Wegen AfD-Erfolgen: Journalist fordert „massive“ Zuwanderung im Osten
Das Ergebnis der Landtagswahl in Thüringen – die AfD wurde zweitstärkste Partei – stößt nicht überall auf Gegenliebe. Insbesondere mehrere Leute aus der Medienbranche ereiferten sich ausgiebig darüber – einschließlich äußerst umstrittener Gedankengänge.
Erfurt. – Die Wahl im grünen Herzen Deutschlands ist geschlagen – und kein Stein bleibt auf dem anderen. Denn erstmals verfügen die beiden populistischen Parteien ‚Die Linke‘ und die AfD gemeinsam über die Mehrheit der Mandate. Während einige Kommentatoren noch am Wahlabend bestrebt waren, der Linksfraktion von Ministerpräsident Bodo Ramelow einen bürgerlichen Anstrich zu attestieren, war die Reaktion auf die Zugewinne der AfD von Björn Höcke ganz anders.
Zuwanderung „massiv und am besten ab sofort“
Unter den Wortmeldungen, welche besonders stark polarisierten, war ein Artikel des Zeit-Journalisten Christian Bangel. Dieser forderte in seinem Kommentar eine Zuwanderung für die neuen Bundesländer – „massiv und am besten ab sofort“. Dies könne Binnenmigration aus Städten oder den westlichen Bundesländern sein – aber auch „gezielte Migration aus dem Ausland“.
Nur auf diese Art und Wiese könnten die „bisherigen Verliererregionen […] stabile wirtschaftliche Strukturen“ aufbauen. Dort könne dann außerdem ein „Miteinander von Generationen, Milieus und Hautfarben“ entstehen, welche die AfD und deren vermeintliche „weiße Hoheitsfantasien […] lächerlich erscheinen“ lassen würden. Auf Twitter wiederholte er diese Forderung: „Der Osten muss besiedelt werden, massiv!“
Der Osten muss besiedelt werden, massiv. Es muss ein Skandal werden, dass manche Menschen mit Migrationshintergrund sich nicht hintrauen. Und vor allem darf die AfD nicht die geringste Machtperspektive bekommen. Meine Gedanken zu den Ostwahlen. #ltwth19https://t.co/ZgLrHVfEx7
— Christian Bangel (@christianbangel) October 27, 2019
Aussagen sorgen für heftigen Gegenwind
Dieser Wunsch sorgte bei vielen Twitter-Nutzern für Verärgerung und Befremdung – insbesondere bei patriotischen Stimmen. So bezeichnete etwa Philip Stein, Leiter der Bürgerinitiative EinProzent, die Fantasien Bangels als „Wahnsinn“ und zog dessen journalistische Ausrichtung in Zweifel.
Joana Cotar, Abgeordnete der AfD im Bundestag, sah sich dabei an Praktiken und Maßnahmen in der Sowjetunion erinnert und wunderte sich daher über die „merkwürdigen Vorbilder“ von Autor und Zeitung:
Die Methode kennen wir ja aus China und auch die Sowjetunion hat das seinerzeit in den annektierten Ländern so praktiziert. Merkwürdige Vorbilder, die Bangel und die Zeit da haben. Obwohl…. wenn man darüber nachdenkt, passt es eigentlich.
— Joana Cotar, MdB (@JoanaCotar) October 28, 2019
Andere Nutzer gingen sogar noch einen Schritt weiter und sahen gerade in der Kombination „besiedeln“ und „Osten“ gar einen historisch belasteten Vergleich zur NS-Siedlungspolitik. Selbst User, welche solche Assoziationen nicht bedienten und deren Twitter-Historie keinen Verdacht besonderer Sympathien mit der AfD vermuten lassen, äußerten sich ablehnend über die Aussagen.
Das gesammelte Kriegsgeschrei von Zeit & Zeitonline Redakteurinnen am heutigen Tag erinnert an Propagandablätter, gegen die sich das Neue Deutschlang als seriöse journalistische Publikation ausnimmt. Das zerstört Vertrauen in die Demokratie & treibt der AfD Wähler zu
— Veganes Reiten (@LACowboyX) October 28, 2019
NDR-Autorin will Thüringern „eine reinhauen“
Bangel war unterdessen nicht die einzige Person aus der deutschen Medienbranche, welcher mit einer streitbaren Reaktion auf das Wahlergebnis für Empörung sorgte. Jenny Kallenbrunnen, Autorin für den NDR und den Komiker Otto Waalkes und jedenfalls 2017 noch Redakteurin beim Stern, legte noch eine Schaufel drauf.
In einem mittlerweile gelöschten Tweet ließ sie Gewaltfantasien freien Lauf: Sie würde „bedenkenlos“ jedem fünften Menschen in Thüringen „einfach eine reinhauen“. Dass sie ihn wieder löschte dürfte eigenen Aussagen zufolge allerdings weniger mit ehrlicher Reue zu tun haben – sondern, dass „zu 90 Prozent Nazis“ diesen geteilt hätten. Für deren Timelines sei ihr Gesicht aber „sehr viel zu schön„.
Dachte ich mir, dass heute das große Löschen einsetzt… #ltwth19 pic.twitter.com/PoWs4oIEvp
— Emma Richter (@emrich_5933) October 28, 2019
Journalistin: Linke als „Partei der demokratischen Mitte“
Wiederum andere Personen des öffentlichen Lebens wie Zeit-Journalistin Jana Hensel ärgerten sich darüber, dass manche Beobachter die Linke und die AfD als Parteien abseits der ‚Mitte‘ charakterisierten. Wer dies täte, übernähme eine „konservative Erzählung“. Die Linkspartei sei in den neuen Bundesländern eine „Partei der demokratischen Mitte“, weswegen man aufhören solle, sie „an den Rand zu schieben“.
Wer das Thüringer Wahlergebnis als eines der Polarisierung beschreibt, weil dort die Linkspartei der AfD gegenübersteht, übernimmt eine konservative Erzählung. Die Linkspartei ist im Osten eine Partei der demokratischen Mitte. Hört auf sie, an den Rand zu schieben.
— Jana Hensel (@jana_hensel) October 27, 2019