PEGIDA-Gründer Bachmann: „Wir haben den politischen Diskurs verändert“
Die patriotische Bürgerbewegung PEGIDA gibt es mittlerweile seit fünf Jahren. Zu den Hochzeiten konnte man in Dresden zehntausende Bürger mobilisieren. Die Tagesstimme sprach nun exklusiv mit Mitgründer Lutz Bachmann über die Entwicklung von PEGIDA, die mediale Berichterstattung, das Verhältnis zur AfD und wie die Zukunft der Bewegung aussieht.
Die Tagesstimme: Herr Bachmann, im Oktober feierte die Bürgerbewegung PEGIDA in Dresden ihr 5-jähriges Jubiläum. Hatten Sie sich anfangs vorgestellt, dass PEGIDA auf so große Resonanz in der Bevölkerung und in den Medien stoßen würde?
Bachmann: Die Frage bekomme ich sehr oft gestellt, und eigentlich ließe sie sich mit einem Wort beantworten: „Nein!“ Natürlich hatten wir auf Resonanz gehofft, dass sie aber derart groß sein würde und so dauerhaft, hat uns alle „vom Hocker gehauen“.
Die Tagesstimme: Warum, denken Sie, war PEGIDA von Anfang an so erfolgreich? Die Bewegung entwickelte sich ja geradezu rasant.
Bachmann: Nun, dies hat mehrere Gründe. Hauptsächlich wäre da natürlich, dass wir die Ersten waren, welche offen die Probleme im Land ansprachen und vor den Folgen falscher Zuwanderungs- und Integrationspolitik gewarnt haben. Wir haben da, sozusagen, in ein Wespennest gestochen. Offensichtlich brodelte es schon lange unter der Oberfläche und PEGIDA traf den Zeitgeist und gab diesem Gefühl der Menschen, dass etwas gewaltig schief läuft im Land, ein Ventil.
Die Tagesstimme: Und warum konnte sich PEGIDA Ihrer Meinung nach gerade in Dresden durchsetzen? Es gab schließlich auch in vielen anderen Städten Ableger, die allerdings bei weitem nicht denselben Zulauf verzeichneten.
Bachmann: Dies ist sehr einfach zu beantworten. Drei Gründe sind dafür anzuführen. Zum einen waren und sind die Sachsen und besonders die Dresdner schon immer ein sehr „helles Volk“ im Sinne ihres scharfen Sinnes für Gerechtigkeit. Schon 1989 ging es ja in Dresden mit der Wende los. Die Sachsen konnten schon immer gut zwischen den Zeilen lesen und haben stets gern – vielleicht gerade weil uns alle für das Tal der Ahnungslosen hielten – über den Tellerrand geschaut. Es war also mehr als logisch, dass auch diese Bürgerbewegung ihren Anfang in Dresden nahm.
Als zweiter Grund ist da natürlich die Vernetzung der Gründer des ersten Orgateams von PEGIDA. Jeder hatte seine „Beziehungen“ in die verschiedensten Gesellschaftsschichten, mit den unterschiedlichsten Berufsgruppen und zu allen möglichen Organisationen. Von Bekanntschaften mit Aktivisten der Wende 1989, Beziehungen ins Fußballmillieu und beruflichen Verknüpfungen in die Sicherheitsbranche und zu Behörden bis zu geschäftlichen Verbindungen zu mittelständischen Betrieben, von denen einige der Initiatoren ja selbst welche betrieben. Dieser guten Vernetzung ist es zu verdanken, dass PEGIDA von Anfang an dort Fuß fassen konnte, wo wir bis heute stehen und uns sehen, in der Mitte der Gesellschaft.
Zum Dritten wäre da noch der sozusagen „Überraschungseffekt“. Wir waren die Ersten und selbst die Presse ließ uns bis zur vierten Veranstaltung eigentlich in Ruhe. Wir waren eher eine Randnotiz in den Seitenspalten. Ich erinnere mich da an den ersten Artikel der BILD am 21.10.2014. Da stand sinngemäß einfach nur, dass sich 250-300 Bürger auf dem Neumarkt zu einer Demo für Frieden versammelten.
Erst nach dem dritten Abendspaziergang fing die Mainstream-Presse an, uns zu diffamieren. Man hatte die Gefahr, welche von einer friedlichen Bürgerbewegung, die schonungslos und entgegen des Mainstreams Wahrheiten aussprach wohl komplett unterschätzt, genau wie die Anziehungskraft von mutigen Bürgern, die im Gegensatz zu den abgehobenen Politikern, mit einfachen Worten anstatt geschwollener Phrasen, die aktuellen Probleme und Ängste aussprach. Dies tun wir bis heute trotz aller Widrigkeiten, Repressalien und Diffamierungen, weshalb PEGIDA mittlerweile eine feste Größe in der Politik ist, auch wenn die Zahlen auf der Straße stagnieren. Es ist immer sehr amüsant zu lesen, dass PEGIDA ja eigentlich gar nicht mehr existiere, bedeutungslos sei und nur noch wenige tausend auf die Straße gingen – und trotzdem jede Woche unzählige Artikel, Dokus oder Abhandlungen erscheinen, die sich mit diesem – laut Mainstream – doch so „völlig unwichtigen“ Phänomen beschäftigen.
