Gedicht im AfD-Programm: Grünen-Politiker sieht Verharmlosung der NS-Zeit
Der Thüringer Grünen-Politiker Bernhard Stengele hat Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen Björn Höcke und Stefan Möller von der AfD Thüringen gestellt. Grund ist ein Gedicht im Wahlprogramm der Partei.
Erfurt. – Der Thüringer Grünen-Politiker und Umweltminister Bernhard Stengele hat Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke sowie gegen Stefan Möller als Vertreter der AfD in Thüringen gestellt. Das teilte der Politiker am Montag in einer Videobotschaft auf X mit. Anlass sei das Gedicht, das die Partei in ihrem Wahlprogramm auf Seite drei abgedruckt habe, sagte Stengele.
„Für Thüringen“ von Langheinrich
Das Gedicht, auf das sich Stengele bezieht, trägt den Titel „Für Thüringen“ und stammt von dem deutschen Erzähler und Lyriker Franz Langheinrich. Das sentimental-romantische Naturgedicht, so Stengele eingangs, wirke in Form und Inhalt eigentlich vergleichsweise harmlos. „Das Werk ist aber nicht von seinem Autor zu trennen“, betont der Politiker und fährt fort: „Franz Langheinrich war ganz früh dabei, von 'entarteter Kunst' zu sprechen, von der Säuberung der deutschen Kultur von allem Fremden. Franz Langheinrich war, um es kurz zu machen, ein glühender völkisch-rassistischer Nationalsozialist, ein glühender Bewunderer von Adolf Hitler“, so Stengele. Und wenn eine Partei dieses Gedicht an den Anfang ihres Wahlprogramms stelle, dann verfolge sie ein Ziel, meint der Grünen-Politiker. Dieses Ziel sei zum einen, die Leser des Wahlprogramms in ein scheinbares Heimatgefühl „einzuwickeln“, verbunden mit der Botschaft, dass die Zeit, aus der das Gedicht stammt, doch gar nicht so schlimm gewesen sei, „denn es gab doch diese wunderschönen Naturgedichte und es war ja unsere deutsche Heimat, die da besungen wird“. Damit würden die barbarischen Untaten der Nazis verharmlost, relativiert, gebilligt, kritisiert Stengele.
Das könne man nicht akzeptieren, „ich kann es nicht akzeptieren“, betont er weiter. Im politischen Raum bekämpfe man die AfD mit Argumenten, aber wenn sie anfange oder fortfahre, Menschen aufzuhetzen, um Schritt für Schritt das Unsagbare wieder sagbar zu machen, um unsere Sprache zu barbarisieren und damit unser Denken und Handeln zu barbarisieren. Genau das sei Ziel und Zweck solcher Aktionen, ist sich Stengele sicher. Da müsse man eingreifen. „Und dann auch juristisch.“ Das sei seine Pflicht.
Nutzer sehen PR-Gag
In den Sozialen Medien hat die Videobotschaft viele unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Während einige Nutzer Stengele für sein Engagement gegen die AfD danken, sprechen andere von einem PR-Gag. Ein anderer Nutzer wird konkreter: „Selten so einen Schwachsinn wie in diesem Statement gehört. Peinlichkeit kennt keine Grenzen“, schreibt er. „Es wird Zeit, dass der Missbrauch der Justiz für lächerliche Polit-Kampagnen stärker bestraft wird“, fordert ein anderer.