Zeichen der Deindustrialisierung: 319 Milliarden Euro Kapitalabfluss in drei Jahren
Die Investitionsbereitschaft ausländischer Unternehmen in Deutschland ist laut einer Studie des IW stark zurückgegangen, mit nur noch 22 Milliarden Euro Direktinvestitionen – dem niedrigsten Wert seit einem Jahrzehnt. Hohe Kapitalabflüsse und ungünstige Standortbedingungen könnten eine beginnende Deindustrialisierung in Deutschland andeuten.
Köln. – Die Investitionsbereitschaft ausländischer Unternehmen in Deutschland ist drastisch zurückgegangen, wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) aus dem Frühjahr zeigt. Mit nur noch 22 Milliarden Euro Direktinvestitionen wird Deutschland den niedrigsten Wert seit einem Jahrzehnt verzeichnen. Dies ist ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu den Vorjahren, in denen deutlich mehr investiert wurde.
Die Nettoabflüsse, die die Differenz zwischen den Investitionen deutscher Unternehmen im Ausland und den ausländischen Investitionen in Deutschland widerspiegeln, beliefen sich 2023 auf 94 Milliarden Euro. Dies ist ein weiterer Rückgang gegenüber den 100 Milliarden Euro im Jahr 2021 und dem Rekordwert von 125 Milliarden Euro im Jahr 2022. Diese anhaltend hohen Abflüsse könnten auf eine beginnende Deindustrialisierung in Deutschland hindeuten.
Hinweise auf drohende Deindustrialisierung
Während die weltweiten Direktinvestitionen insgesamt rückläufig sind, bildet die EU eine Ausnahme. In den ersten neun Monaten des Jahres 2023 stiegen die Investitionen in die EU um 120 Prozent. Ein Großteil der deutschen Auslandsinvestitionen, rund 90 Milliarden Euro, floss in die EU-Mitgliedstaaten, insbesondere in die Benelux-Staaten und nach Frankreich. Demgegenüber sind die Investitionen ausländischer Unternehmen in Deutschland eher bescheiden und beschränken sich häufig auf kleinere Akquisitionen oder Projekte. Dies könnte auf ungünstige Standortbedingungen hindeuten.
IW-Ökonom Christian Rusche kritisiert die aktuellen politischen Rahmenbedingungen in Deutschland. „Die Politik schafft es nicht, ein attraktives Investitionsklima zu bieten“, so Rusche. Das wiederholte und plötzliche Auslaufen von Förderprogrammen trage zur Unattraktivität des Standorts bei. Er warnt davor, dass die aktuelle Situation die Deindustrialisierung in Deutschland beschleunigen könnte, wenn die Investitionsbedingungen nicht deutlich verbessert werden.
Die Kapitalflucht aus Deutschland hat in den letzten drei Jahren beeindruckende 319 Milliarden Euro erreicht, wobei 2023 das dritte Jahr in Folge mit extrem hohen Nettokapitalabflüssen war. Diese Zahlen werfen ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, vor denen Deutschland im globalen Wettbewerb steht, und verdeutlichen den dringenden politischen und wirtschaftlichen Reformbedarf.