„Beispielloser Angriff auf die Informationsfreiheit“ – Spanien verbietet Telegram

Die spanische Regierung hat die Sperrung des Messengerdienstes Telegram angeordnet und dies mit Verstößen gegen das Urheberrecht begründet. Die Opposition vermutet andere Hintergründe.

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„Beispielloser Angriff auf die Informationsfreiheit“ – Spanien verbietet Telegram
Ab heute werden Millionen von Nutzern in Spanien nicht mehr auf den Messenger zugreifen können.© IMAGO / Pond5 Images

Madrid. – Der Oberste Gerichtshof Spaniens hat in einem aktuellen Urteil gegen Telegram entschieden und folgt damit einer Klagewelle verschiedener TV- und Streamingunternehmen, die dem Unternehmen Urheberrechtsverletzungen vorwerfen. Zwar handelt es sich bei der aktuellen Sperre nur um eine vorübergehende Einschränkung bis zum Abschluss der laufenden Ermittlungen – wie lange diese jedoch andauern werden, ist ungewiss. Ab Montag werden rund 8,5 Millionen Nutzer in Spanien nicht mehr auf den Messenger zugreifen können, zumindest wenn alle Mobilfunkanbieter den Anordnungen des Gerichts folgen.

Kritiker vermuten andere Gründe

Zur Klärung des Sachverhalts hatte der Oberste Gerichtshof auch Vertreter von Telegram befragen wollen, aber keine Antwort erhalten. Rund 20 bis 40 Prozent der spanischen Bevölkerung nutzen Telegram, bereits am Tag des Urteils warben viele große Nutzer für VPNs, die den Standort von Handynutzern verschleiern. Die spanische Partei Vox kommentierte das Urteil folgendermaßen: „Die Sperrung des Zugangs zu Telegram für alle Spanier ist ein beispielloser Angriff auf die Informationsfreiheit. Solche gewaltsamen Maßnahmen werden nicht ergriffen, wenn in sozialen Netzwerken Verbrechen gegen Einzelpersonen begangen oder ISIS-Propaganda verbreitet wird.“

Das Urteil in Spanien könnte auch für andere europäische Länder richtungsweisend sein. Telegram moderiert seine Inhalte nur minimal und muss sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, Terroristen und politischen Extremisten eine Plattform zu bieten. Kaum ein anderer Messengerdienst ist aber auch eine so wichtige Plattform für politische Gegner, die ihre Inhalte ohne Angst vor Zensur verbreiten können. Ein nationales Verbot kann daher auch einen empfindlichen Einschnitt in die politische Arbeit dieser Akteure bedeuten.