Protest gegen „die Kriminalisierung des Noteinsatzes von Ärzte ohne Grenzen“
Vor etwa zwei Monaten hat Bundeskanzler Sebastian Kurz Mittelmeer-NGOs vorgeworfen, mit Schleppern zusammenzuarbeiten. Nun wurden mehr als 2.000 Protestschreiben im Bundeskanzleramt abgegeben.
Wien. Gestern hat die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) mehr als 2.000 Protestschreiben im Bundeskanzleramt abgegeben. In den E-Mails, die an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) adressiert waren, werde gegen „die Kriminalisierung des Noteinsatzes von Ärzte ohne Grenzen (…) im Mittelmeer protestiert“, teilte die Organisation via Aussendung mit. „Diese Protestschreiben stehen stellvertretend für die Tausenden von Unterstützungserklärungen, die uns nach den Vorwürfen gegen unsere humanitäre Arbeit erreichten“, hieß es dort weiter.
Vorwurf einer Zusammenarbeit mit Schleppern
Die Organisation bezieht sich damit konkret auf Kurz‘ Vorwürfe vom Oktober, wonach das Team des von Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee betriebene Rettungsschiff „Aquarius“ mit Schleppern zusammenarbeiten würde (Die Tagesstimme berichtete). Der Betrieb des Schiffes wurde mittlerweile eingestellt. Auch dafür macht die Hilfsorganisation den Kanzler verantwortlich. „Es waren Aussagen wie jene des österreichischen Bundeskanzlers und EU-Ratsvorsitzenden, die zu einem politischen Klima beigetragen haben, in dem die Rettung von Menschenleben am Mittelmeer behindert und letztlich sogar verhindert wurde“, schrieb die Organisation.
Regierung will „Sterben im Mittelmeer“ beenden
Die Schreiben seien nun von Regierungssorecher Peter Launsky-Tieffenthal in Empfang genommen worden, wie der ORF berichtet. In einem nachfolgenden Gespräch „über die Krise am Mittelmeer und in Libyen, sowie über die Erfahrungen der Teams von Ärzte ohne Grenzen vor Ort“ habe man erneut „an die Regierung appelliert, den Schutz von Menschenleben ins Zentrum ihrer Politik“ zu stellen. Lansky-Tieffenthal betonte in einer Stellungnahme, dass die Regierung dasselbe Ziel wie MSF verfolgen würde, nämlich „das Sterben im Mittelmeer zu beenden“. Dazu würden auch „das entschiedene Vorgehen gegen illegale Migration und Schleuserkriminalität und eine stärkere Kooperation mit Drittstaaten“ gehören.
Aquarius stellt Betrieb ein
Vor etwa einer Woche gab der Geschäftsführer der Hilfsorganisation SOS Mediterranee, Frederic Penard, bekannt, dass die „Aquarius“ ihren Betrieb einstellen wird (Die Tagesstimme berichtete). Der Entscheidung seien „eine Reihe von gezielten politischen Angriffen auf die lebensrettende Arbeit der Hilfsorganisation” vorausgegangen. Man bemühe sich aber bereits um ein neues Schiff. Die Organisation ist nun „auf die Initiative von mutigen Reedereien angewiesen, die bereit sind, ein Zeichen der Solidarität” zu setzen.