufgaben gewinnbringend zu übernehmen, gerät zunehmend in die Kritik. Der Fall Serco zeigt, wie schmal der Grat zwischen wirtschaftlichem Erfolg und sozialer Verantwortung ist. Auch ein anderer Anbieter ist kürzlich in Großbritannien wegen seiner Umsätze in die Kritik geraten (FREILICH berichtete).