Letzter Nehammer: Staatsschutz neu

Noch bevor ihn das Schicksal zum Bundeskanzler bestimmt hat, hat Innenminister Karl Nehammer in seinem Bereich umgegliedert: Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) hat am 1. Dezember 2021 die operative Arbeit auf.genommen. Mit Anfang Dezember startet auch das Projekt „Sicherheitszentrum Meidling“, dem neuen Standort der DSN.
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Letzter Nehammer: Staatsschutz neu

Der neue DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner Bild: Silverblue2, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Noch bevor ihn das Schicksal zum Bundeskanzler bestimmt hat, hat Innenminister Karl Nehammer in seinem Bereich umgegliedert: Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) hat am 1. Dezember 2021 die operative Arbeit auf.genommen. Mit Anfang Dezember startet auch das Projekt „Sicherheitszentrum Meidling“, dem neuen Standort der DSN.

„Im sicherheitspolitischen Sinn stellt der 1. Dezember 2021 einen besonders historischen Tag dar: Der Verfassungsschutz wurde vollständig neu aufgebaut und nimmt den Dienst auf“, so meinte der damalige Innenminister Karl Nehammer bei der Präsentation der „Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst“ (DSN) mit dem neuen DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner am 30. November 2021 im Innenministerium.

Und statt Scheitern bei der Terrorermittlung, gab es gleich wieder politische Mythenbildung: „Das alte BVT galt mehr 20 Jahre lang als Schutzmauer der Republik – diese ist brüchig geworden. Die Tragfähigkeit wurde durch die damalige Hausdurchsuchung unter ehemaligem Innenminister Kickl zusätzlich erschüttert worden, weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der einen Seite total verunsichert worden sind“, ergänzte der Innenminister. Hausdurchsuchungen, die eine unabhängige Staatsanwaltschaft angeordnet hatte – übrigens nicht die einzige –, offensichtlicherweise, weil im BVT einiges im Argen war, nicht nur parteipolitische Besetzungen.

Auf der anderen Seite sei das Misstrauen der Partnerdienste durch die Beschlagnahmung heikler Dokumente sowie deren Veröffentlichung in den Medien erschüttert worden, so Nehammer. Über Polizistinnen und Polizisten, die im alten Verfassungsschutz gearbeitet haben, habe es im vergangenen Jahr viel Kritik gegeben. Es habe tatsächlich einige gegeben, die Informationen weitergegeben hätten und den Verfassungsschutz hätten verlassen müssen. „Es gibt allerdings auch viele, die immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben und ihre Arbeit so gut als möglich erledigt haben – und zwar zum Schutz der Republik. Gerade Letztere standen unter massivem Druck“, sagte Nehammer.

Intensiver und feingliedriger Prozess

„Gleich zu Beginn der Regierung ist die Planung der BVT-Reform erfolgt, eingeleitet durch meinen Vorgänger Wolfgang Peschorn“, sagte der Innenminister. In dieser Zeit entstand der sogenannte „Ruf-Bericht“. Franz Ruf, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, wurde von ehemaligem Innenminister Peschorn beauftragt, eine Bestandsanalyse vorzunehmen und auf Probleme des alten Verfassungsschutzes einzugehen. Mit diesem Bericht wurde der Projektauftrag mit großem Engagement begonnen und schrittweise schon umgesetzt.

„Wenn man einen Verfassungsschutz vollkommen neu aufbaut, ist das ein sehr intensiver und feingliedriger Prozess. Das ist uns gelungen: Morgen startet die DSN in einer völlig neuen Struktur, mit neuen Zugangs- und Ausbildungserfordernissen und mit einem hocherfahrenen wie kompetenten Führungsteam. Der neue Direktor, Omar Haijawi-Pirchner, ist seit über 20 Jahren ein erfahrener Polizist und ein herausragender Ermittler mit sensationellen Erfolgen gegen Schlepper und organisierte Kriminalität“, führte Nehammer aus.

