Knalleffekt: SPD-Politiker Kahrs legt Bundestagsmandat zurück
Nach über zwanzig Jahren dürfte die parlamentarische Karriere von Johannes Kahrs (SPD) abrupt enden. Nach einem innerparteilichen Streit legt er sein Bundestagsmandat und alle anderen Ämter zurück.
Berlin. – Die Entscheidung kam nach einer parteiinternen Querele, weil der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich überraschend Eva Högl (ebenfalls SPD) als neue Wehrbeauftragte des Bundestags vorschlug. Bereits seit längerem hatte Kahrs, der selbst Oberst der Reserve ist, mit diesem Amt geliebäugelt. Laut Spiegel hatte man interne Bedenken, dass die Union ihn nicht mittragen würde.
Mächtiger SPD-Politiker tritt zurück
Kahrs, der seit 1998 für die Sozialdemokraten im Bundestag saß, galt als einer der einflussreichsten Mandatare seiner Partei. Neben seiner Funktion als Haushaltssprecher war er zudem Vorsitzender des Seeheimer Kreises, der als vergleichsweise konservative Interessensgemeinschaft in der SPD-Bundestagsfraktion gilt. Auch diese prestigeträchtige Position ist er somit wohl los.
Über den Rücktritt berichtet auch der Focus unter Berufung auf Parteikreise, auch dort werden die Ambitionen auf das Amt bestätigt. Welche Pläne Kahrs nun verfolgen wird, ist unklar – sein Twitter-Konto löschte er jedenfalls bereits. Kahrs tat sich in jüngeren Jahren mehrfach auch als scharfer Kritiker der AfD hervor, sah ein Verbot der patriotischen Partei als „zwingend geboten“ – Die Tagesstimme berichtete.
Kahrs-Kritiker sehen sich bestätigt
Zuletzt war Kahrs wegen anderer Punkte in seiner Vita in die Schlagzeilen geraten. Der YouTuber Klemens Kilic hatte sich in einem Telefonstreich als ehemaliger Studienfreund Kahrs‘ ausgegeben. Dieser spielte auf unbestätigte Gerüchte an, wonach es Ungereimtheiten bei Kahrs‘ erstem juristischen Staatsexamen gegeben haben soll. Eine schriftliche Anfrage der Tagesstimme an sein Büro blieb damals unbeantwortet, der Vorwurf somit weder bestätigt noch dementiert.
Der konservative Vlogger wiederum sieht sich bestätigt, das Ausscheiden Kahrs‘ aus der parlamentarischen Politik feierte Kilic auf Twitter als „Sieg“ und somit als Frucht seiner Bemühungen. Auch Tom Radtke, der im Februar innerhalb der Hamburger Linkspartei aufgrund einiger Äußerungen für Aufregung sorgte und Kahrs mit Andeutungen über vermeintliches sexuelles Fehlverhalten in ein schiefes Licht gerückt hatte, ist dieser Ansicht. Es sei „offensichtlich, dass es hier um mehr als das Amt des Wehrbeauftragten geht.“
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Kilic’ neuer Streich: Staatsexamen-Täuschungsvorwurf gegen SPD-Kahrs (21.4.2020)