Lage außer Kontrolle: Erneuter Massenansturm auf Lampedusa

Auf der italienischen Insel Lampedusa sind erneut zahlreiche Migranten angekommen: Im Erstaufnahmelager der Insel wurden am Sonntag 4.267 Menschen gezählt, wie die Nachrichtenagentur ANSA berichtete. Das ist das Zehnfache der offiziellen Aufnahmekapazität von 400 Personen.

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Lage außer Kontrolle: Erneuter Massenansturm auf Lampedusa

Die Zahl der ankommenden Migranten auf Lampedusa steigt dramatisch an

© IMAGO / ZUMA Wire

Am Freitag erreichten laut ANSA knapp 1.920 Menschen in insgesamt 65 Booten die Insel. Am Samstag seien weitere 2.172 Menschen in 55 Booten angekommen. Die meisten wurden von Schiffen der Küstenwache, der Finanzpolizei und der Carabinieri auf dem Meer aufgenommen und an Land gebracht. Einige erreichten die Insel aus eigener Kraft. Um das von Polizei und Militär bewachte Lager im Inselinneren zu entlasten, versuchen die Behörden, so viele Menschen wie möglich mit Fähren und Polizeischiffen aufs Festland zu bringen. Dort sollen sie auf andere Lager verteilt werden.

Doppelt so viele Anlandungen wie letztes Jahr

Das Innenministerium in Rom zählte in diesem Jahr 107.530 Menschen (Stand 25. August), die Italien mit Booten erreichten. Im Vergleichszeitraum 2022 waren es 52.954. Die Regierungschefin Giorgia Meloni, die seit Oktober im Amt ist, hatte noch im Wahlkampf im vergangenen Jahr versprochen, die Migrationsbewegungen nach Italien zu stoppen. Nun hat ihre Regierung ein Dekret verabschiedet, das die sogenannte Seenotrettung erschwert.

Zuletzt waren wieder mehr Schiffe von Mittelmeer-NGOs unterwegs, um Migranten aufzunehmen und nach Europa zu bringen. Die „Humanity 1“ des deutschen Vereins SOS Humanity brachte rund 57 Migranten nach Livorno. Im Hafen der süditalienischen Stadt Brindisi kamen am Sonntag 168 Menschen an, die in den vergangenen Tagen vom Schiff „Geo Barents“ der Organisation Ärzte ohne Grenzen vor der libyschen Küste aufgenommen worden waren.

Die EU-Kommission hat sich besorgt über die Lage in Italien geäußert. Das sagte eine Kommissionssprecherin am Donnerstag in Brüssel. Die EU-Kommission arbeite mit den italienischen Behörden zusammen, um den Hotspot Lampedusa zu entlasten, unter anderem durch die Bereitstellung von Soforthilfe, um den Lufttransport gefährdeter Menschen von der Insel zu anderen Orten auf italienischem Gebiet zu ermöglichen, hieß es. „Die Kommission ist sich des Drucks auf das Aufnahmesystem in Italien bewusst, hat es bei der Bewältigung der Migrationsherausforderungen unterstützt und ist bereit, das erneut zu tun“, sagte die Sprecherin.

Bürgermeister unzufrieden

Die Präsidenten der italienischen Regionen stehen den Umverteilungsplänen der Regierung in Rom ablehnend gegenüber. Konkret sehen die Pläne von Ministerpräsidentin Meloni vor, mehr Asylsuchende in Gebiete mit großer Fläche, aber geringer Bevölkerungsdichte umzusiedeln. Damit will die Regierung eine starke Konzentration in wenigen Asylzentren und Großstädten vermeiden. „Wir laufen Gefahr, dass wegen der hohen Zahl von Migrantenankünften Zelte in den Städten aufgestellt werden müssen. Vor allem in Norditalien kommen jede Woche immer mehr Migranten an, und wenn es keine Planung gibt, besteht die Gefahr, dass der soziale Unmut explodiert“, sagte der Präsident der norditalienischen Region Emilia-Romagna und sozialdemokratische Spitzenpolitiker, Stefano Bonaccini, laut Medienangaben vergangene Woche. Die Einwanderung sei „ein ernstes Problem, ein echter Notfall“.

Der Migrationsbeauftragte des italienischen Gemeindeverbandes ANCI, Matteo Biffoni, forderte die Regierung Meloni auf, in der Migrationsfrage auf alle Bürgermeister zu hören. Der Verband hatte kürzlich behauptet, die Aufnahmezentren stünden kurz vor dem Kollaps, eine Behauptung, die das Innenministerium in Rom als „surreal“ bezeichnete. Biffoni bekräftigte hingegen die Warnung, dass kleinere Gemeinden nicht in der Lage seien, die Migranten aufzunehmen.

Das Innenministerium hatte in den vergangenen Tagen die Bürgermeister norditalienischer Gemeinden aufgerufen, mehr Unterkünfte für Migranten in Kasernen, Sporthallen und Schulen zu finden. Dies löste heftige Proteste aus. Lega-Chef und Vizepremier Matteo Salvini kündigte unterdessen an, dass die Regierung im September ein Dekret verabschieden werde, mit dem die Abschiebung von „illegalen Migrantinnen und Migranten“ ohne Aufenthaltsgenehmigung beschleunigt werden soll.

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