Der Kurz-Sturz – Ein lachendes und ein weinendes Auge

Bei aller berechtigten Schadenfreude, die in der FPÖ herrscht, das politische Waterloo des Herrn Kurz ist auch für die Freiheitlichen kein Grund zum Jubeln. Es zeigt einmal mehr, wer in Österreich tatsächlich das Sagen hat, wie mächtig der tiefe linke Staat ist und dass jeder nicht-linke Politiker, egal wie viel Rückhalt er in der Bevölkerung genießt, ab einer gewissen Flughöhe abgeschossen wird.
Werner Reichel
Kommentar von
9.10.2021
/
4 Minuten Lesezeit
Der Kurz-Sturz – Ein lachendes und ein weinendes Auge

Bei aller berechtigten Schadenfreude, die in der FPÖ herrscht, das politische Waterloo des Herrn Kurz ist auch für die Freiheitlichen kein Grund zum Jubeln. Es zeigt einmal mehr, wer in Österreich tatsächlich das Sagen hat, wie mächtig der tiefe linke Staat ist und dass jeder nicht-linke Politiker, egal wie viel Rückhalt er in der Bevölkerung genießt, ab einer gewissen Flughöhe abgeschossen wird.

Nicht der Bürger an der Wahlurne, sondern ein Netzwerk von Menschen und Gruppen, die durch die gleichen politischen Interessen und Ziele verbunden sind und alle relevanten Bereiche der Gesellschaft durchdrungen haben, bestimmen die Geschicke dieses Landes. Das hat die Ibiza-Falle deutlich gemacht, das zeigen aber auch die aktuellen Ereignisse. Nicht weil die Vorwürfe gegen Kurz und sein Umfeld nicht stimmen würden bzw. können, sondern weil die Justiz mit bürgerlichen und rechten Politikern anders verfährt als mit linken, andere Maßstäbe anlegt, aktiv und gezielt in diesem politischen Spektrum mit oftmals zweifelhaften Methoden nach Verfehlungen sucht, während man bei der linken Reichshälfte selbst dann untätig bleibt, wenn die Missstände zum Himmel stinken.

Kurz agiert plan- und hilflos

Bei der Wahl der Mittel ist man bei diesem politisch motivierten Vorgehen nicht zimperlich. Im Fall von Strache bzw. der FPÖ griff man dabei sogar auf die Halbwelt mit besten Kontakten zur Balkanmafia zurück. Bei Kurz und seinem Umfeld war das nicht notwendig. Kurz hat seinerzeit die FPÖ verraten, ob aus strategischen, machtpolitischen Überlegungen oder nur aus Feigheit heraus, ist unerheblich. Es war mies und es war nicht besonders klug, wie Kurz nun schmerzhaft feststellen muss. Dass viele – Freund und Feind – Kurz und seine Truppe maßlos überschätzt haben, zeigt sich jetzt: Er ist mit der aktuellen Situation überfordert, agiert plan- und hilflos, die Verteidigungslinie ist erbärmlich.

Dabei war es von Anfang an klar, dass Kurz nach Strache das nächste Ziel der linken Jagdgesellschaft sein würde. Erst wenn der offizielle und der tiefe Staat wieder mehr oder weniger deckungsgleich sind, wird auch in Teilen der Justiz, den Medien und der „Zivilgesellschaft“ wieder Zufriedenheit und Ruhe einkehren. Sollte es zu Neuwahlen kommen und die FPÖ gut im Rennen liegen, werden verlässlich alte Liederbücher, aus dem Zusammenhang gerissene Aussagen oder belastende Chatnachrichten im Falter und ORF auftauchen, schließlich haben sich die WKStA und die mit ihr „kooperierenden“ Medien in den vergangenen Monaten bei den zahlreichen Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen für die nächsten Jahre mit Munition eingedeckt.

Linke Doppelmoral

Wer auch immer von der FPÖ , aber auch den konservativeren Teilen der ÖVP zu erfolgreich, sprich zu gefährlich wird, kann quasi per Knopfdruck ausgeschaltet werden. Irgendetwas findet sich immer, selbst wenn man ein bisschen nachhelfen, framen, übertreiben, auslassen, Aussagen aus dem Zusammenhang reißen muss oder sich die Vorwürfe nach einer Wahl in Luft auflösen, aber dann ist es ohnehin zu spät.

