Zensus 2022: Wie Migranten aus den Statistiken herausdefiniert werden
Beim Zensus werden die gesamte Bevölkerung und der gesamte Wohnungsbestand eines Landes erfasst und Informationen über die wichtigsten Merkmale gesammelt. Dazu gehören geografische, demografische, soziale und wirtschaftliche Merkmale sowie Haushalts- und Familienmerkmale.
Berlin. – Der Zensus in Deutschland erhebt regelmäßig, wie viele Menschen in Deutschland leben, wie sie wohnen und arbeiten. Die Daten dazu stammen überwiegend aus Verwaltungsregistern. Der Zensus 2022 ist in Deutschland eine registergestützte Volkszählung, die durch eine Stichprobe ergänzt und mit einer Gebäude- und Wohnungszählung kombiniert wird. Mit dem Zensus 2022 beteiligte sich Deutschland an einer EU-weiten Volkszählungsrunde, die seit 2011 alle zehn Jahre stattfinden soll. Dabei wurde auch das Thema Zuwanderung und Migration behandelt. Die Ergebnisse des Zensus 2022 zu diesem Thema sind allerdings nicht ohne weiteres mit den Daten des Zensus 2011 vergleichbar. Der Grund: Die Systematik hat sich geändert.
Wer Deutscher ist und wer nicht
Beim Zensus 2011 war die Frage nach dem Migrationshintergrund noch Teil der Befragung. Demnach lebten am 9. Mai 2011 rund 15,3 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland, was einem Bevölkerungsanteil von 19,2 Prozent entspricht. Bei der Volkszählung wurde der Migrationshintergrund anhand der Staatsangehörigkeit erhoben. Als Personen mit Migrationshintergrund galten damals neben Ausländern auch Deutsche, die nach 1955 zugewandert waren oder mindestens einen nach 1955 zugewanderten Elternteil hatten. Im Zensus 2022 wird nicht mehr nach dem Migrationshintergrund gefragt, sondern nach der Einwanderungsgeschichte, genauer nach den Zugewanderten und ihren Kindern. Das Konzept ist enger gefasst, so dass im Vergleich weniger Menschen eine Einwanderungsgeschichte (2022) als einen Migrationshintergrund (2011) haben werden.
Eine Einwanderungsgeschichte hat, wer selbst nach 1950 nach Deutschland gekommen ist oder wessen Eltern nach 1950 nach Deutschland gekommen sind. Erfasst wird das heutige Gebiet Deutschlands, also auch die ehemalige DDR. Personen ab der dritten Generation werden im neuen Konzept nicht als Nachkommen von Einwanderern erfasst. Damit soll der Fokus auf die Lebensgeschichte der Menschen gelegt werden, also darauf, dass sie zugewandert sind, und nicht auf ihre Staatsangehörigkeit. Der Zensus 2022 erfasst die Einwanderung allerdings nur bei den Eltern von Personen, die jünger als 19 Jahre sind. Wie der NDR berichtet, hat dies technische Gründe. Diese Erhebungsmethode führt dazu, dass 17-Jährige, die in Deutschland geboren sind, deren Eltern aber zum Beispiel aus Syrien eingewandert sind, nach dem Zensus 2022 eine Einwanderungsgeschichte haben. Wer aber 19 Jahre alt ist und den gleichen Hintergrund hat, hat keine Einwanderungsgeschichte. Im Zensus fehlen also viele Menschen, die tatsächlich eine Einwanderungsgeschichte haben. Hinzu kommt, dass Personen, die neben dem deutschen noch einen weiteren Pass besitzen, nach den aktuell veröffentlichten Zensuszahlen als Deutsche gelten.