CETA: Nationalrat beschließt umstrittenes Freihandelsabkommen
Mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien ÖVP, FPÖ sowie der NEOS passierte der europäisch-kanadische Freihandelspakt CETA am Mittwoch den österreichischen Nationalrat. Die übrigen Oppositionsparteien kritisierten den Beschluss scharf.
Bereits vor einigen Wochen folgten auf eine entsprechende Einigung des Ministerrats auf das Abkommen teils heftige Reaktionen. Die aktionistische NGO Greenpeace sorgte damals durch eine symbolische „Verriegelung“ des Bundeskanzleramtes für einiges Aufsehen – Die Tagesstimme berichtete. SPÖ-Klubobmann Schieder bezeichnete die Zustimmung der freiheitlichen Regierungsmitglieder bereits damals als „Umfaller“.
SPÖ und Liste Pilz: „Verrat“ und „Knebelvertrag“
Auch diesmal betätigten sich die Sozialdemokraten wieder als Wortführer, um die bevorstehende Ratifizierung zu kritisieren. Insbesondere führten sie dabei erneut die frühere Ablehnung der Freiheitlichen ins Feld. Diese hatte sich noch im Wahlkampf für eine verpflichtende Volksabstimmung als Bedingung für eine allfällige Zustimmung ausgesprochen. Im Zuge der Koalitionsverhandlungen rückte sie jedoch allmählich von diesem Standpunkt ab.
Diese einstige Forderung griffen nun eine große Anzahl roter Mandatare auf. Sie hielten im Plenum entsprechende Plaketten in die Luft. Der SPÖ-Abgeordnete Jörg Leichtfried sprach im Hinblick auf die freiheitliche Kehrtwende zum Thema von einem „Verrat am gerechten Österreich“ und insbesondere an deren eigenen Wähler. Die Sozialdemokratie stehe zwar für einen freien Handel, sehe beim vorliegenden Pakt allerdings vornehmlich Vorteile für große Konzerne. Ähnlich Bruno Rossmann von der Liste Pilz: Es handle sich bei CETA vielmehr um einen „Knebelvertrag“.
VP-Schramböck: CETA positiv für Wirtschaftsstandort
Damit spielte der Neo-Klubobmann der Partei insbesondere auf die vermeintliche Beinhaltung umstrittener Schiedsgerichte. Kein Verständnis für deartige Wortmeldungen hatte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). Sie erwähnte, dass sich das Abkommen wegen der Bedeutung Kanadas für die heimischen Exporte positiv auf den Wirtschaftsstandort Österreich auswirke.
Außerdem seien die „Schreckgespenster Schiedsgerichte“ in der überarbeiteten Fassung des Handelspakts kein Thema mehr. Diese wurden mittlerweile durch sogenannte „Investitionsgerichte“ ersetzt. Je ein Drittel der auf fünf Jahre bestellten Richter werden künftig von Kanada und Europa ausgewählt, den Rest stellen Unabhängige. Diese Gerichtsbarkeit setzt den Plänen zufolge außerdem auf Transparenz und Berufungsmöglichkeiten. Mitglieder sind außerdem strengen Ethik- und Unvereinbarkeitsregeln unterworfen.
Vizekanzler Strache: „Giftzähne gezogen“
Die FPÖ kritisierte währenddessen die SPÖ, ihren Standpunkt zum Freihandelsabkommen maßgeblich geändert zu haben. Tatsächlich bezeichnete ex-Kanzler Christian Kern noch im Jahr 2016 CETA als das „beste Abkommen, das die EU je verhandelt“ habe. Vizekanzler Heinz-Christian Strache verwies in diesem Zusammenhang ebenfalls auf die vermeintliche Abschwächung des Paktes, diesem seinen inzwischen „die Giftzähne gezogen“ worden.
Dass man sich nicht wie früher auf eine Volksabstimmung verständigte, rechtfertigte er erneut damit, dass andernfalls die gegenwärtige Koalition nicht zustande gekommen wäre. Bereits vor einigen Wochen verwies der FP-Chef darauf, dass CETA wohl auch unter einer rot-schwarzen Regierung gekommen wäre. Für den nunmehrigen Regierungspartner ÖVP sei die Zustimmung zum Handelspakt, so Strache bereits im Mai, stets eine „rote Linie“ gewesen.
NEOS-Gamon: „Populistische Reden“ bei SPÖ
Als einzige Oppositionspartei befürworteten die wirtschaftsliberalen NEOS die parlamentarische Ratifizierung des Paktes. Bei der SPÖ ortete sie hingegen „populistische Reden“. Deren Ablehnung stelle einen „Kniefall“ vor Lobbyisten dar, welche die Handespolitik „in die Steinzeit“ zurückbefordern wollten, so die NEOS-Abgeordnete und WU-Absolventin Claudia Gamon.
Als letzter Schritt muss nun noch Bundespräsident Alexander van der Bellen das Abkommen mit seiner Unterschrift absegnen. Da dieser sich bereits 2016 Präsidentenamt vermeintlich als CETA-Befürworter outete, gehen Regierungsvertreter von einem Formalakt aus. Kern urgierte das Staatsoberhaupt allerdings kürzlich, seine Unterschrift zu verweigern und berief sich dabei ebenfalls auf Aussagen aus dessen Wahlkampf.