Ukraine: Der rechte Sektor

Die „Entnazifizierung“ der Ukraine ist nicht nur Wladimir Putin ein Anliegen, sondern auch Medien im Westen. Das ist die rechte Szene in der Ukraine.
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Ukraine: Der rechte Sektor

Bandera-Gedenkmarsch in Kiew, 1.01.2015

Die „Entnazifizierung“ der Ukraine ist nicht nur Wladimir Putin ein Anliegen, sondern auch Medien im Westen. Das ist die rechte Szene in der Ukraine.

Seit dem 28. Februar 2022 wird die am Asowschen Meer gelegene Industrie- und Hafenstadt Mariupol von russischen Truppen belagert. Während die Russen binnen weniger Tage einen großen Teil des ukrainischen Südostens eroberten, gelingt es ihnen bisher (Stand: 16. März) nicht, die Verteidigungslinien Mariupols zu durchbrechen – und das, obwohl die Zustände in der von der Außenwelt abgeschnittenen Stadt als katastrophal bezeichnet werden. Verteidigt wird die Stadt auch von Soldaten des Asow-Regiments unter ihrem Kommandeur Denys Prokopenko. Das Regiment Asow ist eines jener Lieblingsfeindbilder deutscher Mainstreammedien, das immer dann angeführt wird, wenn der Schein der Objektivität gewahrt werden soll – nach dem Motto: „Putins Krieg ist zwar ein Verbrechen, aber die Sache mit den Nazis – da ist was dran …“

Ursächlich für diese seit 2014 fortdauernde Präsenz des Asow-Regiments in westlichen Medien ist nicht nur die offensichtliche Bezugnahme auf nationalsozialistisch konnotierte Symbolik wie die Wolfsangel oder die Schwarze Sonne, sondern auch die Tatsache, dass die ukrainische Regierung darin keinen Grund zur Distanzierung sieht. Im Gegenteil: Im Oktober 2014 wurde das Regiment in die Nationalgar- de eingegliedert und dem Innenministerium unterstellt. Acht Jahre später sind Asow-Einheiten nicht nur in Mariupol im Einsatz, sondern an allen Fronten des Krieges. Und auch jetzt kommt wieder kein Mainstreammedium umhin, über die „Neonazis, die um die Ukraine kämpfen“ („Spiegel“) zu berichten.

Dabei ist das Asow-Regiment nur eine von vielen nationalistischen Gruppierungen der Ukraine. Bei deren Einordnung muss jedoch der im ukrainischen Volk tief verwurzelte Patriotismus in Rechnung gestellt werden. Anders als in Deutschland und Österreich gibt es – trotz russischer Unterdrückung – einen breiten Konsens über die ethnische und kulturelle Identität der eigenen Nation.

Die weltanschauliche Grundlage der ukrainischen Nationalisten liefert das Werk „Natiokratie“ von Mykola Sziborskyj. Der promovierte Historiker und Asow-Kämpfer Mykola Krawtschenko, der am 15. März 2022 durch russische Artillerie fiel, beschreibt das Konzept der Natiokratie als Gefüge aus „nationaler Solidarität, Autoritarismus, Elitarismus, staatlichem Syndikalismus, einer facettenreichen Wirtschaft und einer breit angelegten lokalen Verwaltung“. Weiter führt Krawtschenko aus: „Mit der Veröffentlichung seiner ‚Natiokratie‘ präsentierte Sziborskyj nicht nur ein eigenes nationales Konzept, sondern unterwarf auch die damals weltweit führenden gesellschaftspolitischen Konzepte – den Faschismus und den Nationalsozialismus – objektiver und konstruktiver Kritik von rechts.“

Diese Bezugnahme auf das Konzept der Natiokratie macht deutlich, dass der Neonazi-Vorwurf in Bezug auf ukrainische Nationalisten nicht verfängt. In der Tat: In der Ukraine gibt es eine Vielzahl radikaler Gruppen, deren Weltanschauung von rechtsextrem über fundamental-orthodox bis hin zu neopaganis- tisch reicht. Und noch ist ihr Einfluss auf das Parlament gering, aber mit ihrem unbedingten Einsatz auf dem Maidan, auf der Krim, im Donbass und nun im Krieg, in dem sie einen hohen Blutzoll zahlten, haben sie bereits die Herzen des Volkes gewonnen.

Und zuletzt sah sich auch Andrij Melnyk, der ukrainische Botschafter in Berlin, auf Twitter genötigt, seine Landsleute in Schutz zu nehmen: „Bitte hören Sie auf, das Asow- Regiment zu dämonisieren […] Diese mutigen Kämpfer verteidigen ihre Heimat.“

Rechte Parteien und Gruppen in der Ukraine

Der Rechte Sektor

Übernahm Schlüsselrolle bei der Verteidigung des Euromaidan. Gewann 2014 ein Direktmandat. Seitdem politisch weitgehend bedeutungslos.

Asow-Regiment

Teil der ukrainischen Nationalgarde. 2014 von rechten Politikern gegründet, um gegen prorussische Separatisten zu kämpfen. Seit März 2022 u. a. Verteidiger von Mariupol.

Nationales Korps

Parlamentarischer Arm des Asow-Regiments. Gegründet 2016. Arbeitete bei Wahlen mit anderen rechten Parteien zusammen. Bislang keine Abgeordneten.

Allukrainische Vereinigung „Swoboda“

Partei mit Schwerpunkt in der Westukraine. Pflegt das Erbe der „Organisation Ukrainischer Nationalisten“ (OUN) und Stepan Banderas. Ein Abgeordneter im Parlament.

(Dieser Beitrag erscheint im neuen FREILICH Magazin.)


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