Reden wir über Remigration: 50 offene Fragen zum „Geheimtreffen“
Seit Tagen echauffiert sich der polit-mediale Komplex über ein Treffen zwischen AfD & Akteuren aus dem Vorfeld zum Thema „Remigration“. Vorgehensweise und Umstände lassen etliche Fragen offen – auf beiden Seiten.
Die selbsterklärten Faktenchecker von Correctiv preschten vor, der ganze Blätterwald schrieb ab: In Brandenburg habe es ein konspiratives Treffen zwischen Vertretern der AfD, der WerteUnion und anderen Personen rechts der Mitte, einschließlich des langjährigen österreichischen Identitären-Chefs Martin Sellner gegeben. Dort hätte man einen „Geheimplan gegen Deutschland“ ausgeheckt, die „Vertreibung“ von Millionen, bis hin zu „nicht assimilierten Staatsbürgern“, sei darin enthalten. Daraus versucht man, einen handfesten Skandal zu zimmern.
Verschobene Prämissen
Doch das gepflegte Narrativ wirft Fragen auf, die naheliegendste betrifft das Thema: Wieso sollte es ein „geheimes“ Treffen brauchen, um festzustellen, dass die AfD für „Remigration“ eintritt, wenn die Partei diese seit Monaten auch offen fordert? Warum sollte die Forderung ein Problem darstellen, wenn sogar SPD-Kanzler für Abschiebungen im „großen Stil“ warb? Und war es nicht die CDU, die erst vor Monaten mit dem Plan vorpreschte, Clan-Kriminellen den Doppelpass zu entziehen?
Ist das Entsetzen also nur so groß, weil die AfD es mit Abschiebungen ernst meint? Oder ist der Wunsch, der in Umfragen stärksten Oppositionspartei eine „völkische Gesinnung“ anzudichten, hier der Vater des Gedankens? Sollen Abschiebungen generell als ein „Verstoß gegen die Menschenwürde“ dargestellt werden, obwohl die meisten Forderungen der Redner in europäischen Ländern wie Dänemark, der Schweiz oder Großbritannien geltendes Recht sind? Und andere eigentlich sogar deutsches Recht, das bloß nicht umgesetzt wird?
Worin besteht der angebliche „Angriff gegen die Verfassung der Bundesrepublik“? Seit wann gibt es ein „Grundrecht“, in Deutschland zu leben? Ist das Gefasel vom „Geheimtreffen“ eine Projektion und es gibt vielmehr in den Milieus, in denen Correctiv verkehrt, konspirative Treffen, in denen Kampagnen gegen Unliebsame ausgeheckt werden? Sucht man Anlässe, ein AfD-Verbotsverfahren anzuzetteln, um den Aufstieg der Partei zu lähmen? Oder glaubt Correctiv, dass die AfD auch nur einen Wähler verliert, wenn sie auch „im Verborgenen“ zu ihren Grundsätzen steht?
Fragwürdige Methoden
Wenn das Treffen angeblich so problematisch war: Warum wartete man von November bis Jänner, um den Text zu veröffentlichen? Warum verwanzten „Journalisten“ den Ort des Treffens faktisch um die Gespräche aufzuzeichnen – eine Vorgehensweise, die man sonst eher von Geheimdiensten erwartet? Und wieso hinterfragt kein großes Medium solche Stasi-Methoden, um bei einem privaten Event mitzuschneiden? Wie „geheim“ kann ein Treffen sein, zu dem Einladungen versendet werden?
In Deutschland sind Auto-Dashcams aus Datenschutzgründen nicht erlaubt, Verkehrskameras werden abgeschaltet, um NATO-Waffentransporte zu verschleiern. Wie groß muss also die kognitive Dissonanz sein, um es für legitim zu halten, Mitglieder der parlamentarischen Opposition und ihres Vorfelds heimlich abzuhören? Wieso hinterfragt niemand, dass vier Kameras auf Privatgrund platziert wurden? Wie ist der Einsatz solcher Technik zur Beschattung und Aufzeichnung privater Treffen juristisch zu bewerten? Welchen journalistischen Mehrwert haben die detaillierten Lagepläne des Anwesens? Kommt da noch was oder hat Correctiv sein Pulver bereits verschossen?
