Ökonom Kofner: „Hohe Steuerbelastung dämpft Produktivität und Konjunktur“
Um der wachsenden Herausforderung des Fachkräftemangels aufgrund des demografischen Rückgangs zu begegnen, muss die Produktivität der Wirtschaft erhöht werden, erklärt Jurij Kofner in seinem Kommentar für FREILICH.
In der deutschen Wirtschaft herrscht ein akuter Fachkräftemangel. Im Juni 2023 gab es bundesweit knapp 528.000 offene Stellen, für die schlicht keine Arbeitssuchenden mit den passenden Qualifikationen zur Verfügung standen. In Bayern waren es durchschnittlich 157.401 Fachkräfte. Das bedeutet, dass für rund 62,4 Prozent aller offenen Stellen kein passender Bewerber gefunden werden konnte. Nach einer Studie von Prognos im Auftrag der vbw wird Bayern im Jahr 2025 mit einem Mangel von rund 350.000 Fachkräften konfrontiert sein, deutschlandweit wird die Lücke auf fast drei Millionen geschätzt. Das sind besorgniserregende Zahlen für die Zukunft.
Produktivität der Wirtschaft erhöhen
Um der wachsenden Herausforderung des Fachkräftemangels aufgrund des demografischen Rückgangs zu begegnen, muss ein wichtiger Schritt darin bestehen, die Produktivität der Wirtschaft zu erhöhen, sowohl in Bezug auf die insgesamt geleistete Arbeitszeit als auch insbesondere in Bezug auf die Anzahl der geleisteten Überstunden pro Arbeitnehmer. Zu diesem Zweck sollten Anreize geschaffen werden, um bereits beschäftigte Arbeitnehmer dazu zu bewegen, länger zu arbeiten. Es ist bedauerlich, dass zwischen 2011 und 2021 die durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden pro Jahr und Arbeitnehmer von 1.427 auf 1.349 gesunken sind und Deutschland damit den letzten Platz unter den OECD-Ländern einnimmt. Das Volumen der bezahlten Überstunden in Deutschland halbiert sich von 1,1 Mrd. Stunden im Jahr 2000 auf unter 600 Mio. Stunden im Jahr 2022 nahezu halbieren. Im Jahr 1970 betrug das Volumen der bezahlten Überstunden noch stolze 3,6 Milliarden Stunden.
Einer der Hauptgründe für den Rückgang der Überstunden ist die vergleichsweise hohe Abgabenbelastung der Arbeit im Allgemeinen und der Überstunden im Besonderen. Im Jahr 2022 trug ein durchschnittlicher deutscher Arbeitnehmer die zweithöchste Steuer- und Abgabenlast der Welt: Nicht weniger als 48,3 Prozent seines Bruttolohns wurden abgeführt. Im internationalen Vergleich hatte Deutschland 2021/22 mit 44 Euro pro Stunde die höchsten Lohnstückkosten in der Produktion und lag bei den Arbeitskosten in der Privatwirtschaft mit 40 Euro pro Stunde EU-weit an sechster Stelle.
Mittlerweile leben über acht Milliarden Menschen auf der Erde und in den nächsten 50 Jahren wird ihre Zahl voraussichtlich auf zehn Milliarden steigen. Vor allem in Afrika und Asien wächst die Bevölkerung rasch an, während Europa nach wie vor mit einer niedrigen Geburtenrate zu kämpfen hat. Statt die eigene Kinderzahl zu erhöhen, versuchen viele europäische Regierungen, dies durch Einwanderung auszugleichen. In der neuen FREILICH-Ausgabe zeigen wir, was diese Entwicklung für unsere Zukunft bedeutet.
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Befreiung von Einkommenssteuer
Um sowohl dem Fachkräftemangel als auch der hohen steuerlichen Belastung der Arbeit entgegenzuwirken, sollte erwogen werden, Überstunden, die über die wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden hinausgehen, vollständig von der Einkommensteuer zu befreien. Eine umfangreiche Forschungsliteratur, darunter Studien von Organisationen wie dem IZA, der Banca d'Italia und dem IWF, hat gezeigt, dass eine Senkung der Einkommensteuer das Arbeitsangebot erhöht, insbesondere in Form von zusätzlichen Überstunden. Kurzum: Leistung muss sich wieder lohnen!
Die verringerten Einkommensteuereinnahmen für die Haushalte von Bund und Ländern könnten teilweise durch die produktivitätssteigernde Wirkung der Steuerbefreiung kompensiert werden. Sollten die Einnahmeausfälle über diese Kompensation hinausgehen, wäre eine Kürzung überflüssiger Staatsausgaben, etwa in den Bereichen Migration und Klimaschutz, sowie anderer staatlicher Interventionen denkbar. Peter Boehringer, haushaltspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, schätzt das Einsparpotenzial auf Bundesebene auf rund 90 bis 100 Milliarden Euro jährlich. Nach Berechnungen der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag könnten im Freistaat jährlich rund 2,6 Milliarden Euro eingespart werden. Mögliche Einnahmeausfälle der Länder und Kommunen sollten zudem durch eine Neuordnung des Steuerverteilungssystems zugunsten der Länder und Kommunen ausgeglichen werden.
Zur Person:
Jurij Kofner ist gebürtiger Münchner und arbeitet als Ökonom beim Miwi Institut.