Herbert Kickl (FPÖ) : „Die Polarisierung nimmt ständig zu“
Geliebt, gehasst, gefürchtet: FPÖ-Chef Herbert Kickl polarisiert wie kaum ein anderer Politiker und ist damit äußerst erfolgreich. Unter seiner Führung ist die FPÖ wieder auf Erfolgskurs. Was Kickl über „Cancel Culture“, den Zustand der Meinungsfreiheit in Österreich und den Einfluss der Sozialen Medien denkt, beantwortet er im FREILICH-Interview.
FREILICH: Herr Kickl, in den Umfragen sieht es aktuell sehr gut aus für die FPÖ. Gleichzeitig gibt es wohl kaum einen österreichischen Politiker, der so stark polarisiert wie Sie. Ist das ein Teil des Erfolgsrezepts?
Herbert Kickl: Die Polarisierung an sich ist für Erfolg oder Misserfolg nicht entscheidend. Entscheidend ist vielmehr, wie viele Menschen den politischen Weg einer Partei unterstützen und bereit sind, diese Unterstützung in der Wahlzelle zu artikulieren. Ob diejenigen, die das nicht tun, es aus Wurschtigkeit oder aus tiefster Ablehnung heraus nicht tun, ist eigentlich irrelevant. Aber Sie sprechen dennoch einen interessanten Punkt an, nämlich den Umstand, dass die Polarisierung ständig zunimmt. Das deutet auf Gräben in der Gesellschaft hin, die ja gerade in den letzten drei Jahren durch die herrschende Politik bewusst gezogen wurden – zwischen Maskierten und Unmaskierten, zwischen Geimpften und Ungeimpften und so weiter.
Jetzt werden viele Politiker selbst Opfer der Spaltung, die sie selbst betrieben haben, und wollen die Verantwortung dafür auf die FPÖ schieben, der sie eine Polarisierung vorwerfen. Ich sehe die Polarisierung vor allem zwischen den ehrlichen und absolut nachvollziehbaren Anliegen, Sorgen und Nöten der Bevölkerung und den künstlichen Themen einer immer abgehobener agierenden und international weitgehend gleichgeschalteten Machtelite, die jegliche Bodenhaftung verloren hat. Diese Polarisierung will ich durchbrechen, indem ich die FPÖ ganz klar an der Seite der Bürger positioniere. Denn die Politik ist zu nichts anderem da, als die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen und ihre Probleme zu lösen.
Welche Rolle spielt für Sie Provokation in der politischen Kommunikation, insbesondere in Wahlkämpfen?
Die FPÖ wählt in ihrer Kommunikation generell eine Sprache, die die Menschen auch verstehen, weil sie selber so denken und sprechen. Wir wollen nichts beschönigen, nichts kaschieren, nichts zudecken und nicht um den heißen Brei herumreden. Für manche Kreise ist jeder Satz, der in diesem Geist gesagt wird, schon eine Provokation. Weil wir mit Österreicher eben die Österreicher meinen und nicht all jene „mitgemeint“ sind, die erst seit Kurzem in unserem Land leben oder sich gerade illegal Zutritt verschaffen. Weil wir mit Österreicher die Frauen und die Männer gleichermaßen meinen und nicht irgendwelche Phantasie-Geschlechter, die man nach dem Willen mancher Lobby-Organisationen am besten wöchentlich wechseln soll. Ich halte es für einigermaßen befremdlich, dass man diejenigen als Provokateure verunglimpft, die sich in den gewohnten Bahnen der Normalität bewegen, und nicht diejenigen, die uns mit wirren Ideologien und gesellschaftszersetzenden Phantasien zwangsbeglücken wollen.
Was macht dann eine gelungene politische Provokation aus?
Wie gesagt drängt sich die Frage auf, was denn nun wirklich eine Provokation ist und vor allem wer die Provokateure sind. Aber generell muss man so kommunizieren, dass einerseits darüber geredet wird und dass man andererseits danach nicht „zurückrudern“ muss. Denn es geht in der politischen Kommunikation immer stärker darum, sich bestimmte Themen und die damit einhergehenden Begriffe nicht madig machen zu lassen. Wenn Sie so wollen, dann war es eine gelungene Provokation, als ich im Jahr 2021 die Identitäre Bewegung als eine NGO von rechts bezeichnet habe. Denn erstens ist es inhaltlich absolut korrekt und zweitens entreißt es einen an sich neutralen Begriff, nämlich den einer NGO, sprich einer Nicht-Regierungsorganisation, aus den Fängen einer linken Clique, die glaubt, dass sie das Recht hat, diesen Begriff ausschließlich für solche Vereine zu verwenden, die ihr selbst gut zu Gesicht stehen.
Sie sind schon lange im politischen Geschäft tätig. Wenn Sie die heutige Situation mit der vor 20 Jahren vergleichen: Hat sich die politische Kommunikation verändert? Welchen Einfluss haben die neuen Sozialen Medien?
Das Tempo und die Frequenz haben sich massiv erhöht. Wer heute ein Thema konstant bearbeiten will, braucht viel mehr Energie und Ausdauer als früher – und auch mehr Kreativität, um die einzelnen Plattformen gerade im Bereich der Sozialen Medien optimal nutzen zu können. Der große Vorteil liegt darin, dass die Politik sich direkt an die Menschen wenden kann, ohne dabei durch den Filter der Medien gehen zu müssen. Dass den Mainstreammedien und ihren Freunden in der Politik das nicht gefällt, ist ja offensichtlich und führt auch zu immer unverhohlenerer Zensur im Zusammenwirken zwischen den politischen Eliten und den weltumspannenden Medienkonzernen.
In Ihrer Aschermittwochrede im Februar hatten Sie Bundespräsident Alexander Van der Bellen als „Mumie in der Hofburg“ und „senil“ bezeichnet. Das hat für viel Wirbel in den Medien gesorgt. Laut Medienberichten gab es dann auch eine Anzeige wegen Ehrenbeleidigung. Können Sie die Aufregung nachvollziehen, sind Sie da zu weit gegangen?
Lesen Sie das vollständige Interview in der FREILICH-Ausgabe „Freiheit in Gefahr“!
Weitere Highlights
Ein Gespräch über „Cancel Culture“ mit der Publizistin und Europaexpertin Ulrike Guérot,
Julian Schernthaner über die „Diagnose Distanzeritis“,
Bruno Wolters über die „Konfliktzone Universität“,
Günter Scholdt über „Sprache als Kampfinstrument“,
Gert Bachmann über die „Twitter Files“,
Kevin Dorow über das Phänomen des „Woke-Kapitalismus“,
Fotostrecke über die Denkmalstürze im Westen,
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