Trennung polizeilicher Staatsschutz und Nachrichtendienst

„Ich sehe als wichtigste Errungenschaft der BVT-Reform, dass in der DSN die Trennung des polizeilichen Staatsschutzes und des Nachrichtendienstes gelungen ist“, sagte der neue DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner, der bis zuletzt das Landeskriminalamt Niederösterreich geleitet hat. „Dem Staatsschutz obliegen die Aufgaben zum vorbeugenden Schutz vor verfassungsgefährdenden Angriffen nach dem Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetz, die Gefahrenabwehr und die Aufklärungsarbeit gemeinsam mit den Justizbehörden im Sinne der Strafprozessordnung“, sagte Haijawi-Pirchner.

Der Nachrichtendienst habe die Gewinnung und Analyse von Informationen und die erweiterte Gefahrenerforschung zur Aufgabe. Der Vorteil der Trennung sei, dass sich alle Bediensteten ihrer speziellen Aufgabe widmen können und nicht mehr beide Funktionen gleichzeitig ausüben müssen, ergänzte der DSN-Direktor.

„Ich habe in den vergangenen Monaten mit vielen Vertretern ausländischer Partnerdienste gesprochen und ihnen erklärt, wie der Verfassungsschutz in Österreich künftig aufgestellt ist – und ich kann Ihnen sagen, dass ich Zustimmung, Anerkennung und die Zusage für die weitere Unterstützung erhalten habe“, sagte Haijawi-Pirchner.

Vertrauenswürdig, international vernetzt und verlässlich

„Die DSN wird Erfolg haben, weil die Organisation des österreichischen Verfassungsschutzes durch die Reform an internationale Vorbilder angepasst und Konstruktionsfehler der Vorgängerbehörde behoben wurden“, sagte der DSN-Direktor. Die aktuell größten Herausforderungen seien neben der vollkommenen Wiederherstellung des Vertrauens der Partnerdienste und der Öffentlichkeit in den österreichischen Verfassungsschutz, die Bekämpfung des Terrorismus, die Abwehr der Gefahren für den demokratischen Rechtsstaat aus dem Bereich Rechtsextremismus und von jeglichen Extremismen im Zusammenhang mit radikalen Corona-Maßnahmengegnern.

„Ich habe in den vergangenen Wochen und Monaten viele hoch kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennengelernt, die teilweise schon längere Zeit im Verfassungsschutz tätig sind. Gleichzeitig habe ich viele Personen kennengelernt, die noch keine oder wenig Erfahrung im Verfassungsschutz haben, aber darauf brennen, ihren Beitrag zur neuen DSN zu leisten“, sagte Haijawi-Pirchner. „Beide Gruppen haben eines gemein: Sie versprühen Optimismus und Aufbruchsstimmung und wollen sich unbedingt in der neuen Organisation einbringen. Die DSN braucht beides: Erfahrung und das vorhandene Fachwissen und neue Ideen.“

„Nun ist die größte Verfassungsschutzreform der 2. Republik abgeschlossen, und die DSN ist startklar“, sagte Haijawi-Pirchner. „Nun liegt es an uns, an den Führungskräften sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der DSN und der Landespolizeidirektionen, die guten Voraussetzungen zu nützen und erfolgreich zu sein. Unser Ziel ist klar: Wir wollen vertrauenswürdig, international vernetzt und verlässlich sein und agieren.“

Start des Projekts „Sicherheitszentrum Meidling“

Mit Anfang Dezember startet auch das Projekt „Sicherheitszentrum Meidling“, dem neuen Standort der DSN. Neben dem neuen Verfassungsschutz werden an diesem Standort sensible Bereiche des Bundeskriminalamtes, die „Direktion für Sichere IKT“ (DISIT) inklusive Cyber-Lagezentrum „Austrian Cyber Comptence Center“ (ATCCC) angesiedelt werden. Insgesamt wird im Sicherheitszentrum eine Fläche bis zu 200.000 m2 zur Verfügung stehen.

Nach der Planungsvereinbarung mit der BIG, dem Erstellen des Nutzungskonzepts durch das Innenministerium sowie dem „kooperativen Flächenwidmungsverfahren“ mit der Stadt Wien wird ein Architektenwettbewerb vorbereitet. Dieses offene und mehrstufige Verfahren zur Generalplanfindung startet im April 2022. Die Bauphase ist von 2024 bis 2030 anberaumt.

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