Bericht aus Russland: Sanktionen verpuffen, China profitiert
Trotz westlicher Sanktionen und politischer Spannungen zeigt sich Russland als ein sich entwickelndes Land. Tomasz Froelich, Europaabgeordneter der AfD, hat das Land vor kurzem besucht und berichtet unter anderem von bemerkenswerten Verbesserungen der Infrastruktur. Manche Städte seien kaum wiederzuerkennen und von Krieg selber sei wenig zu spüren gewesen.
Ich war im August einige Zeit in Russland. In Moskau, in Smolensk, aber auch in der Peripherie. Meine Sympathien für die Multipolarität und meine Ablehnung des gegen Russland gerichteten Sanktionsregimes entsprechen politischen Überzeugungen und gingen nie einher mit der bei einigen westlichen Rechten üblichen naiv-romantischen Verklärung Russlands, die teils so weit geht, dass man einerseits den Universalismus westlicher Werte ablehnt, andererseits aber behauptet, dass das geliebte Russland als Wunschhegemon diese Werte am besten verwirklichen würde, nach dem Motto: Russland ist besser als der Westen, weil es westlicher ist.
Das ist natürlich Quatsch und belegt nur, dass viele Russland-Simps westliche Werte, die sie ja angeblich ablehnen, irgendwie doch als Goldstandard definieren. Diese Leute sind weder rechts, noch haben sie Multipolarität verstanden. Vielmehr reproduzieren sie westliche Werte unter russischer Flagge.
Deutschland als großer Verlierer
Ich sehe Russland auch nicht als wertkonservatives Bollwerk gegen den Westen: Es hat viel höhere Abtreibungs- und Scheidungsraten als die BRD, grassierende Korruption, eine dekadente Oligarchenschicht und setzt mit Lukaschenko muslimische Migranten als hybride Kriegswaffe an der polnisch-weißrussischen Grenze ein – sicherlich auch als Reaktion auf die Regime-Change-Versuche des Westens in Minsk.
Wie die inneren Verhältnisse Russlands sind, kann uns aber egal sein. Andere Länder, andere Sitten. Man sollte den Demokratie-TÜV nicht zum Maßstab in den internationalen Beziehungen nehmen, sondern eigene Interessen – und zwar auch mit Ländern, die andere Werte teilen, also auch Russland.
Deutschland und die EU tun das Gegenteil. Sie verhängen Sanktionen, die nicht im eigenen, sondern im fremden Interesse sind – und das alles im Namen westlicher Werte bei gleichzeitigem Autonomieverlust zulasten der Völker Europas. Insbesondere Deutschland zählt zu den großen Verlierern der aktuellen Russland-Politik.
Zentrum-Peripherie-Gefälle schrumpft
Dass die gegen Russland verhängten Sanktionen ihr Ziel verfehlen, ist mir während meines Russland-Aufenthalts im August nochmals deutlich geworden. In der Vergangenheit habe ich viele Gespräche mit Russen geführt und das Land mehrfach bereist. Mir fiel dabei immer das krasse Zentrum-Peripherie-Gefälle auf: Moskau und die anderen Metropolen reich, der Rest arm.
Mein Eindruck nun ist, dass dieses Gefälle schrumpft, was an den unübersehbaren Investitionen in die Infrastruktur liegen könnte: Die Landstraße vom estnisch-russischen Grenzübergang in Luhamaa bis nach Smolensk war vor gar nicht so langer Zeit noch eine absolute Zumutung. Man hatte, überspitzt formuliert, den Eindruck, dass sie seit dem Einmarsch der Wehrmacht dort nicht mehr saniert worden ist. Mittlerweile ist sie neu asphaltiert.
In Smolensk wiederum wird praktisch die gesamte Innenstadt restauriert und im Stadtzentrum gibt’s kaum eine Straße, die entweder nicht neu asphaltiert wurde oder neu asphaltiert wird. Das Leben pulsiert dort wieder. Ich habe die Stadt kaum wiedererkannt.
Und in Moskau war weitestgehend alles beim Alten: Im Kaufhaus GUM sind zwar einige Nobelläden derzeit „aus technischen Gründen vorübergehend geschlossen“. Andere wiederum haben in der Zwischenzeit wieder eröffnet. Und es haben neue Designerläden aufgemacht, die hochwertige Ware anbieten, von denen man aber im Westen bisher noch nichts gehört hat.
Chinas Rolle in Russland wird dominanter
Was auch auffällt, ist die massive Präsenz chinesischer Autos. Mit einem davon bin ich selbst gefahren. Schönes Design, preiswert, ob sie lange halten, wird man sehen. Es würde mich aber nicht überraschen, wenn sie perspektivisch viele Europäer vom Markt verdrängen würden. Die Sanktionen treiben Russland in die Arme der Chinesen, deren Autohersteller expandieren, während unsere Autohersteller zunehmend in die Bredouille geraten.
Auch an den Flughäfen Moskau-Scheremetjewo und Moskau-Domodedowo wird die dominanter werdende Rolle Chinas immer spürbarer, was nicht nur an den Reisezielen, sondern auch an den Durchsagen in chinesischer Sprache deutlich wird. Ex oriente lux?!
Mir ist klar, dass das nur subjektive Eindrücke sind. Aber sie werden durch zahlreiche Daten gedeckt. Wir verlieren den Anschluss. Womöglich ist der Krieg der Grund für diese Investitionsoffensiven in die bisher vernachlässigte Peripherie, etwa damit die Leute bei Laune gehalten werden. Vom Krieg selbst war jedenfalls wenig zu spüren.