DIW-Chef Fratzscher und seine skurrilsten Fehlprognosen der letzten Jahre
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, warnt in einem Interview vor einer unausweichlichen Deindustrialisierung in Deutschland. Gleichzeitig macht er VW einen radikalen Vorschlag und erntet dafür und für frühere Prognosen Spott in den Sozialen Medien.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, warnt vor einer drohenden Deindustrialisierung in Deutschland. In einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Fratzscher, dieser Prozess sei zwar unvermeidbar, aber notwendig und zugleich chancenreich. Aufhorchen ließ er vor allem mit einem radikalen Vorschlag an VW, der in den Sozialen Medien für Spott sorgte.
„Unternehmensabwanderung kein Grund zur Sorge“
Die Energiewende wird laut Fratzscher zu einer teilweisen Abwanderung energieintensiver Branchen aus Deutschland führen. „Bis zur Vollendung der Energiewende werden einige energieintensive Branchen aus Deutschland verschwinden“, sagte der Ökonom. Das sei aber kein Grund zur Sorge, denn so könnten die Unternehmen ihre Innovationskraft und Fachkräfte im Land halten und wettbewerbsfähig bleiben.
Die Verlagerung von Produktionen ins Ausland sei Teil eines natürlichen wirtschaftlichen Anpassungsprozesses, so Fratzscher. „Volkswirtschaftlich ist das ein notwendiger Prozess, weil er Aufbruch erzwingt.“ Langfristig sei dies das Erfolgsrezept für den Wohlstand in Deutschland: Komponenten dort zu produzieren, wo es am günstigsten ist, die Endprodukte dann in Deutschland zu fertigen und weltweit zu exportieren.
Radikaler Vorschlag an VW
Im Bereich der Elektromobilität sieht Fratzscher dringenden Handlungsbedarf für die deutsche Automobilindustrie, insbesondere für Volkswagen. Die Fokussierung auf Verbrennungsmotoren sei angesichts des globalen Wandels hin zur E-Mobilität nicht nachhaltig. „Das wäre ökonomischer Selbstmord mit Ansage“, warnt Fratzscher. Elektromotoren seien keine Erfindung, um deutschen Autobauern das Leben schwer zu machen, sondern schlicht die Zukunft der Branche.
In diesem Zusammenhang rät er Volkswagen dringend zu Milliardeninvestitionen, um den technologischen Rückstand bei E-Autos und in der Softwareentwicklung aufzuholen. Dies erfordere allerdings eine umfassende Restrukturierung: „Einige Werke müssen geschlossen, andere auf die Produktion von E-Autos umgerüstet werden.“ Ob VW tatsächlich auf den Ökonomen hören sollte, bezweifeln einige Beobachter allerdings. Vor allem in den Sozialen Medien wird darauf hingewiesen, dass Fratzscher sich auch in der Vergangenheit schon in anderen Punkten sehr sicher war, diese letztlich aber nicht wie vorausgesagt eingetreten sind.
Spott im Internet: „Er hat wirklich nie recht“
So erklärte der Ökonom während der Migrationskrise 2015, dass Migranten nach einigen Jahren ein Nettogewinn für den deutschen Bundeshaushalt sein würden. Erst Anfang des Jahres erklärte er auch, dass Migranten kein finanzielles Verlustgeschäft für Deutschland seien. Die Ergebnisse einer Studie, wonach Migranten für den Staat sehr wohl ein Minusgeschäft seien, wies er zurück. „Das ist absurdes, menschenfeindliches Nullsummendenken“, sagte er.
In den folgenden Jahren erklärte er auch, dass die Migranten die Renten der Babyboomer zahlen würden oder dass die Geldpolitik der EZB den Geldwert nicht gefährden oder eine Immobilienblase entstehen würde. Während der Coronapandemie sagte er dann voraus, dass es keine hohe Inflation geben werde, nur um diese Prognose ein Jahr später zu korrigieren und zu relativieren. „Es ist kaum zu glauben, aber er hat wirklich nie recht. Nie“, schreibt der AfD-Europaabgeordnete Tomasz Froelich dazu. Ein anderer meint, mit seiner Aussage, dass einige Branchen aus Deutschland verschwinden würden, habe er tatsächlich gute Chancen, einmal richtig zu liegen.