Das sind die fünf extremsten Beispiele für „Cancel Culture“
Schon seit Jahren werden Personen des öffentlichen Lebens „gecancelt“. FREILICH stellt fünf Personen vor, die betroffen waren und im Gedächtnis bleiben.
Unter dem Begriff „Cancel Culture“ versteht man den Versuch, ein vermeintliches Fehlverhalten – häufig von prominenten Personen – öffentlich zu ächten. Ziel ist der Aufruf zu einem generellen Boykott dieser Personen. In Deutschland fielen unter anderem die Sängerinnen Nena und Xavier Naidoo der „Cancel Culture“ zum Opfer. In Österreich traf es den Schriftsteller Peter Handke. FREILICH stellt fünf besonders extreme Fälle von „Cancel Culture“ vor.
Marie-Luise Vollbrecht
Im Sommer 2022 sorgte eine junge Nachwuchsbiologin mit einem geplanten Vortrag für einen Skandal – sie wollte auf einer Veranstaltung der Humboldt-Universität in Berlin zum Thema Geschlecht referieren, genauer: „Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht – Sex, Gender und warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt“. Die Doktorandin, die ihre Dissertation über die Folgen von Sauerstoffmangel bei Fischen schreibt, machte sich mit dieser Vortragsankündigung über Nacht bei großen Teilen des linksliberalen Mainstreams unbeliebt. Die sogenannte LGBT-Bewegung und ihre Verbündeten wurden schnell aktiv, zumal Vollbrecht ihren Kritikern bereits durch einen transkritischen Artikel in der WELT negativ aufgefallen war.
Gruppen wie der „Bundesarbeitskreis kritischer Juragruppen“, ein Netzwerk linker Initiativen aus dem juristischen Umfeld, kündigten Gegenproteste an, da Vollbrechts Vortrag impliziere, dass es nur zwei Geschlechter gebe. Für die Verfechter der Gendertheorien hat die junge Wissenschaftlerin damit verbotenes Terrain betreten, ihr angekündigter Vortrag sei nicht nur „unwissenschaftlich“, sondern auch „menschenverachtend, queer- und transfeindlich“ – ein durchaus mutiges Urteil, ohne den Vortrag überhaupt zu kennen. Die Universität als Veranstalter reagierte, indem sie den Vortrag aus Sicherheitsgründen absagte und Vollbrecht anbot, in einer separaten Podiumsdiskussion zu sprechen. Die junge Frau lehnte jedoch ab, hielt ihren Vortrag auf YouTube, äußerte sich in einigen Medien und holte den Vortrag an der Universität einige Tage nach dem ursprünglichen Termin nach.
Seitdem arbeiten sich linke und linksliberale Akteure sowie der Mainstream an Vollbrecht ab, bei einer Veranstaltung wurde sie sogar tätlich angegriffen. „Ich wurde geschubst und hab einen Ellenbogen in die Rippen bekommen (beim Reingehen) inklusive 'schäm dich' Rufe“, twitterte Vollbrecht nach der Veranstaltung im Dezember 2022. Der Komiker Jan Böhmermann, bekannt durch seine viel gesehene Sendung im ZDF, bezeichnete in einer Folge seiner gebührenfinanzierten Sendung Trans-Kritiker wie Vollbrecht als „Turds“, also „Scheißhaufen“. Dabei wandelte er den bekannten Ausruf „TERF“ (Trans-ausschließender Radikalfeminismus) ab. Vollbrecht selbst nahm die Angriffe bisher immer mit Humor, auch wenn sie auf Twitter gelegentlich zugab, dass sie unter großem Druck stehe.
Martin Sellner
Ein Bankkonto ist in der heutigen Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit, jeder hat mindestens ein Konto, um seine täglichen Geschäfte abzuwickeln. In einer Welt, in der digitales Bezahlen immer wichtiger wird, kann ein Tag ohne Bankkonto extrem schwierig werden. Diese Erfahrung muss der österreichische Heimataktivist Martin Sellner regelmäßig machen, denn seit Jahren kündigen ihm Privatbanken immer wieder den Kontovertrag: Einer der Gründe: Linke Spitzel melden den Banken, dass Sellner einer ihrer Kunden ist. Deshalb hat der Familienvater aus Wien mittlerweile mehr als fünfzig gekündigte Konten hinter sich.
Sellner ist sogar bis an den Rand des Kontinents geflogen, um im Kaukasus Konten zu eröffnen – ohne nachhaltigen Erfolg. Die Banken argumentieren bei der Kündigung sehr minimalistisch und nennen oft keine Gründe. Dieser kann nur vermutet werden, aber wenn man sich die Reaktionen der Linken anschaut, scheint die Ursache klar zu sein. Wie bereits erwähnt, sind sie wohl durch ihre Meldeaktionen verantwortlich. Sie verweisen auf Sellners angebliche terroristische Verstrickungen und seine mutmaßlichen „rechtsextremen Aktivitäten“, wenn er eine neue Kontonummer öffentlich angibt. Die Banken geraten dadurch unter Druck und lösen die Vertragsbeziehung lieber auf, um nicht negativ aufzufallen. Patrioten dürfen kein Konto haben, so der linke Mainstream – „Cancel Culture“ pur.
Joanne K. Rowling
Die wohl bekannteste britische Schriftstellerin der Gegenwart, die mit ihrer Zauberwelt Hogwarts und der Figur Harry Potter Millionen von Lesern und Kinobesuchern verzaubert hat, kann sich trotz ihrer Berühmtheit nicht vor der „Cancel Culture“ retten. Doch der Reihe nach: Rowling, eigentlich immer ein Liebling der Medien, schließlich machte sie aus ihrer feministischen Einstellung nie ein Geheimnis, äußerte sich im Juni 2020 auf der Plattform Twitter kritisch zum Thema Transgender. So lehnte sie den Begriff „menstruierende Frauen“ für Frauen ab und bezeichnete das biologische Geschlecht als das einzig wahre. Daraufhin wurde sie als „TERF“ diffamiert.