Wer orchestrierte die „Recherche“?
Wieso thematisiert kein Mainstream-Medium die einschlägige Finanzierung von Correctiv? Was will man mehr verschleiern: Die Finanzspritze von der Mercator-Stiftung, der Gates-Stiftung und dem Soros-Netzwerk – oder die vom Außenministerium, der EU, der Stadt Hamburg und dem Land Nordrhein-Westfalen? Müsste es vor diesem Hintergrund nicht umso bizarrer erscheinen, dass Correctiv im Text behauptet, die eigene Arbeit am Artikel sei durch Leser finanziert, um weitere Spenden zu keilen?
Wie teuer war eine derart akribische Recherche eigentlich? Wie kann es sein, dass keiner hinterfragt, dass „Greenpeace“ sich daran beteiligte, obwohl seine Kernanliegen nicht einmal tangiert wurden? Noch fragwürdiger: Wie kann es sein, dass Antifa-Rechercheure im Vorfeld informiert waren, dass hier etwas kommt?
Um den Organisator des Treffens als „rechtsradikale Person“ zu brandmarken, verließ man sich offenkundig auf Antifa-Portale: Wieso arbeitet eine von staatlichen Mitteln finanzierte Stelle mit linksextremen Stichwortgebern zusammen?
Welche tiefergreifenden Verbindungen zur Antifa bestehen in diesem Komplex noch? Und: Sollte das nicht anderen Medien von Staatsfunk bis zu privaten Zeitungsverlagen zu denken geben? Gab es vielleicht sogar einen bislang unbekannten „Auftraggeber“ im politischen Raum? Vielleicht sogar aus dem Dunstkreis der Regierung, wenn Habeck und Faeser den Artikel bereits zur Grundlage nehmen, um ein AfD-Verbot ernsthaft prüfen zu wollen? Was wird damit beabsichtigt, die „Recherche" in der kommenden Woche bei einer szenischen Lesung als Zusammenarbeit zwischen steuerlich subventionierten Theatern als Schauspiel aufzuführen?
Absurdes „Wannsee“-Framing
Auch insgesamt liest sich der wie ein Filmskript aufgebaute Artikel wie ein Antifa-Schreiben, bezeichnet mehrere Teilnehmer als „Neonazis“. Nicht das einzige steile Framing, das viele Medien übernehmen: Mehrfach ist zu lesen, dass das Treffen nur wenige Kilometer von der Wannsee-Konferenz stattfand. War das Narrativ zu verlockend, oder wieso kam niemand auf die Idee, diese absurde Darstellung zu hinterfragen, zumal die Wannsee-Konferenz in Berlin und das angebliche „Geheimtreffen“ bei Potsdam, immerhin die Hauptstadt des Nachbarbundeslandes (!), stattfand?
Fielen die angeblichen Aussagen zur Ausbürgerung „nicht assimilierter Staatsbürger“ überhaupt, von denen Correctiv spricht oder ist die Version von Sellner und dem teilnehmenden Juristen Ulrich Vosgerau glaubwürdiger, wonach es sich um ein Falschzitat handeln könnte? Warum hinterfragt niemand, dass Correctiv zwar bei einigen Teilnehmern des Treffens nachhakte, dies aber ausgerechnet bei Sellner, der die Aussage getätigt haben soll, offenbar unterließ, obwohl man ihm im Artikel später inhaltliche Anleihen am NS-Madagaskarplan (!) unterstellen sollte? Warum bat man unter den Teilnehmern ebenso wenig die Vertreter der „Werte Union“ um Stellungnahme?
Strategische Planungs- und Kommunikationsfehler?
Allerdings muss man aber auch den Teilnehmern und ihrem Umfeld einige kritische Fragen stellen. Etwa: Wie kann es geschehen, dass man angeblich unter sich sein will, aber sich ein Correctiv-Reporter dennoch zur Undercover-Recherche in ein Zimmer einmieten kann? Warum sprach der Organisator (laut Correctiv-Artikel) mit dem Unbekannten überhaupt? Was hat es mit der kolportierten empfohlenen „Mindestspende“ von 5.000 Euro für eine Teilnahme als Hörer auf sich, und welchen elitären Eindruck hinterlässt das bei der oft weniger wohlhabenden Wählerschaft?
