Manhunt: Unabomber – Briefbomben gegen den Fortschritt
Zwischen den Jahren 1978 und 1995 wurden in den USA drei Menschen durch Briefbomben getötet und 23 weitere verletzt. Täter war der sogenannte Unabomber, der vor allem die Veröffentlichung seines Manifest „Die industrielle Gesellschaft und ihre Zukunft“ erzwingen wollte. Auf Netflix gibt es jetzt die passende Serie, die sich diesem Fall annimmt – Manhunt: Unabomber.
Eine Besprechung von Tano Gerke.
Unter bürgerlichem Namen ist der Unabomber (University and Airline Bomber) als Theodor ,Ted‘ Kaczynski bekannt. Er lebte zurückgezogen in den Bergen von Montana in einer Holzhütte, ganz ohne fließend Wasser und Strom. Abgeschottet von Zivilisation und menschlichen Bindungen bastelte Ted dort seine Bomben und verfasste sein fortschrittsfeindliches Manifest. Der als hochintelligent und Genie bekannte junge Ted wurde jedoch nicht in die Abgeschiedenheit getrieben, sondern wählte den Bruch mit der Gesellschaft selbst. Im Jahr 1967 erhielt Ted für seine Promotion noch die Auszeichnung als bester Mathematiker seines Instituts (Universität Berkeley). Eine große Karriere als Professor der Mathematik wurde ihm vorausgesagt, doch er wandte sich ab, von seinem Institut, von seiner Familie und vor allem von der industrialisierten, modernen Gesellschaft.
„Das System ist nicht in der Lage, menschliche Bedürfnisse zu befriedigen. Vielmehr muß das menschliche Verhalten den Bedürfnissen des Systems angepaßt werden.“ T.K.
Der Kampf gegen die industrailisierte Gesellschaft
In der Serie Manhunt: Unabomber wird der Fall aus Sicht eines jungen, aufstrebenden Polizisten erzählt, der all seinen Kollegen methodisch meilenweit voraus ist. Dabei kommt die klassische Polizeiarbeit nicht gut weg, sie ist starr und festgefahren in veralteten Denkmustern und deshalb nicht in der Lage den Unabomber zu fassen. Nicht so jedoch der motivierte Jim Fitzgerald, der über die Methode der vergleichenden Linguistik das Manifest zu entschlüsseln versucht, um das Ideologem des Verfassers herauszuarbeiten. So entwickelt sich die Serie zu einem Duell zwischen Jim und Ted, die beide versuchen, dem anderen einen Schritt voraus zu sein. Zugleich sympathisiert Jim aber auch mehr und mehr mit den Inhalten des Manifests, sodass dieses unmittelbare Auswirkung auf sein Leben hat. Auch er wendet sich von seiner Familie ab und lebt letztlich einsam im Wald.
Der Zuschauer wird geführt und empfindet den Prozess der Industrialisierung und die moderne Welt wie ein Gefängnis, dass das Individuum vernichtet. Stimmungsmäßig befindet sich die von Einzelschicksalen geprägte Serie in einem Spannungfeld zwischen Mitleid mit den Opfer der Attentate und Sympathie mit den Ideen Teds. Auch in Anbetracht des faktischen Terrors gegenüber Unschuldigen überwiegt die Sympathie mit einem Lebensstil, der die industrielle Gesellschaft verneint.
„Der Grad der persönlichen Freiheit, der in einer Gesellschaft vorhanden ist, wird eher durch die wirtschaftliche und technologische Struktur dieser Gesellschaft festgelegt als durch ihre Gesetze und die Art ihrer Regierung.“ T.K.
Kritik an der New-Left-Bewegung
Unabhängig von der Serie lohnt sich ein Blick in das anarcho-libertäre Manifest von Ted Kaczynski. Vieles dreht sich um das Thema Freiheit, die in der modernen Lebenswelt nicht mehr zu finden ist. Zugleich ist das ganze System dem menschlichen Leben gegenüber unwürdig, da es dem Menschen eine falsche Lebensweise aufzwingt. Neben einer Fortschrittskritik ist vor allem die Kritk an der “New-Left” interessant, die seiner Zeit weit voraus ist:
Trailer zur Serie: