Identitären-Prozess: Befragungen der letzten Zeugen beendet
Im Identitären-Prozess wurden die bisher letzten Zeugen befragt. Es könnte noch diese Woche zu einem Urteil kommen.
Am Dienstag wurde der Prozess gegen 17 Aktivisten und Sympathisanten der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) mit den letzten Zeugenbefragungen fortgesetzt.
Störaktion Uni Klagenfurt
Als erster Zeuge am Vormittag kam der Rektor der Universität Klagenfurt, Oliver Vitouch. Er betonte, dass die Lehrveranstaltung, welche die Identitären gestört hatten, nicht den Zweck gehabt habe, Zuwanderung zu fördern. Nichtsdestotrotz ist der Rektor der Ansicht, dass ein Maß an Zuwanderung nötig sei, um die demographischen Probleme langfristig lösen zu können.
„Das sind Identitäre. Bitte komm schnell!“
Bei der Identitären-Störaktion in Klagenfurt sei er von der Vize-Rektorin telefonisch darüber informiert worden, dass eine Gruppe „sonderbarer Figuren“ sich auf den Weg zum Hörsaal machen würde. „Oliver, das sind Identitäre. Bitte komm schnell!“, habe sie ihm beim zweiten Anruf gesagt.
Dort angekommen, habe er die Identitären aufgefordert, den Hörsaal sofort zu verlassen. Er rief dann auch die Polizei. Einen der Männer wollte er festhalten. Dieser habe sich aber losreißen können, wodurch dessen T-Shirt zerrissen wurde. Danach habe er einen weiteren Identitären gepackt und ihn aufgefordert, sich auszuweisen. Dieser habe aber nur „spöttisch gelächelt“, die rechte Hand auf Kopfhöhe geballt und dem Rektor dann einen leichten Schlag in den Bauch verpasst. Aufgrund des Schlags habe er den Mann reflexartig losgelassen. „Dann lief die Gruppe johlend davon.“
SA-Vergleich
Die Aktion bewertete er als recht „martialisch“ und sprach von einem „Hörsaalsturm“. Die Aktion und das Logo der Identitären erinnere ihn gar an die Sturmabteilung (SA) der Nationalsozialisten. Bei der Aktion sei es zu einer pauschalisierende Gleichsetzung von Islam und Terror gekommen, behauptete er. Ob es für die Identitären auch möglich gewesen wäre, sich in den Hörsaal zu setzen und mitzudiskutieren, wollte der Staatsanwalt vom Zeugen wissen. Das könne er nicht sagen, antwortete der Rektor.
Von den mutmaßlichen Verbindungen eines Vortragenden zu radikal-islamischen Vereinigungen höre er jetzt das erste Mal. Er könne es aber auch nicht ausschließen.
„Unangenehme Atmosphäre“
Als nächster an der Reihe war der Vorlesungsleiter. Er sprach von einer „unangenehmen Atmosphäre“. Die Aktion der Identitären sei „destruktiv“ und „hasserfüllt“ gewesen.
Zum Inhalt der Vorlesung erklärte er, dass ein großer Bedarf an Inklusion bestehe. Es gehe dabei um eine „tolerante und offene Gesellschaft“, die auf Kategorisierungen wie „Migrationshintergrund“ verzichte. Der Verteidiger wollte vom Zeugen wissen, warum keine kritischen Stimmen als Redner geladen worden waren. Der Vorlesungsleiter entgegnete, dass man zwei Mal beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) angefragt hatte. „Warum nicht jemanden von der politischen Opposition?“, bohrte der Verteidiger nach. Es sollte keine politische Veranstaltung sein, meinte der Zeuge.
„Wollten keine Grenzen überschreiten“
Eine weitere Zeugin, die an der Vorlesung teilgenommen hatte, gab an, sie hätte den Eindruck gehabt, dass die Identitären bei der „provokanten Störaktion“ darauf bedacht gewesen wären, keine Grenzen zu überschreiten. Sie sei davon ausgegangen, dass von den Aktivisten keine Gewalt ausgehen würden, sie mit ihrer Aktion aber eine Eskalation in Kauf genommen hätten.
Aufkleber vor Caritas-Asylheim
Als letzter Zeuge wurde ein Mann befragt, der bei einem IB-Stammtisch Aufkleber mitgenommen hatte. Es sei ihm dort zwar gesagt worden, die Aufkleber nicht in der Öffentlichkeit anzubringen. Trotzdem habe er in einer „Rauschaktion“ zwei Wochen nach dem Stammtisch die Sticker vor einem Caritas-Asylheim aufgeklebt.
Weitere Befragung von Sellner
Den Abschluss des Verhandlungstages bildete die neuerliche Befragung des IBÖ-Co-Leiters Martin Sellner. Dabei wurde er zur Aktion in Klagenfurt und über IB-Schulungsmaterial befragt. Die Kritik richte sich, so Sellner, immer gegen bestimmte Ideologien und nicht gegen Menschen. Mit den Aktionen wollte man immer einen öffentlichen Diskurs anregen. Man wolle Überzeugungsarbeit leisten und die Menschen für die eigenen Ideen gewinnen. Dabei betonte er einmal mehr die Gewaltlosigkeit der Identitären. In Zukunft werde man vor allem Standkundgebungen („IB-Zonen“) veranstalten, kündigte der IB-Leiter an.
Am Mittwoch wird der Prozess mit neuerlichen Befragungen der Angeklagten fortgesetzt. Ein Urteil könnte noch diese Woche gefällt werden.
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