Welchen Zweck hatte es, dass zwar nicht alle parteiinternen AfD-Strömungen vertreten waren – aber zugleich einerseits Mitglieder der derzeit noch der CDU zugehörigen „WerteUnion“ und andererseits Aktivisten als Referenten, bei deren Gruppierungen man sich bislang nicht durchringen konnte, sie von der unseligen „Unvereinbarkeitsliste“ zu streichen? Und wenn diese Zusammensetzung vielleicht den Zweck hatte, den Konsens zum Remigrationsthema zu verbreitern, warum kommuniziert man dann nicht, dass schon die Teilnehmerliste das Narrativ vom „AfD-Geheimplan“ zerstören muss?
Von den Teilnehmern, die von Correctiv befragt wurden, äußerten sich mehrere nicht, andere distanzierten sich teilweise oder stellten kolportierte Inhalte in Abrede. Warum verzichtet man auf eine abgestimmte Kommunikationsstrategie? Warum ist der Medienanwalt des Vertrauens eines AfD-Politikers ein CDU-Mitglied, dessen Kanzlei ihre „robuste Mandatsausübung“ wider Journalisten auch gegen alternative Medien einsetzt und in der mit Ex-Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen eine Person tätig war, die in wenigen Tagen ein politischer Konkurrent sein könnte?
AfD-Verbot: Wird Sellner zum Sündenbock?
Warum trifft man sich bei solchen Veranstaltungen eigentlich im schicken Landhotel, statt an einem „weniger auffälligen“ Ort? Warum achtet man nicht sorgfältiger darauf, dass sich „lagerfremde“ Leute keinen Zugang erschleichen können? Was ist nun die Position des eigentlich für klaren Geist und strategisches Denken bekannten Sellner, wenn er Remigration „nicht assimilierter“ Staatsbürger in einem – nunmehr auch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk entdeckten – Sezession-Artikel vor Monaten andachte, dies beim Treffen in Brandenburg aber so nicht gesagt haben will?
Warum passiert eine solche offene Flanke gerade ihm, der nach Jahren von Repression, Medienlügen und irren Kontaktschuld-Konstrukten weiß, dass jedes seiner Worte auf die Goldwaage gelegt wird? Wie geht er mit dem Hinweis von Frank Franz („Die Heimat“) um, dass eine ähnliche Forderung im NPD-Verbotsverfahren zum zentralen Argument des Staatsapparats wurde? Könnten die angeblichen Sellner-Aussagen ins Zentrum eines solchen Verfahrens gegen die AfD rücken – und wie geht er mit der Belastung um, erneut als „Billardkugel“ gegen eine patriotische Partei eingesetzt zu werden?
Werden AfD-Akteure, die sich auf Zuruf bereits inhaltlich abgrenzen, ihm in diesem Fall die Stange halten oder ihn wie eine heiße Kartoffel fallen lassen? Freilich: Es besteht die Hoffnung, dass die Aufregung um das Treffen abklingt, und das Remigrationsthema zugleich in aller Munde bleibt. Aber würde jemand in diesem völlig aus den Fugen geratenen „freiesten deutschen Staat aller Zeiten“ ohne Bauchweh darauf wetten?
Zur Person:
Der studierte Sprachwissenschafter wurde 1988 in Innsbruck geboren und lebte sieben Jahre in Großbritannien. Vor kurzem verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ins malerische Innviertel, dessen Hügel, Wiesen und Wälder er gerne bewandert. Der Kenner alter Schriften und Kulturen schmökert leidenschaftlich in seiner ausgiebigen Bibliothek und ist passionierter Teetrinker und Käseliebhaber. Als ehemaliger Wachmann war der Freund harter Klänge schon immer um kein Wort verlegen. Seine Spezialität sind österreichische Innenpolitik sowie schonungsloser gesellschaftlicher Kommentar.