Graz: Wirbel um angeblichen grünen Hitler-Vergleich zu Strache-Salvini-Treffen
Ein Tweet der Grazer Stadträtin Tina Wirnsberger (Grüne) führte zu Diskussionen über die Zulässigkeit historisch belastender Vergleiche zur Illustration gegenwärtiger politischer Themenkomplexe.
Die Spitzenkandidatin der Grazer Grünen zur letztjährigen Gemeinderatswahl sorgte auf Twitter mit einer umstrittenen Äußerung für teils heftige Kritik. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Wortwahl ergab sich für manche Mitlesende der Anschein, dass die Politikerin in ihrem Foto-Tweet den österreichischen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) mit Adolf Hitler vergleichen wollte. Die Politikerin dementierte die unterstellten Absichten.
Auslöser: Strache-Bilder mit Salvini
Stein des Anstoßes: Vor einigen Tagen kam es zu einem Treffen Straches mit dem neuen italienischen Vizepremier und Innenminister Matteo Salvini (Lega). Dabei waren auch die Herausforderungen der Migrationsthematik ein wichtiger Gesichtspunkt der Zusammenkunft. Anlässlich des Empfangs am Vorabend der Gespräche fertigte der FP-Chef dabei gemeinsamen Bilder an. Ein besonders freundschaftlich anmutendes Foto teilte der heimische Vizekanzler anschließend in sozialen Medien. Der patriotische Politiker gab dabei zu Protokoll, dass er sich auf „konstruktive und spannende Gespräche“ freue.
Umstrittener Wirnsberger-Tweet
Für Wirnsberger gab diese Darstellung eine schiefe Optik ab, ihre Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Sie sprach deshalb bereits am Dienstag von einer „Rassistenfreundschaft„. Schon in der Woche davor äußerte sie sich kritisch über die Ankündigungen von Bundeskanzler Sebastian Kurz, in der Migrationsfrage eine „Achse der Willigen“ unter Einbindung von Berlin und Rom bilden zu wollen.
Am Mittwoch legte die Stadtpolitikerin schließlich nach. Sie teilte das Fotodokument eines Hitler-Mussolini-Treffens und griff dabei auch das Wording des Vizekanzlers zu seinen Bildern am Vorabend auf:
Hier sehen Sie einen Österreicher und einen Italiener, die sich über ihre Achse & konstruktive und spannende Gespräche freuen. Dass sie kaltschnäuzige Faschisten waren, will damals kaum wer gewusst haben. pic.twitter.com/hOYoiLpYVf
— Tina Wirnsberger (@tinawirnsberger) 20. Juni 2018
Von einem Kommentator auf den vermeintlichen Vergleich mit den beiden Diktatoren angesprochen, entgegnete sie jedoch, dass sie keinen solchen habe anstellen wollen. Sie fände es allerdings „interessant“, dass Mitlesende „offenbar Parallelen“ zu zeitgenössischen Figuren erkennen wollten.
Gemischte Reaktionen
Auch sonst ergaben sich gemischte Reaktionen der Twitter-Gemeinde auf die Wortmeldung der Grazer Stadträtin. Einige Kommentatoren nahmen den Denkanstoß wohlwollend auf und warnten etwa vor einem vermeintlichen „modernen“ Faschismus und davor, dass sich ihrer Ansicht nach „die Geschichte wiederholen“ könnte, wenn man als „Gesellschaft nicht aufpassen“ würde.
Der patriotische Blogger Friedrich Langberg wiederum setzte auf Angriff als beste Verteidigung und konfrontierte Wirnsberger mit einem Gegenvergleich. Aber auch politisch neutrale Kommentatoren stießen sich an der vermuteten Bewertung der Grünen-Politikerin. Diese sei „noch deplatzierter“ als die „Honeymoon-Bilder“ der beiden Rechtspolitiker:
Finde die Honeymoon-Bilder von Strache und Salvini auch deplatziert und besorgniserregend, noch deplatzierter finde ich aber Ihr Posting. Ein weiterer Grund für das Abdriften der Grünen in die Bedeutungslosigkeit.
— Clemens Weiskopf (@knattertonix) 20. Juni 2018