Twitter will Regierungseinfluss auf Medien kennzeichnen

Twitter bezeichnet NPR und BBC als staatlich beeinflusste beziehungsweise finanzierte Medien. Werden nun auch ZDF und ARD so bezeichnet?

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Twitter will Regierungseinfluss auf Medien kennzeichnen

ZDF

© Metropolico

Am 4. April hat Twitter den offiziellen Account des National Public Radio (NPR) mit dem Label „US state-affiliated media“ versehen. Andere Medien wie Russia Today oder die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua tragen ein solches Label schon länger.

Twitter-Chef Elon Musk begründete die Entscheidung mit den Twitter-Regeln zu staatlichen und staatsnahen Medien. Aus Musks Tweet zu den Twitter-Regeln geht hervor, dass solche Medien als staatsnah gelten, bei denen der Staat unter anderem als Geldgeber direkten oder indirekten Druck auf redaktionelle Inhalte ausübt.

Wenige Stunden später kritisierte der CEO von NPR das Label, das das US-Rundfunknetzwerk in die Nähe der Medien autoritärer Staaten rücke. NPR stehe für „Redefreiheit“ und ziehe „die Mächtigen zur Rechenschaft“, sagte Lansing. Er wies darauf hin, dass die eigenen Regeln von Twitter einer Bezeichnung von NPR als staatsnah widersprechen würden.

Lansing verwies auf einen Passus in den Twitter-Regeln, den Musk offenbar im Eifer des Gefechts übersehen hatte: Staatlich finanzierte Medien gelten nicht als staatsnah, wenn redaktionelle Unabhängigkeit gegeben ist. Als Beispiele für staatlich unabhängige Medien nennen die Twitter-Regeln explizit NPR und BBC.

NPR berichtete am folgenden Tag, dem 6. April, über einen E-Mail-Austausch mit Musk. Der Tech-Milliardär zweifelte inzwischen selbst an der Richtigkeit der Bezeichnung „staatsnah“. Möglicherweise sei NPR nicht mit den Staatsmedien in Russland und China vergleichbar.

Am 8. April meldete sich Musk mit einer eleganten Lösung zurück: Das NPR-Label „staatsnahe Medien“ wurde kurzerhand durch „government-funded media“ ersetzt. In den Genuss dieses Labels kam auch die britische BBC.

Die BBC protestierte: Nur ein kleiner Teil ihres Budgets komme von der britischen Regierung. Im vergangenen Jahr habe sich die BBC zu mehr als 70 Prozent (3,8 Milliarden Pfund oder 4,3 Milliarden Euro) aus freiwilligen Gebühren finanziert.

Gleiche Bezeichnung für öffentlich-rechtlichen Rundfunk?

Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, dass die Bezeichnung „regierungsfinanziert“ nicht nur auf NPR und BBC zutreffen könnte. Während NPR angibt, nur etwa ein Prozent seines Budgets aus US-Bundesmitteln zu erhalten, geht es beim deutschen Rundfunk natürlich um ganz andere Größenordnungen.

Die ARD bezog 2021 rund 85 Prozent (5,9 Milliarden Euro) ihres Etats aus Zwangsgebühren. Beim ZDF waren es im selben Jahr 84 Prozent (2 Milliarden Euro). Allerdings sind beide Rundfunkanstalten bei Twitter noch nicht mit einem entsprechenden Label versehen.

Das ARD-Kommunikationsteam teilte FREILICH auf Anfrage mit: „Die Situation rund um Twitter haben wir kontinuierlich im Blick.“ Die Aufmerksamkeit, die die ARD ihren angelsächsischen Kollegen auf Twitter widmet, ist verständlich. Sollte Twitter die BBC weiterhin als „regierungsfinanziert“ bezeichnen, könnte die ARD eines Tages das gleiche Schicksal ereilen.

Gegen dieses Szenario führt das ARD-Kommunikationsteam gegenüber FREILICH die so genannte „Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ ins Feld. Die Finanzierung von ARD und ZDF erfolge über den „Rundfunkbeitrag“ und nicht über staatliche Mittel. Dies garantiere die Unabhängigkeit von politischer Einflussnahme.

Sabine Knott von der ARD-Zuschauerredaktion antwortete FREILICH in einer separaten E-Mail, dass weder ARD noch ZDF aus öffentlichen Geldern finanziert seien. „Vielmehr bezahlen alle Bürger Deutschlands ARD und ZDF mit ihrem Rundfunkbeitrag“, so Knott. Auf diese Gelder habe der Staat keinen Zugriff. Zudem würden die Aufsichtsgremien der Landesrundfunkanstalten im Sinne aller gesellschaftlichen Interessen über die Einhaltung journalistischer Standards wachen.

Opposition kritisiert Rundfunkgebühren

Anders Tomasz M. Froelich: Der Rundfunkbeitrag sei eine staatlich verordnete „Schutzgelderpressung“, so das JA-Vorstandsmitglied. Angesichts der Tatsache, dass Zahlungsverweigerer mit Haft bestraft würden, könne von Staatsferne keine Rede sein.

Auch die Zusammensetzung der Rundfunkräte spiegele bei weitem nicht alle gesellschaftlichen Interessen wider. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk komme seiner Kontrollpflicht gegenüber der Staatsgewalt kaum noch nach: ARD und ZDF hätten die Rolle eines „Hofberichterstatters“, der nicht die Regierung, sondern die Opposition kontrolliere. Froelich resümierte: „Ein solcher öffentlich-rechtlicher Rundfunk gehört abgeschafft“.

Über den Autor

Jonas Greindberg

Jonas Greindberg studierte Geschichte und Sinologie in Süddeutschland. Seit Oktober 2022 schreibt er für FREILICH über Hamburger Lokalpolitik, Kriminalität und Einwanderungspolitik.
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