Die Tagesstimme: Wenn Sie also die mediale Berichterstattung am Anfang und nun fünf Jahre später vergleichen: Hat sich das Bild über Pegida im Laufe der Zeit verändert?
Bachmann: Nun, wie gerade beschrieben, war die Berichterstattung in den ersten Wochen neutral. Als man dann das Potenzial von PEGIDA erkannte und sich über die Anschlussfähigkeit einer Bürgerbewegung klar wurde, die sich der aktuellen Probleme annimmt, sie ausspricht und unter anderem mit den Dresdner Thesen Lösungsvorschläge präsentiert, lief die Maschinerie der Diffamierung an. Die Politik suchte umgehend Wege, uns zu diskreditieren, man startete Repressalien und fand dafür willfährige Helfer in den von Altachtundsechzigern besetzten Redaktionsstuben der Presse. Mittlerweile versucht man, PEGIDA kleinzuschreiben und auf den ersten Blick, wenn man nur schnöde Besucherzahlen auf den montäglichen Versammlungen betrachtet, mag man geneigt sein, dieser Berichterstattung Glauben zu schenken. Wir müssen dann unweigerlich bei diesen Artikeln schmunzeln, da wir wissen, dass man nicht über fünf Jahre allmontaglich Zehntausende mobilisieren kann. Das gab es in der Geschichte nie, gibt es nicht und wahrscheinlich wird dies auch nie passieren. Wir reden über fünf Jahre auf der Straße. Allein in Dresden gab es 196 Demonstrationen plus diverse kleinere an anderen Tagen.
Die Tagesstimme: Würden Sie sagen, Pegida konnte etwas bewegen im patriotischen Milieu und darüber hinaus?
Bachmann: Ja, natürlich haben wir etwas bewegt. In fünf Jahren haben wir unsere Positionen über die Landesgrenzen, ja sogar bis auf andere Kontinente hin, bekannt gemacht und haben Anhänger rund um den Erdball. Wir haben den politischen Diskurs verändert und dem linken und grünen Politikspektrum die Deutungshoheit streitig gemacht und sie sogar teilweise an uns gerissen. Aus unserem 19-Punkte-Positionspapier sind die meisten Forderungen mittlerweile Standard in den Programmen der verschiedensten Parteien, teilweise sind die Forderungen und auch die zehn Thesen bereits zu Gesetzen geworden. Dass es natürlich noch an der Umsetzung der Gesetze hapert, steht auf einem anderen Blatt. Trotzdem haben wir maßgeblichen Anteil daran, dass überhaupt öffentlich über – bis zu Entstehung von PEGIDA – als Tabu abgestempelte Themen gesprochen werden kann und darf. Wir haben unzähligen Gleichdenkenden den Mut gegeben, sich offen zu äußern, sich aufzulehnen und etwas zu tun gegen die Merkeldiktatur.
Als größten Erfolg von PEGIDA sehe ich aber etwas ganz anderes. Bis zur Gründung von PEGIDA versank unser Land in einer nie dagewesenen Politikverdrossenheit. Die Menschen interessierten sich einfach nicht mehr für Politik und es kam die Stimmung auf, wie wir Mitteldeutschen sie aus den Endachtzigern kannten: „Ist doch egal was man wählt, es kommt immer wieder das Gleiche raus. Die machen was sie wollen und füllen sich die Taschen.“ Diese Lethargie wurde von oder durch PEGIDA jäh durchbrochen. Man begann wieder über Politik zu sprechen. Man engagierte sich wieder für die politische Gestaltung des Landes. Egal ob im linken Parteienspektrum oder im sogenannten rechten, die Anhänger wurden durch die Diskussion über und mit PEGIDA endlich wieder aktiv.
Das Resultat dieses neuen politischen Diskurses und des wiedererweckten Interesses der Bürger sieht man an der Zunahme der Wahlbeteiligung seit der Entstehung PEGIDAs. Dies ist unser größter Erfolg, das Land wieder zu politisieren und dies haben wir geschafft, noch weit bevor die AfD auf unseren patriotischen Kurs geschwenkt ist und noch eine reine „Nischen- und Professorenpartei gegen den Euro“ war unter Lucke. Als die AfD dann das Potenzial einer patriotischen Bewegung erkannte, schwenkte sie auf diesen Kurs und sicherte sich damit einen Großteil ihrer Wählerschaft.
