Taliban-Sprecher: „Werden weitere abgeschobene Afghanen aus Deutschland aufnehmen“
Deutschland hat vor wenigen Tagen mehrere afghanische Straftäter nach Afghanistan abgeschoben. Ein Sprecher der Taliban hat nun in einem Interview bestätigt, dass sie noch weitere aus Deutschland abgeschobene Afghanen aufnehmen werden.
Berlin. – Die Bundesregierung hat vor wenigen Tagen mehrere Afghanen nach Kabul abgeschoben, die in Deutschland schwere Straftaten begangen hatten. In einem Interview mit FOCUS online erklärte ein Sprecher der Taliban, Suhail Shaheen, dass Afghanistan weitere aus Deutschland abgeschobene Afghanen aufnehmen werde. Allerdings wäre es besser, wenn Deutschland und Afghanistan direkt miteinander verhandelten, anstatt Abschiebungen über Drittstaaten zu organisieren, erklärte er. „Wir führen direkte Verhandlungen mit den Vereinten Nationen, unsere Diplomaten sind in etwa 40 weiteren Ländern niedergelassen, die uns und der afghanischen Gemeinschaft konsularische Dienste erweisen. Auch in Deutschland sollte das der Fall sein, da wir dort eine große afghanische Gemeinde haben“, erklärte Shaheen.
Abgeschobene Straftäter nur kurz inhaftiert
Auf Kritik stößt allerdings, dass die Abgeschobenen trotz ihrer in Deutschland begangenen schweren Straftaten nur kurz in Kabul inhaftiert und dann wieder freigelassen wurden. „Nach gründlichen Untersuchungen haben wir festgestellt, dass in Afghanistan keine Strafverfahren gegen sie vorliegen“, erklärte der Sprecher dazu. „Wenn es so wäre, würden wir sie auf dieser Grundlage ins Gefängnis stecken. Sie würden selbstverständlich einem Richter vorgeführt werden, welcher dann ein Urteil über sie fällen würde.“ Da aber keine Vorstrafen vorlägen, seien sie freigelassen worden.
In diesem Zusammenhang erklärt der Sprecher auch, dass es kein Abkommen zwischen Afghanistan und Deutschland gebe, das die Verantwortung beider Seiten bei der Abschiebung von Straftätern nach Afghanistan oder umgekehrt aus Afghanistan festlege. Er wünsche sich aber ein solches Abkommen.
Inoffizielle Gespräche mit Deutschland
Auf die Aussage der deutschen Regierung angesprochen, sie wolle keine Beziehungen zu den Taliban aufbauen, entgegnete Shaheen, dies sei nicht richtig. „Wir haben uns inoffiziell mit Vertretern der deutschen Regierung und den Vertretern vieler europäischer Länder getroffen. Diese Gespräche sind notwendig, und es gibt sie, auch wenn sie nicht offiziell sind. Es gibt auch einige deutsche NGOs, die in Afghanistan tätig sind. Es gibt Themen, die wir klären müssen, und das geschieht in diesen Kontakten. Es ist nicht regelmäßig, aber hin und wieder finden Gespräche statt.“