Neutralität unter Beschuss: EU-Verteidigungsrat forciert militärische Integration
Die EU-Kommission plant weitreichende Schritte zur Vertiefung gemeinsamer Rüstungsstrukturen und einer umfassenden sicherheitspolitischen Zentralisierung. Von den Freiheitlichen kommt deutlicher Widerstand.
Kallas bei einer Pressekonferenz nach dem Treffen der EU-Verteidigungsminister in Brüssel.
© IMAGO / Anadolu AgencyBrüssel. – Unter dem Vorsitz der Außenbeauftragten Kaja Kallas berieten die EU-Verteidigungsminister am gestrigen Dienstag über den weiteren Ausbau gemeinsamer militärischer Strukturen. Im Mittelpunkt der Sitzung standen neue Schritte in Richtung engerer Kooperation der Rüstungsindustrie und eine langfristige Verteidigungsplanung. Aus Österreich kam scharfe Kritik von der FPÖ.

Aufrüstung und gemeinsame Beschaffung im Fokus
In Brüssel präsentierte die EU-Kommission Pläne zur Fortführung der militärischen Unterstützung für die Ukraine und zur Umsetzung der Verteidigungsstrategie „Defence Readiness 2030“. Dazu gehört unter anderem eine stärkere Koordinierung der europäischen Rüstungsproduktion sowie gemeinsame Beschaffungsprojekte, durch die nationale Entscheidungen zunehmend gebündelt werden sollen.
Die FPÖ-EU-Abgeordnete Petra Steger sieht darin eine tiefgreifende sicherheitspolitische Weichenstellung, die ihrer Ansicht nach weit über eine technische Kooperation hinausgeht. Dadurch entstehe faktisch eine europäische Instanz, die als zentraler Rüstungseinkäufer agiere und nationale Spielräume stark reduziere, so Steger dazu in einer Aussendung.
„Kallas treibt EU in Militarisierungsunion“
Steger warf der EU-Spitze vor, den Charakter der Union grundlegend zu verändern. „Kallas als Außenbeauftragte agiert als ungewählte, höchste militärpolitische Integrationsfigur der EU und drängt Europa immer weiter in eine Rolle, die mit einer Friedens- oder Vermittlerpolitik nichts mehr zu tun hat“. Jeder dieser Beschlüsse stärke nicht die Sicherheit der Bürger, „sondern die Macht der Kommission und der EU-Rüstungsindustrie“, sagte sie. Sie kritisiert, dass die Kommission vor allem auf militärische Vereinheitlichung setze, während diplomatische Ansätze und nationale Souveränitätsinteressen kaum noch Gewicht hätten.
Sorge um österreichische Neutralität
Besonders deutlich fiel Stegers Vorwurf an die Bundesregierung aus. Sie warf Wien vor, den eingeschlagenen Kurs der EU ohne Einwände zu unterstützen. „Wer den heutigen Rat verfolgt hat, sieht klar: Unter Ursula von der Leyen und Kaja Kallas wird keine Zeit mehr verloren, die EU zu einer Militärunion auszubauen. Die schwarz-rot-pinke Regierung steht daneben und nickt“. Das sei ein Verrat an der Verfassung und am Willen der Bevölkerung, so die FPÖ-Abgeordnete. Aus ihrer Sicht gerät die immerwährende Neutralität Österreichs dadurch unter Druck, dass der europäische Integrationsprozess zunehmend militärpolitische Elemente annimmt.
Die freiheitliche Abgeordnete verlangt einen politischen Kurswechsel und eine Abkehr von der Militarisierung der EU. Österreich solle wieder stärker auf die klassischen Prinzipien der Neutralität setzen und Initiativen für Vermittlung und Diplomatie in den Vordergrund rücken. Konkret fordert sie eine Politik, die sich an Friedenssicherung und Ausgleich orientiert und die Entwicklung der EU nicht einseitig auf militärische Handlungsfähigkeit ausrichtet.



