Israelisches Papier sieht Umsiedlung von Millionen Palästinensern vor

Die Schlussfolgerungen des Berichts haben nun die langjährigen ägyptischen Befürchtungen verstärkt, dass Israel den Gazastreifen zu einem Problem für Ägypten machen will.

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Israelisches Papier sieht Umsiedlung von Millionen Palästinensern vor

Das Büro von Benjamin Netanyahu bezeichnete das Dokument als „Konzeptpapier“.

© IMAGO / ZUMA Wire

Jerusalem. – Das israelische Geheimdienstministerium, ein untergeordnetes Ministerium, das Forschung betreibt, aber keine Politik macht, hat in einem Papier vom 13. Oktober einen Vorschlag zur Umsiedlung der 2,3 Millionen Bewohner des Gazastreifens auf die ägyptische Sinai-Halbinsel ausgearbeitet. Das Dokument, das vom Büro des Premierministers Benjamin Netanjahu als „Konzeptpapier“ heruntergespielt wurde, nennt zwei weitere Möglichkeiten, „um die zivile Realität im Gazastreifen angesichts der Verbrechen der Hamas, die zur Operation 'Eiserne Schwerter' geführt haben, deutlich zu verändern“.

Papier schürt Ängste in Ägypten

Die Schlussfolgerungen des Berichts haben nun die langjährigen ägyptischen Befürchtungen verstärkt, dass Israel den Gazastreifen zu einem Problem für Ägypten machen will, und bei den Palästinensern Erinnerungen an ihr größtes Trauma geweckt – die Entwurzelung von Hunderttausenden von Menschen, die während der Kämpfe um die Gründung Israels 1948 geflohen sind oder aus ihren Häusern vertrieben wurden. „Wir sind gegen jeden Transfer, in welcher Form auch immer, und wir betrachten dies als eine rote Linie, die wir nicht überschreiten werden“, sagte Nabil Abu Rudeineh, Sprecher des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas, zu dem Bericht. „Was 1948 passiert ist, darf sich nicht wiederholen.“ Eine Massenvertreibung, so Abu Rudeineh, wäre gleichbedeutend mit der Ausrufung eines neuen Krieges“.

Das Dokument, das auf den sechsten Tag nach einem Angriff militanter Hamas-Kämpfer im Süden Israels datiert ist, wurde zuerst von Sicha Mekomit, einer lokalen Nachrichtenseite, veröffentlicht. Der Bericht schlägt insgesamt drei Alternativen vor, „um die zivile Realität im Gazastreifen angesichts der Verbrechen der Hamas, die zum Krieg mit dem Eisernen Schwert geführt haben, grundlegend zu verändern“. Das Dokument schlägt vor, die Zivilbevölkerung des Gazastreifens in Zeltstädte im nördlichen Sinai umzusiedeln und dann permanente Städte und einen nicht näher definierten humanitären Korridor zu errichten. Innerhalb Israels soll eine Sicherheitszone eingerichtet werden, um die vertriebenen Palästinenser am Eindringen zu hindern. Was mit dem Gazastreifen nach der Evakuierung der Bevölkerung geschehen soll, geht aus dem Bericht nicht hervor. Das Dokument schlägt alternativ die Wiedereinsetzung der Palästinensischen Autonomiebehörde mit Sitz im Westjordanland als Souverän in Gaza oder die Unterstützung eines lokalen Regimes vor. Beide Optionen werden jedoch verworfen, da sie Angriffe auf Israel nicht verhindern könnten.

Wichtige Beziehungen könnten beschädigt werden

Das ägyptische Außenministerium reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur AP zu dem Bericht. Ägypten hat jedoch während des jüngsten Krieges deutlich gemacht, dass es nicht bereit ist, eine Welle palästinensischer Flüchtlinge aufzunehmen. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah El-Sissi hat erklärt, dass ein massiver Zustrom von Flüchtlingen aus dem Gazastreifen die palästinensische Nationalbewegung auslöschen würde. Zudem bestehe die Gefahr, dass militante Kämpfer in den Sinai eindringen und von dort aus Angriffe auf Israel verüben könnten. Dies würde den Friedensvertrag zwischen den beiden Ländern von 1979 gefährden. Israel solle stattdessen Palästinenser in der an den Gazastreifen angrenzenden Negev-Wüste ansiedeln, bis die Militäroperationen beendet seien. Yoel Guzansky, Senior Fellow am Institut für Nationale Sicherheitsstudien in Tel Aviv, sagte, das Papier drohe die Beziehungen zu einem wichtigen Partner zu beschädigen.

„Wenn dieses Papier wahr ist, ist es ein großer Fehler. Es könnte zu einem strategischen Bruch zwischen Israel und Ägypten führen“, sagte Guzansky, der nach eigenen Angaben früher als Berater für das Ministerium tätig war. „Ich sehe darin entweder Ignoranz oder die Absicht, die Beziehungen zwischen Israel und Ägypten, die gerade jetzt sehr wichtig sind, negativ zu beeinflussen. Ägypten sei ein wertvoller Partner, der hinter den Kulissen mit Israel zusammenarbeite. Wenn es als offener Unterstützer eines israelischen Plans wie diesem gesehen würde, besonders wenn die Palästinenser involviert sind, könnte dies „verheerend für die Stabilität des Landes sein“.

Palästinenser sollen in Europa und Kanada angesiedelt werden

Ägypten wäre nicht notwendigerweise die letzte Station der palästinensischen Flüchtlinge. Das Papier nennt Ägypten, die Türkei, Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate als Länder, die den Plan entweder finanziell unterstützen oder entwurzelte Bewohner des Gazastreifens als Flüchtlinge und langfristig als Staatsbürger aufnehmen würden. Kanadas „nachsichtige“ Einwanderungspraxis mache das Land ebenfalls zu einem potenziellen Ziel für die Neuansiedlung, heißt es weiter. Der Bericht nennt aber auch Länder wie Griechenland oder Spanien, die ebenfalls Migranten aufnehmen könnten. Auf den ersten Blick mag dieser Vorschlag „im Hinblick auf die internationale Legitimität kompliziert sein“, räumt das Dokument ein. „Nach unserer Einschätzung würden die Kämpfe nach der Evakuierung der Bevölkerung weniger zivile Opfer fordern, als wenn die Bevölkerung bliebe. Ein israelischer Beamter, der mit dem Dokument vertraut ist, sagte, es sei nicht bindend und nicht im Detail mit den Sicherheitsbehörden diskutiert worden. Netanyahus Büro bezeichnete es als „Konzeptpapier, wie es auf allen Ebenen der Regierung und ihrer Sicherheitsbehörden vorbereitet wird“.

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