Der Korridor des Sagbaren wird immer enger. Ein falsches Wort oder eine abweichende Meinung genügen – schon steht man auf der Abschussliste der Tugendwächter. In der neuen FREILICH-Ausgabe zeigen wir, wie die „Cancel Culture“ unseren Alltag beeinflusst und die Freiheit bedroht.
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Nun ist eine wohlhabende Frau wie Rowling vor existenziellen Konsequenzen gefeit, aber seit diesem Vorfall ist die Schriftstellerin zum Feindbild vieler sogenannter Transaktivisten weltweit geworden. Dabei geht es teilweise sehr geschmacklos zu: Mit „RIP J. K. Rowling“ wird öffentlich zu ihrer Ermordung aufgerufen, genau gibt es immer wieder Forderungen nach einem Boykott ihrer Bücher. Sie selbst macht sich darüber eher lustig, so erwähnte sie in einem Gespräch mit der Journalistin Suzanne Moore schmunzelnd, dass ihre Verkaufszahlen seit den Aufrufen und Kontroversen sogar gestiegen seien.
Der jüngste Fall im Krieg gegen Rowling ist besonders absurd: Das neue Videospiel Hogwarts Legacy, mit dem Rowling außer den Lizenzen für ihre Fantasywelt nichts zu tun hat, hat die gesamte Transwelt in helle Aufregung versetzt. Viele riefen erneut zum Boykott auf und berühmte Streamer – also Leute, die ein Videospiel spielen und sich dabei filmen und ihren Fans zeigen – wurden extrem angefeindet, wenn sie Hogwarts Legacy zeigten. Dem Spiel konnte die Aufregung nichts anhaben, es wurde mit über 15 Millionen verkauften Exemplaren ein großer Erfolg.
Hans-Georg Maaßen
„Es gab keine Hetzjagd in Chemnitz“ – ein Satz, der später eine erfolgreiche Karriere im Staatsdienst beendete. Dr. Hans-Georg Maaßen, ein renommierter Jurist und Grundgesetz-Kommentator, sagte diesen Satz als Präsident des Bundesverfassungsschutzes nach den angeblichen Ausschreitungen in Chemnitz im Jahre 2018. Damals sollen nach einem Tod eines Deutschen und ausländischen Tatverdächtigen Menschen in der Stadt bei Demonstrationen, die über einige Tage gingen, „Hetzjagden“ veranstaltet haben. Die linksliberale Presse tobte angesichts der „Ausschreitungen in Chemnitz“ und sprachen vereinzelt sogar von rechtsextremen Gewaltakten.
Hintergrund ist ein Handyvideo, das eine Person zeigt, die auf eine Gruppe von Ausländern zurennt. Dieses Video wurde von einem bekannten linksextremistischen anonymen Twitter-Account namens „Antifa Zeckenbiss“ veröffentlicht und verbreitete erstmals ohne weitere Belege das Narrativ von „Hetzjagden“ in der westsächsischen Stadt. In einem Interview nach den Demonstrationen erklärte Maaßen, seiner Behörde lägen „keine belastbaren Informationen darüber vor, dass solche Hetzjagden stattgefunden haben“.
Dem Juristen schlug daraufhin eine Welle der Empörung entgegen, denn er würde rechtextreme Gewalt angeblich relativieren oder die mutmaßlichen Täter schützen wollen. Alle Altparteien forderten Konsequenzen, sodass schließlich wenige Tage später der damalige Innenminister Seehofer (CSU) Maaßen erst ins Innenministerium zitierte und dann in den einstweiligen Ruhestand versetzte. Maaßen wurde kaltgestellt, weil er sich dem linksliberalen Mainstream widersetzte. Seither ist er für viele Linke ein Feindbild – sein Nachfolger Thomas Haldenwang füllt das Amt bisher zur vollsten Zufriedenheit der Regierung aus.
Terese Nielsen
Magic the Gathering (ein Sammelkartenspiel, das sowohl auf Papier als auch online gespielt werden kann) ist seit langem eines der beliebtesten Hobbys vieler Menschen. Eine der Personen hinter dem Sammelkartenspiel ist die Künstlerin Terese Nielsen. Sie hat in den letzten 25 Jahren einige der beliebtesten und ikonischsten Bilder für das Spiel geschaffen. Es gibt wohl kaum einen Fan des Spiels, der ihren Namen nicht kennt und ihre künstlerischen Beiträge nicht schätzt. Die verantwortliche Firma Wizards of the Coast kündigte 2020 an, nicht mehr mit ihr zusammenzuarbeiten oder auch nur ihre alten Werke nachzudrucken. Leute haben Nielsens Likes und Profile, denen sie in den sozialen Medien folgt, durchforstet und angeblich kontaminierendes Material gefunden.
Zu den Verbrechen, die sie in den Augen ihrer Kritiker begangen haben soll, gehört, dass sie den bekannten amerikanischen Konservativen Jack Posobiec, Mike Cernovich und Alex Jones gefolgt sein soll. Sie hat niemanden beleidigt oder belästigt und sich auch nicht an hitzigen politischen Debatten beteiligt, aber eine Beschwerde bei ihrem Arbeitgeber genügte, um ihn zum Einlenken zu bewegen. Die Tatsache, dass sie bereits seit 25 Jahren für das Unternehmen tätig war, und die Tatsache, dass sie eine der bekanntesten Künstlerinnen in einem populären Spiel ist, reichten nicht aus, um sie vor einer Entlassung zu schützen.