Die Kurz-ÖVP aber auch einige in der FPÖ haben den Fehler begangen, zu glauben, dass sie bei diesem Spiel, bei dem der politische Gegner und seine Handlanger die Regeln bestimmen, mithalten oder sogar gewinnen können. Das ist absurd. Man darf nicht mitspielen, sondern muss die Regeln ändern.

Das zeigt sich auch u.a. daran, dass die Wiener SPÖ seit vielen Jahren mehr oder weniger offiziell sich das Wohlwollen der Medien mit riesigen Summen an Steuergeldern erkauft. Das ist selbstverständlich, wird allgemein akzeptiert, das haben „Falter“, ORF oder „Profil“ nie thematisiert oder problematisiert, und die Justiz interessiert sich selbst dann nicht dafür, wenn es konkrete Vorwürfe und Anzeigen, wie seinerzeit gegen Werner Faymann, gibt. Die Roten dürfen das.

Das Wiener Rathaus und sein Firmennetzwerk hat allein im zweiten Quartal dieses Jahres über zehn Millionen Euro für Werbung verbraten. Das rote Wien gibt in der Regel mehr für Inserate und Werbespots aus als alle anderen Bundesländer zusammen. Bei diesem System braucht es keine Scheinrechnungen, keine geheime Absprachen und Mauscheleien, das funktioniert von allein, weil jeder im linken Sumpf weiß, was er zu tun hat und wie das System funktioniert. Unter solchen Bedingungen kann man sich sogar einen 500 Millionen Euro schweren Skandal gönnen – das KH Nord –, ohne dass das irgendwelche rechtlichen oder sonstigen Konsequenzen für die politischen Verantwortlichen hätte. Statt Knast gibt es in einem solchen Fall gute Jobs in der staatsnahen Wirtschaft.

Werbeverbot für die öffentliche Hand

Es herrscht keine Waffengleichheit zwischen den Parteien. Die Grünen haben es nicht einmal notwendig, Inserate zu schalten, um sich das Wohlwollen der Medien zu sichern, das haben sie, dank der von Linken durchsetzen Medienlandschaft uneingeschränkt. Diese Schräglage können weder hohe Werbeausgaben noch irgendwelche windigen oder gar kriminellen Deals ausgleichen.

Einzige Möglichkeit für rechte und bürgerliche Parteien ist es, in diesem Bereich ab- statt aufzurüsten, sprich ein gesetzlich verankertes Werbeverbot für die öffentliche Hand umzusetzen bzw. die öffentlichen Werbeausgaben auf ein absolutes Minimum einzuschränken.

Dies würde nicht nur das Budget entlasten, sondern auch linken Haltungsmedien wie dem „Falter“ die finanziellen Grundlagen entziehen. Rechte und alternative Medien wären von einer solchen Gesetzesänderung nicht betroffen, sie bekommen ohnehin so gut wie keine Werbegelder von staatlichen oder staatsnahen Stellen und Institutionen.

Man hätte auch gemeinsam mit der FPÖ den ORF reformieren, sprich deutlich verkleinern können, wie das etwa Dänemark oder Israel mit ihrem öffentlich-rechtlichen Rundfunk getan haben. All das hat man aufgrund von Naivität und Selbstüberschätzung verabsäumt, Kurz hat die vielen Möglichkeiten, die sich mit der türkis-blauen Koalition aufgetan haben, nicht genutzt und sich stattdessen mit seinem größten Feind, den Grünen, ins Bett gelegt.

Jetzt bekommt Kurz die Rechnung präsentiert. Das ist gut so. Trotzdem: Der Gegner meines Gegners ist nicht automatisch mein Freund, sondern in der Regel ebenfalls mein Gegner.

„Der schwarze Faden“ von Hans-Jörg Jenewein, FREILICH Medien, Graz 2021, 200 Seiten, 19,90 € erscheint demnächst!

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Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Werner Reichel

Werner Reichel

Werner Reichel war rund 20 Jahre im Rundfunk tätig, unter anderem als Programmchef und Geschäftsführer mehrerer Radiosender sowie als Lektor an der FH Wien. Er ist Autor und Verleger.

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