Andreas Karsten empfiehlt fünf Werke: „Bücher sind Spiegel des jeweiligen Lebensabschnitts“
Für viele gilt das Buch immer noch als Allheilmittel für alle Lebenslagen und Gemütszustände. FREILICH-Redakteur Mike Gutsing sagt: Mehr davon! Deshalb sammelt er für FREILICH in einer Sonderreihe die Lieblingsbücher verschiedener konservativer und rechter Akteure und lässt sie vorstellen. Heute stellt der ZUERST-Chefredakteur Andreas Karsten fünf Bücher vor.
Bücher können viele Funktionen einnehmen. Als trockenes Lehrmaterial im Klassen- oder Seminarraum, als Zeitvertreib in einem verspäteten öffentlichen Verkehrsmittel, als Quelle der Kraft in dunklen Stunden und bestenfalls als Inspiration für den Aufbruch zu neuen Taten. Sie sind aber auch immer ein Spiegel des jeweiligen Lebensabschnitts und ein jeder, der dazu neigt sie zu horten, wird sich bei einem Blick über die oftmals bestoßenen und angegilbten Buchrücken mal belustigt, mal leicht schamerfüllt, der Episoden erinnern, in denen man zu diesem oder jenem Druckerzeugnis griff.
Ich bin seit jeher ein komischer Leser. Werke, die sich innerhalb meines persönlichen Umfelds großer Beliebtheit erfreuen, verlieren allein dadurch für mich schnell ihren Reiz, weil sie mir als Modetitel langweilig erscheinen. Hinzu kommt, dass die Aktivität des Lesens für mich stets mit Anstrengung verbunden war und es bis heute geblieben ist. Ich schrecke daher vor Romanen eher zurück und greife in der Regel zu einer Form der Fachliteratur (und sei sie populärwissenschaftlicher Natur), weil diese einen höheren Ertrag verspricht. Dass in der folgenden Auflistung dennoch zwei Romane enthalten sind, spricht für den intrinsischen Mehrwert, den sie für mich bis heute genießen.
Die im Folgenden genannten Werke sollen weniger als „Top 5“ verstanden werden, für die mir der entsprechende Kriterienkatalog fehlte, sondern eher als spontane Schlaglichter, die mir beim Gang durch die mäßig geordnete Hausbibliothek in die Hände fielen.
Edwin Erich Dwinger – Die letzten Reiter
Bücher über die deutschen Freikorps dürften heute wohl in fast jedem Bücherschrank konservativer bis national gesinnter Leser zu finden sein. Das liegt einerseits am jugendlichen Kampfesmut, den sie bis heute verströmen, andererseits scheinen sie vielen als weniger belastet als Druckerzeugnisse aus späteren Jahren und somit auch für vorsichtige Gemüter vertretbar. Ein weniger bekanntes, aber absolut lohnendes Exemplar dieser Zwischenkriegslektüre ist der geniale Roman Die letzten Reiter. Edwin Erich Dwinger zog selbst als junger Kavallerist in den Ersten Weltkrieg und geriet später in russische Kriegsgefangenschaft.
Kaum ein anderer Autor konnte seine Protagonisten derart plastisch auferstehen lassen, wie Dwinger es tut. Auch rund hundert Jahre nach den beschriebenen Geschehnissen hat man den Eindruck, jeder der jungen Freikorpskämpfer könnte ein Freund aus eigenen Kindheitstagen oder ein Banknachbar vom lokalen Gymnasium sein. Trotz ihrer Jugend wirken die Romanfiguren mit ihren Pferden, Lanzen und alten Idealen selbst in ihrer Epoche deplatziert. Eine Erfahrung, die wohl viele junge Rechte nachvollziehen können.
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Ernst Rudorff – Heimatschutz
Dem guten Ernst Rudorff gilt das Verdienst, dass er mich für ein konservatives Verständnis von Ökologie sensibilisierte, Jahre bevor Jonas Schick diesem mit seiner Zeitschrift Die Kehre innerhalb der deutschen Rechten zu neuer Popularität verhalf. In seinem Büchlein Heimatschutz preist der Berliner Musikprofessor in den höchsten Tönen die Schönheit der deutschen Natur und des darin gewachsenen Kulturraums. Nicht nur dichte Wälder und herausstechende Naturdenkmäler scheinen ihm erhaltenswert, sondern auch eher unspektakuläre sanfte Hügel mit ihren Sträuchern, verschlungenen Feldwegen und gedrungenen Bauernhäuschen.
Mit mahnender Strenge wendet er sich gegen jeden Eingriff, in Form begradigter Straßen und Wasserwege. Selbst die Anfänge des Tourismus, wie wir ihn heute kennen, waren Rudorff ein Graus. Das wirkt mitunter etwas arg rückwärtsgewandt, schärft aber den Blick für die erhaltenswerte Schönheit unserer Heimat und zeigt einmal mehr die Abartigkeit grüner Klimaprojekte, für die gewachsene Landschaften hinter einer globalistischen Gesinnungsethik zurückstecken müssen.
