Rezension: Bürger zweier Welten – Ein libertärer Gegenentwurf
Erstmals erschien im neurechten Antaios-Verlag ein Buch eines libertären Autors. Er entwirft ein konkretes Verfassungskonzept als Gegenentwurf gegen die wohlbekannte staatliche Ordnung. Lohnt sich der Blick über den staatlichen Tellerrand?
Rezension von Tino Taffanek
Mit dem Titel „Bürger zweier Welten – Ein libertärer Entwurf“ erschien im traditionell neurechten Verlag Antaios erstmals ein Werk eines libertären Autors. Viele libertäre Schriften bleiben bei Aufzählungen staatlicher Übel oder Kritik am Etatismus stehen. Peter J. Preusse legt hier nach einer allgemeinen Einleitung jedoch einen konkreten Verfassungsentwurf für eine herrschafts- und staatsfreie Gesellschaft vor. Diese Konkretisierung gab laut der Beschreibung des Verlags den Ausschlag, erstmal ein libertäres Werk zu verlegen.
Gemeinschaft
Ausgehend von der direkten Abstammungsgemeinschaft, über die Kern- und Großfamilie bis hin zur griechischen Polis entwickelt Preusse sein Konzept der Gemeinschaft. Deren Grundsätze seien die gegenseitige Affirmation von geteilten Werten der Gemeinschaft, sowie die Abwesenheit von ökonomischer Arbeitsteilung oder Tauschgeschäften. Vielmehr funktioniere die urwüchsige Gemeinschaft nach dem Schema jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen.
Gesellschaft
Als Gegenpol zur persönlich gebunden Gemeinschaft wird von Preusse dann freilich nicht der Staat – in welcher Form auch immer – ins Spiel gebracht, sondern die Gesellschaft. Und zwar als Form der Marktgesellschaft, deren zentrales Element der Handel als Austausch unter Fremden ist. Die Gesellschaft stellt sich also durch die Einsicht des Homo oeconomicus ein, die Kooperation mit Fremden biete Vorteile gegenüber dem Kampf gegen diese. Weitergedacht bis in die Neuzeit wird dabei auch das Rechtswesen zur Handelsware.
Bürger zweier Welten
Als Bürger zweier Welten lebt man heutzutage aber in beiden schematisch umrissenen Sphären. Beide als urwüchsige und normale Formen des Daseins gesehen als das richtige Leben. Doch auch in diesem Fall gibt es kein richtiges Leben im falschen, wobei das Falsche diesmal der Staat ist. Er hält den Menschen in Gefangenschaft illegitimer Herrschaft, macht Vorschriften und schränkt das freie Wirtschaftsleben ein.
Verfassung
Hier kommt nun der auf der Ethik des Eigentums beruhende Verfassungsentwurf ins Spiel. Deren zentraler Punk ist das komplette Fehlen eines autonomen öffentlichen Sektors. Sämtliche Entscheidung werden per direkter Abstimmung getroffen. Die einzige permanente Organisation in Preuss‘ Entwurf ist der sogenannte Verfassungsfilter, der direkt gewählt wird und über die Statthaftigkeit der abzustimmenden Anträge entscheidet. Da die Wahrung der Eigentumsrechte das zentrale Prinzip dieser Verfassung ist, werden Abstimmungen je nach Gebiet durch Personenmehrheit oder Mehrheit an für das Gemeinwohl aufgebrachte Mittel entschieden.
Strich durch die Rechnung
Ausgehend vom hier verwendeten Gemeinschaftsbegriff könnte man auch zu einer tribalistischen Philosophie gelangen, wie der US-amerikanische Autor Jack Donovan. Überzeugt von den positiven Auswirkungen des Marktes und den Entscheidungen des Homo oeconomicus gelangt Preuss hier jedoch zu ganz anderen Ideen, die ohne Hierarchien und Herrschaft auskommen. Wer sich darauf einlassen kann, erhält einen durchaus interessanten Entwurf für einen Staat, der keiner ist. Ich glaube dennoch, dass sowohl der Bedarf nach Institutionen des Mängelwesens Mensch, sowie der Drang nach etwas Substanziellerem zu streben, als es eine am Homo oeconomicus ausgerichtete Welt bieten kann, solchen Entwürfen immer einen Strich durch die Rechnung machen wird. Der Blick über den Tellerrand ist dennoch zu empfehlen.
Peter J. Preusse – Bürger zweier Welten: kaplaken-Band 59, 2018, 96 Seiten gebunden.