Aprilscherze: Wenn einen die Welt zum Narren hält
Alljährlich zum 1. April hoffen wir, dass uns diesmal keine Freunde „in den April schicken“. Welche Wurzeln hat der Brauch, dem sich mittlerweile sogar große Unternehmen anschließen, eigentlich?
Es ist der eine Tag im Jahr, wo man sich sicher sein kann: Mindestens eine Meldung in den meisten großen Zeitungen ist eine Ente, die aufgrund ihrer Absurdität nicht allzu schwer als solche zu entlarven ist. So behauptete der Standard im Jahr 2002 etwa, dass die beiden bitter rivalisierenden Wiener Fußballclubs Austria und Rapid zur Folgesaison fusionieren würden. In Großbritannien wird auf diese Art einmal im Jahr zum Schein der Rechtsverkehr eingeführt.
Durch europäische Auswanderer auch nach Amerika
Zweifelsfrei belegt ist die Tradition des Aprilscherzes erstmals im Jahr 1618 – in der Redensart „in den April schicken“, und zwar in Bayern. Früher waren vor allem Dienstboten und Lehrlinge die Leidtragenden des Schabernacks. Den Fantasien für Streiche an diesem Tag sind keine Grenzen gesetzt. Aufgelöst wird der Ulk meist mit den Worten „April, April!“
Durch die zunehmende Verbreitung des Brauches kam dieser mit europäischen Auswanderern auch nach Amerika – und dient insbesondere für die großen Technologiekonzerne als Steilauflage, unhandliche, vermeintliche Veränderungen für Nutzer ihrer Plattform anzukündigen – welche dann selbstredend nicht eintreten.
Unklare Herkunft des Brauches
Woher der Brauch kommt, dazu gibt es die unterschiedlichsten Theorien. Sie reichen von jahreszeitlichen Erklärungen wie dem als wankelmütig geltenden Aprilwetter bis hin zu historischen Begebenheiten. Letztere verlegen den Ursprung bisweilen in verschiedenste europäische Länder.
Eine Variante sieht etwa das Ausbleiben einer vom Augsburger Reichstag für den 1. April 1530 geplanten Münzreform und den folgenden Spott über Spekulanten als Ausgang. Eine schlecht kommunizierte französische Kalenderreform im Jahr 1564 oder eine vernichtende Niederlage der Spanier in den Niederlanden 1572 gelten als ebenso plausibel.
Möglicher Ursprung in der Antike
Eine theologische Herangehensweise liefert unterdessen Manfred Becker-Huberti, ehemaliger Pressesprecher des Erzbistums Köln (1991-2006). Er erinnert an Vorstellungen von besonders unglücklichen Tagen bereits in der Antike – und liefert einen Beleg, dass dies auch für den Aprilbeginn der Fall gewesen sein soll.
Oft näher an der Realität als beabsichtigt
Das erste Vorkommen eines Aprilscherzes in einer Zeitung datiert übrigens bereits auf das Jahr 1774. Der Inhalt damals: Man könne Hühner dazu bringen, bereits farbige Ostereier zu legen – indem man die Umgebung entsprechend anstreiche. Auch sie selbst könne man in verschiedenen Farben züchten – mittlerweile freilich längst Realität.
In Einzelfällen können Aprilscherze – insbesondere medialer Natur – sogar die Realität direkt beeinflussen. Eine humoröse Erwähnung eines Stadionausbaus in Basel für die Fußball-EM 2008 im Radio nahm der dortige Fußballclub zum Auftrag – in der Folge kam es tatsächlich zu einer Aufstockung um über 10.000 Sitze.
Warum kein Tagesstimme-Aprilscherz?
Trotz des hohen Alters des medialen Scherzes haben wir uns dennoch entschieden darauf zu verzichten – manche tatsächlichen Schlagzeilen im Laufe eines Jahres sind bereits absurd genug. Unter den diesbezüglichen Vorschlägen innerhalb der Redaktion rangierte die Schlagzeile „Wegen Identitären-Kontakten: FPÖ prüft Selbstauflösung“ allerdings ziemlich weit oben.