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Jean Mabire – Berlin im Todeskampf 1945
Wer sich dieser Tage auf den Weg nach Berlin macht, dem gruselt es vielfach zu Recht. Das einstige preußische Juwel hat sich zu einem Moloch entwickelt, der zunehmend an das fiktive Gotham City aus der Batman-Reihe erinnert. Verbrechen, Elend und die Dekadenz einer zunehmend von der gesellschaftlichen Realität entkoppelten Elite liegen hier dicht beieinander. Wer ein positives Gespür für das alte Berlin bekommen will, ist auf historische Postkarten oder Schwarz-Weiß-Aufnahmen angewiesen.
Wer es jedoch in seiner dunkelsten Stunde erleben und ein Gefühl dafür bekommen möchte, welche Götterdämmerung sich Mitte des letzten Jahrhunderts über der Hauptstadt entlud, dem sei der historische Roman Berlin im Todeskampf 1945 von Jean Mabire ans Herz gelegt. Der Autor erzählt das Geschehen aus den Augen einer Gruppe französischer Freiwilliger. Abseits aller Ideologie ist es ein beeindruckendes Dokument menschlichen Durchhaltewillens und des Glaubens an eine Zukunft ohne Fremdbestimmung. Ihr unbändiger Glauben an ein besseres Europa war diesen Männern, frei nach J.R.R. Tolkien, ein Licht an dunklen Orten, auch wenn alle anderen Lichter ausgehen.
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Erving Goffman – Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag
Die Soziologie hat in Zeiten von Genderschwachsinn und gesellschaftspolitischen Binsenweisheiten einen schlechten Ruf, was durchaus schade ist. Die Weichenstellung von der altehrwürdigen Wissenschaft hin zur antideutschen Ideologiewerkstatt kam hierzulande in den 1950er-Jahren mit den zweifelhaften akademischen Reimporten, die ihre Kräfte in der Frankfurter Schule bündelten. Zur gleichen Zeit wurde auf der anderen Seite des Atlantiks wichtige Grundlagenforschung betrieben, die noch ohne Schuldkult und Verleugnung des Eigenen auskam. Wie kein anderer verstand es der US-Professor Erving Goffman, grundlegende Fragen des menschlichen Zusammenlebens messerscharf zu analysieren und anschließend in einem populärwissenschaftlichen Format anschaulich zu machen.
In Wir alle spielen Theater legt der Soziologe eindrücklich dar, dass die soziale Welt nichts anderes als eine Bühne ist. Jeder erschafft ein bestimmtes Bild, eine Marke, von sich und versucht dieses durch Sprache, Gestik, Mimik und andere Formen der Außendarstellung seiner Umwelt glaubhaft zu machen. Mitunter glaubt man von sich sogar selbst, dass man genau diese Figur ist. In Zeiten, in denen das Image vieler Menschen vor allem durch einen bis ins Detail durch Inszenierten Online-Auftritt geprägt wird, sind Goffmans Ausführungen überzeugender denn je.
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Norbert Elias, John L. Scotson – Etablierte und Außenseiter
Es hat sich über die Jahre immer wieder gezeigt, wie gewinnbringend es sein kann, über den weltanschaulichen Tellerrand hinauszublicken und bei der Lektüre von rechter Seite eher geschmähter Autoren, eigenes und fremdes Denken kritisch zu prüfen. Dabei warten zwischen den Zeilen nicht selten erstaunliche Erkenntnisse. So schätze ich bis heute die mitunter kluge Kritik westlicher Massengesellschaften, die Theodor W. Adorno in seiner Aphorismensammlung „Minima Moralia“ zu Papier brachte. Besonders beeindruckt hat mich in dieser Hinsicht aber die Studie Etablierte und Außenseiter von Norbert Elias und John L. Scotson.
Die Soziologen untersuchten Ende der 1950er-Jahre eine britische Kleinstadt, in der es infolge des Zweiten Weltkrieges zu einem Zuzug von Arbeitern aus London und umliegenden Bezirken kam. Schnell entstanden in der kleinen Gemeinde Konflikte, die die Forscher en détail sezieren. Sie selbst führen die sozialen Spannungen auf unterschiedliche Machtpotentiale zurück. Eine Argumentation, die in der heutigen Debatte um vermeintlich marginalisierte Gruppen ihre Fortführung findet. Interessant war für mich aber etwas ganz anderes: Die Autoren zeichnen meisterhaft nach, welche Reibungspunkte schon die räumliche Zusammenführung ethnisch, kulturell und sozial weitgehend homogener Menschen erzeugt. Damit verweisen sie, freilich ungewollt, die Multikulti-Ideologie vom glücklichen Schmelztiegel wahllos zusammengewürfelter Menschen ins Reich der Utopie.
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Zur Person:
Andreas Karsten ist Chefredakteur der monatlichen Zeitschrift ZUERST.
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