Zum perfekten Partner durch KI?
Künstliche Intelligenz revolutioniert derzeit nicht nur viele Bereiche des Arbeitsmarkts, sondern ist auch beim Onlinedating Thema. Viele Menschen denken, dass sie dank KI den perfekten Partner fürs Leben finden können. Doch ist das wirklich so?
Immer mehr Menschen nutzen Dating-Plattformen, um beispielsweise den richtigen Partner und damit das große Liebesglück zu finden. Der rasante Fortschritt im Bereich der Künstlichen Intelligenz könnte das Onlinedating möglicherweise revolutionieren. Immerhin setzen Betreiber solcher Plattformen bereits jetzt Algorithmen ein, die im Hintergrund laufen und Ähnlichkeiten von Nutzern auswerten, um Suchenden passende Treffer zu liefern. Wie Matching-Algorithmen genau arbeiten, verraten die meisten Unternehmen nicht. Daraus, dass KI zum Einsatz kommt, machen sie wiederum auch kein Geheimnis.
Parship setzt Machine Learning ein
So gibt die Partnervermittlung Parship gegenüber FREILICH an, Künstliche Intelligenz in Form von Machine Learning einzusetzen, um etwa Fotos zu prüfen. Dadurch sollen unerwünschte Inhalte frühzeitig erkannt und Nutzer vor diesen geschützt werden. Das beginne bei der sogenannten No-Filter-Policy, die stark bearbeitete oder verfälschte Fotos erkennt, setze sich beim Erfassen von anstößigen Bildern oder diskriminierenden Profilinhalten fort und reiche bis zu Maßnahmen gegen Fake-Profile. Parship hat ein umfangreiches Monitoring-System entwickelt, das es ermöglicht, unseriöse Profile umgehend als solche zu identifizieren und darüber hinaus Muster sowie Scamming-Versuche schnell zu erkennen und auf sie zu reagieren.
Für den Matching-Prozess wird KI bei Parship allerdings nicht eingesetzt. „Dass ein Matching-Verfahren auf Künstlicher Intelligenz basiert, bedeutet nämlich nicht zwangsläufig, dass es erprobten psychologischen Verfahren überlegen ist“, erklärte eine Sprecherin gegenüber FREILICH. Aktuelle KI-Lösungen würden einfache Ähnlichkeiten nach Interessen und Hobbys vergleichen. Der Anspruch von Parship an ein Beziehungsprofil umfasse jedoch weitreichende psychologische Faktoren. „Unabhängig vom Matching-Verfahren wäre es falsch, als Dating-App den Eindruck zu erwecken, Singles könnten sich ihren Traumpartner regelrecht zusammenbauen und ‚bestellen‘“, so die Sprecherin weiter. Deshalb seien die Anforderungen an eine KI in der Dating-Branche auch besonders hoch.
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KI für den „unsichtbaren Schutz“ bei Tinder
Auch bei Tinder wird Machine Learning für „unsichbtaren Schutz“ eingesetzt, wie eine Sprecherin gegenüber FREILICH erklärte. Mithilfe solcher Systeme können Muster und Personen mit falschen Absichten identifiziert und schnell von der Plattform entfernt werden. Zudem bietet Tinder die sogenannten „Does This Bother You“- beziehungsweise „Are You Sure“-Funktionen, bei der Nutzer gefragt werden, ob es sie stört, wenn sie beispielsweise potenziell anstößige Nachrichten auf Tinder erhalten beziehungsweise ob sie sich sicher sind, eine Nachricht teilen zu wollen, die potenziell beleidigend oder unangebracht ist. Aufgrund dieser Funktionen wurde die Melderate um 46 Prozent erhöht beziehungsweise unangemessene Nachrichten um zehn Prozent gesenkt.
Erst kürzlich wurde das Thema KI in einer Umfrage für den Future of Dating Report von Tinder untersucht. In dieser hat die Gen Z, die die größte Mitgliedergruppe der Plattform darstellt und die sich aus Singles zwischen 18 und 25 zusammensetzt, gesagt, dass Technologie überflüssig ist, wenn sie nicht ein Bedürfnis erfüllt und befriedigt. Die Umfrage zeigt, dass diese junge Generation von Singles zwar begeistert von den Möglichkeiten ist, die KI mit sich bringen kann, doch wird dies nicht auf Kosten der Realität gehen. Viele der Befragten lassen sich zwar gerne von KI bei der Erstellung eines Dating-Profils helfen (34 Prozent), hat aber gleichzeitig wenig Interesse an generischen, automatisch ausgefüllten Profilen, denen es an der so hoch geschätzten Authentizität fehlt. Die meisten 18- bis 25-Jährigen sind sich aber einig, dass die KI als erster Impulsgeber hilfreich sein könnte, um die Hürde der Kontaktaufnahme zu überwinden, oder als Eisbrecher, um das Gespräch in Gang zu bringen.
Experten melden Zweifel an
Dass KI bald das perfekte Match liefern wird, bezweifeln viele Experten. Alleine deshalb, weil bei der Anziehung auch physische Faktoren wie genetische Gegensätzlichkeit eine Rolle spielen würden, erklärt etwa die Biologin Meike Stoverock gegenüber dem Standard. Auch der individuelle Geruch entscheide darüber, ob wir jemanden attraktiv finden. „Er zeigt an: Ist er oder sie gutes Paarungsmaterial?“ Wenn man auch der Suche nach einer romantischen Langzeitbeziehung ist, seien hingegen andere Faktoren wie Konfliktfähigkeit und emotionale Reife wichtig. „Die Frage ist, wie das von einer KI berücksichtigt werden könnte.“
Auch eine fünf Jahre alte Studie mit dem Titel Is Romantic Desire Predictable? lässt an einer Revolutionierung des Online-Dating zweifeln. Diese ergab nämlich, dass Charaktere von Personen nicht annähernd so wichtig sind wie die Beziehung, die sie zueinander aufbauen. Die Dynamik spielt offenbar eine größere Rolle für die Qualität einer Beziehung. Dazu gehören etwa gemeinsame Normen, Witze oder Erfahrungen. Dinge, die eine KI teilweise zwar erkennen, aber nicht vorhersehen kann. Liebe ist letztendlich also mehr als nur geteilte Interessen und mehr, als einander attraktiv zu finden. Erfahrung, Gestik, Mimik, Beziehung und Geruch spielen eine große Rolle. Hinzu kommt, dass bis zu einem gewissen Grad auch nicht erklärbar ist, was Menschen anziehend finden. Genau in dieser Unerklärbarkeit beziehungsweise Unberechenbarkeit liegen wohl auch die Grenzen der Künstlichen Intelligenz.