Frankreich: Parlament segnet umstrittene Impfpflicht ab
Trotz massiver Proteste stimmte das französische Parlament am Wochenende nun dem Gesetzesvorhaben der Regierung zur Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegekräfte sowie der Einführung des „Gesundheitspasses“ zu.
Paris. – Auch am vergangenen Wochenende fanden wieder massive Proteste gegen die geplanten Einschränkungen der französischen Regierung statt. Medienberichten zufolge befanden sich mehr als 160.000 Menschen auf den Straßen Frankreichs. Dennoch stimmten sowohl Nationalversammlung als auch Senat dem umstrittenen Gesetzesvorhaben zu. Demzufolge wird der sogenannte „Gesundheitspass“ zur Voraussetzung für den Besuch von Cafés, Restaurants und Bars sowie zur Nutzung von Zügen, Bussen und Flügen werden. Der Pass gibt Aufschluss über eine Impfung, eine überstandene Corona-Infektion oder einen negativen Test. Dies wird auch für Urlauber gelten. Ebenso wird die Impfpflicht für Mitarbeiter im Gesundheits- und Pflegewesen eingeführt. Präsident Emmanuel Macron hatte das geplante Gesetz bereits Mitte Juli angekündigt (TAGESSTIMME berichtete).
Gesetzestext wird mit leichten Abänderungen gebilligt
Mit 156 Ja-Stimmen, 60 Gegenstimmen und 14 Enthaltungen verabschiedete die Nationalversammlung das Gesetz in zweiter Lesung in der Nacht zum Montag. Der Senat hatte dem Gesetzesvorhaben bereits mit 195 Ja-Stimmen und 129 Gegenstimmen zugestimmt. Nun muss das Gesetz lediglich noch vom Verfassungsrat geprüft werden, bevor es voraussichtlich Anfang August in Kraft treten kann. Die Entscheidung des Verfassungsrats wird am 5. August erwartet. Dies berichtet unter anderem die Le Monde.
Der nun vom Parlament gebilligte Gesetzestext enthält leichte „Abmilderungen“ gegenüber dem von der Regierung vorgeschlagenen Originaltext. Die Senatoren setzten durch, dass die Regelungen bezüglich des „Gesundheitspasses“ für Minderjährige erst vom 30. September an in Kraft treten, berichtet die Frankfurter Allgemeine. Zunächst war eine Einführung für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren Ende August vorgesehen. Auch die Sanktionen bei Verstößen gegen die Impf- und Gesundheitspasspflicht für Beschäftigte wurden durch die Senatsmehrheit abgemildert, heißt es weiter. So müsse das Pflegepersonal in Krankenhäusern und anderen Pflegeeinrichtungen keine Kündigung mehr fürchten, wenn es sich der Impfpflicht widersetzt. Stattdessen sieht das beschlossene Gesetz jedoch Gehaltskürzungen bis zur Aussetzung des Gehalts vor, wenn die Betroffenen nicht in einem Zeitraum von zwei Monaten die erste Impfung erhalten. Ähnliches soll bei Sanktionen für Personal in Einrichtungen mit Publikumsverkehr bei Nichtvorlegen des „Gesundheitspasses“ gelten.
Im Vorfeld: Gegenwind von links und rechts
Marine Le Pen, Chefin der französischen Rechtspartei Rassemblement National, lehnt den Gesundheitspass ab. Sie warf der Regierung in einer Stellungnahme auf ihrer Facebook-Seite vor, unehrlich zu sein, weil sie um fünf Uhr morgens über wichtige Änderungsanträge habe abstimmen lassen. Aber dies würde, so Le Pen, „gut ins Bild passen“. Letzte Woche hatte sie vor der Nationalversammlung eine Rede gehalten, in der sie sich explizit dafür einsetzte, dass vor allem Minderjährige vollständig von der Anwendung des „Gesundheitspasses“ ausgeschlossen werden. Auch der Chef von Frankreichs Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon, warnte in einer Rede die Nationalversammlung: „Der Gesundheitspass ist ein autoritärer Pass.“ Er gehe mit sozialer Diskriminierung einher. Die Kontrollen seien da, um „die widerspenstigen Gallier zu zähmen“, kritisierte der Linkspolitiker.