Anklagebehörde ausgelastet: Drei Terrorverdächtige freigelassen
Drei islamistische Terrorverdächtige wurden diese Woche aus der U-Haft in Graz entlassen. 17 Monate nach den Anti-Terror-Razzien hat die Grazer Staatsanwaltschaft nach wie vor keine Anklage erhoben. Der steirische Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer sieht „massiven Handlungsbedarf“ bei Justizminister Moser und der schwarz-blauen Bundesregierung.
Im Jänner 2017 hatten die österreichischen Sicherheitsbehörden in einer Anti-Terror-Razzia in Wien und Graz vierzehn Männer und Frauen verhaftet. Ihnen wurde vorgeworfen, einen islamischen Gottesstaat in Österreich errichten zu wollen.
Nach 17 Monaten keine Anklage
Fast eineinhalb Jahre später liegt noch immer keine Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vor – und das trotz Aufforderung des Oberlandesgerichts Graz (OLG), das Ermittlungsverfahren abzuschließen. Aus diesem Grund mussten auf Anordnung des OLG drei weitere Verdächtige aus der U-Haft entlassen werden. Mittlerweile befindet sich nur mehr eine Person in U-Haft.
„Bei Haftsachen gilt ein besonderes Beschleunigungsgebot. Deshalb sollten die Ermittlungen für den hafttragenden Sachverhalt einem Ende zugeführt werden. Diesem Auftrag ist die Staatsanwaltschaft Graz nicht fristgerecht nachgekommen. Aus dem Grund hat die Enthaftung vorgenommen werden müssen“, sagte Elisabeth Dieber, Sprecherin am OLG Graz, laut Bericht der Kronen-Zeitung.
Und das obwohl die nun enthafteten Personen nach Überzeugung des Gerichts weiterhin „dringend tatverdächtig“ seien, wie Der Standard berichtet. Wegen „Schwierigkeiten des Ermittlungesverfahrens“ sei eine weitere Haft jedoch nicht mehr zu begründen.
Warten auf Gutachten und Auswertung von Datenträgern
Einem Bericht des Kurier zufolge nahm die Staatsanwaltschaft Graz die Entscheidung des OLG zur Kenntnis. Ihr Sprecher Hansjörg Bacher begründete die bisher fehlende Anklage demnach mit dem „umfassenden Akt“ in diesem Fall. Man warte noch auf Gutachten und die Auswertung von Datenträgern. „Wir benötigen diese Beweisergebnisse, um eine begründete und fundierte Anklage einbringen zu können“, so Bacher gegenüber dem Kurier.
Staatsanwaltschaft mit mehreren Großverfahren belastet
Christian Pilnacek, Generalsekretär und Sektionschef für Strafrecht im Justizministerium, sprach auf Anfrage von Der Standard von „schlechter Optik“. Er verwies zudem darauf, dass die Staatsanwaltschaft Graz die meistbeschäftigte in Österreich sei. Seit einiger Zeit habe die Anklagebehörde mehrere Großverfahren – etwa gegen die Identitäre Bewegung, andere islamistische Terrorverdächtige oder die sogenannten „Staatsverweigerer“ – am Laufen.
„Darf in einem Rechtsstaat nicht passieren“
Der für Sicherheit und Katastrophenschutz zuständige steirische Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer (SPÖ) reagierte umgehend mit scharfer Kritik an den Vorgängen:
„So etwas darf in einem Rechtsstaat nicht passieren. Wenn Tatverdächtige enthaftet werden, obwohl sie nach wie vor als gefährlich eingestuft werden, hat der weisungsbefugte Justizminister und in Wahrheit die gesamte schwarz-blaue Bundesregierung massiven Handlungsbedarf“, so Schickhofer in einer Aussendung.