Babiš: Sudetendeutscher Tag in Tschechien wäre „Provokation“
Mit der Ankündigung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), man wolle irgendwann einen Sudetendeutschen Tag in Tschechien abhalten, hat man im östlichen Nachbarland keine Freude.
Regensburg/Prag. – Wie der ORF am Montag berichtet, geht Ministerpräsident Andrej Babiš von der liberal-populistischen ANO mit diesem Vorschlag nicht konform. Der Parteigründer und bekannte Unternehmer bezeichnete eine allfällige Umsetzung des Vorstoßes als „nicht zu akzeptierende Provokation“. Auch tschechische Sozialdemokraten und Konservative kritisierten die Äußerungen.
Seehofer träumt von Sudetendeutschem Tag in Tschechien
Babiš bezog sich auf eine Festrede des deutschen Bundesinnenministers Horst Seehofer (CSU) bei der Veranstaltung im oberpfälzischen Regensburg. Dieser lobte dort die Entwicklung der gegenseitigen Beziehungen hin zu einer Normalisierung. Unter anderem nahm 2016 erstmals ein tschechischer Kulturminister teil und drückte das Bedauern über die einstige Vertreibung in einer Rede aus.
„Abgerundet“, so Seehofer unter großem Applaus, sei der Aussöhnungsprozess allerdings erst, wenn „wir mal einen Sudetendeutschen Tag in Tschechien begehen“. Damit erinnert er an die ursprünglich böhmische Heimat der einst etwa drei Millionen Heimatvertriebenen mit deutscher Muttersprache.
Sudetendeutscher Tag: Traditionsreiche Veranstaltung
Der Sudetendeutsche Tag findet seit 1950 immer am Pfingstwochende in wechselnden Städten im deutschsprachigen Raum statt, am häufigsten in Augsburg und Nürnberg. Stets kommen zehntausende Besucher, auch die Politik gibt sich ein Stelldichein. Regensburg kam in diesem Jahr erstmals zum Zug, das diesjährige Motto lautete „Ja zur Heimat im Herzen Europas“.
Die Veranstaltung kennt zahlreiche heimatliche Elemente. So findet alljährlich ein Volkstumsabend und ein Volkstanzfest statt, ebenso ein böhmisches Dorffest am Pfingstsamstag. Den Abschluss am wichtigen Pfingstsonntag machen Messe und Hauptkundgebung sowie Treffen an nach Heimatlandschaften und Heimatkreisen aufgeteilten Messeständen.
Ohne Entschädigung enteignet: Aussöhnung schleppend
Die Vertreibung von mindestens 2,9 Millionen Sudetendeutschen nach dem Krieg fußte auf der Einführung der 143 präsidialen sogenannten Beneš-Dekrete. Diese erklärten den Löwenanteil der deutschen Minderheit in Böhmen und Mähren über Nacht zu Staatsfeinden. Ihr Besitz wurde beschlagnahmt, ihre Dörfer oftmals entvölkert. Die meisten von ihnen flohen nach Bayern, nur etwa 220.000 Böhmendeutsche konnten seinerzeit in der damaligen Tschechoslowakei bleiben.
Historiker streiten seitdem darüber, ob das Vorgehen als Völkermord einzustufen sei. Und rein formell sind die völkerrechtlich höchst umstrittenen Bestimmungen auch weiter in Kraft, werden aber aktuell nicht mehr durchgesetzt. Die Aussöhnung verläuft schleppend, wobei die Volksgruppen mittlerweile langsam aufeinander zugehen. Etwa bei der Restauration einer 600 Jahre alten Kirche im grenznahen Zuggers – Die Tagesstimme berichtete.