Die Tagesstimme: Die AfD hat bei den letzten Landtagswahlen in den neuen Bundesländern sehr erfolgreich abgeschnitten. Wie bewerten Sie als patriotischer Straßenaktivist die Arbeit der Partei? Und wie ist das Verhältnis zwischen PEGIDA und AfD?
Bachmann: Als kleiner Straßenaktivist habe ich wahrscheinlich kein Recht, die Arbeit der AfD zu kommentieren, besonders, da man nicht viel über die Arbeit erfährt. Vielleicht sehe ich das zu blauäugig oder mache es mir zu einfach, aber von der Öffentlichkeitsarbeit bin ich enttäuscht. Ich habe mir dies anders vorgestellt von einer Partei, die den Anspruch erhebt, „patriotisch und volksnah“ zu sein. Volksnähe würde ich anders leben und zeigen, wenn ich in einer Funktion im Parlament wäre. Ein kleines Beispiel dazu: Die AfD beklagt immer, dass sie zu wenig in den Medien stattfindet, zumindest mit ihren Anträgen und ihrer Arbeit, es würde immer nur gehetzt, wenn etwas über die Partei veröffentlicht wird. Nun, ich würde da etwas anders machen, jeden Tag nach der Sitzung im Parlament würde ich vor dem Bundestag an die Öffentlichkeit treten, zu den Bürgern, und würde über die Vorkommnisse im Bundestag berichten, über meine Arbeit, meine Anträge und über die Reaktionen der politischen Gegner. Natürlich werden die Sitzungen des Bundestages und der anderen Parlamente oft live übertragen, aber seien wir mal ehrlich, welcher arbeitstätige Bürger kann sich den ganzen Tag das Gewäsch anhören oder ansehen? Was bleibt sind aus dem Zusammenhang gerissene Ausschnitte in den Staatspropaganda-Medien, welche dann noch mit unsäglichen Kommentaren der sogenannten Journalisten dem Zuschauer mundgerecht präsentiert werden, natürlich stets im Sinne der Altparteien.
Es muss also eine Gegenöffentlichkeit her. Diese erreicht man nur über neue Kanäle, und die AfD sollte genug finanzielle Mittel haben, einen eigenen TV-Kanal zu stemmen, über welchen dann die Tagesereignisse kurz wiedergegeben werden. Außerdem gäbe es die Möglichkeit, eine Art Rechenschaftsbericht bei den Veranstaltungen diverser Bürgerbewegungen abzugeben. Dem stehen allerdings die zahlreichen, unsinnigen und die patriotische Bewegung spaltenden Unvereinbarkeitsbeschlüsse und Denk- sowie Redeverbote innerhalb der AfD entgegen. Die Partei bzw. deren Führung hat es immer noch nicht verstanden, dass es den Bürgern egal ist, wenn sich mal einer im Ton vergreift – was oftmals nur von den Mainstreammedien zum Skandal hochgejubelt wird – der Bürger, der Wähler, will Einigkeit und eine klare Richtung. Dieses Übereinander-Herfallen, wie es besonders gegen Björn Höcke oder Stefan Brandner vorkam, die Distanzeritis, mit dem Ziel der Liebkindmachung bei Altparteien und Presse – das funktioniert nicht und ist der Masse zuwider. Einigkeit und Recht und Freiheit – das Muss Ziel und Devise sein!
Die Tagesstimme: Wie geht es nun weiter? Werden Sie einfach weitermachen wie bisher? Und was sind Ihre Ziele mit PEGIDA?
Bachmann: Unsere Ziele sind nach wie vor unverändert und wir werden auch weiterhin Gesicht zeigen und den Mund aufmachen, ungeachtet aller Diffamierungen, Anfeindungen, Repressalien, Klagen und Drohungen. PEGIDA ist und bleibt der Stachel im Fleisch der Altparteien und ein bisschen auch der AfD, um diese auf Spur zu halten. Wir werden weiterhin auf der Straße Präsenz zeigen und für unsere Werte einstehen. Natürlich arbeiten wir auch an neuen Wegen, welchen oftmals – auch mangels Unterstützung aus der „patriotischen Partei“ – an finanziellen Hürden scheitern. Es dauert halt um einiges länger, wenn man zur Finanzierung guter Ideen „Klingelputzen“ gehen muss. Wir bleiben aber dran und werden es schaffen, die patriotische Bewegung abermals zu überraschen mit neuen Ideen.
Auf jeden Fall freuen wir uns jetzt erst einmal auf ein gesegnetes Weihnachtsfest, welches wir zum sechsten PEGIDA-Weihnachtssingen am 15.12.2019 ab 14 Uhr auf dem Theaterplatz gemeinsam mit Tommy Robinson, Martin Sellner, dem Vlaams Belang und anderen Patrioten begehen werden.
Unser Motto ist und bleibt nun einmal: PEGIDA ist gekommen, um zu bleiben; wir bleiben, um zu siegen – und Freunde: Wir werden siegen!